Prinzengarde Rot-Weiß in Düsseldorf Mit Modesünden perfekt gekleidet
Düsseldorf · Die Prinzengarde Rot-Weiss hat die 1970er-Jahre als Motto für die Kostümsitzung gewählt. Dort traten Hochkaräter des Düsseldorfer Karnevals auf.
Es war ein grellbunt-farbenprächtiges Fest, für das viele Jecken tief im eigenen Kleidungsarchiv gewühlt hatten, um den inzwischen als absolute Modesünden abqualifizierten Klamotten neues Leben einzuhauchen. Andere, die Jüngeren, mussten in Vintage- oder Kostüm-Läden stöbern, um für die große Kostümsitzung der Prinzengarde Rot-Weiss, Leibgarde des Prinzen Karneval, korrekt gekleidet zu sein.
Denn Rot-Weiss-Präsident Dirk Kemmer und die komplette Karnevalsgesellschaft hatten für die Feier im Rheinlandsaal des Hilton Hotels das Motto „Flower Power, Swinging 70‘s – wir feiern kunterbunt“ ausgegeben. Und alle 600 Närrinnen und Narren hielten sich daran, kamen eben ganz im Stil eines der mode- und frisurentechnisch merkwürdigsten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts.
„Ich habe meine Eltern gefragt, ob sie noch ein paar Klamotten im Schrank haben. Das Einzige, was wir gefunden haben, ist ein Stirnband a la Björn Borg“, sagt Claudia. Sie ist Jahrgang 1977 und hatte sich irgendwoher noch eine Bluse im neonfarbenen Blumenmuster, Hotpants und Fransenstiefel besorgt.
Dazu eine Afro-Perücke, eine John-Lennon-Brille mit kreisrunden Gläsern und als Kette ein Peace-Zeichen um den Hals. Die Party konnte steigen. „Ich habe auch im Internet geschaut, was die Leute in den 70ern so angehabt haben. Es war schon verrückt damals, aber so massiv wie hier, ging es ja nicht ab“, so Claudia. „Mal für einen Abend ins Verrückte abrutschen, finde ich super.“
Richtig verrückt ging es das uniformierte Corps der Prinzengarde nicht an, denn sie hatten sich bis auf Kemmer, der als Elferratspräsident kleidungsmäßig mit gutem Beispiel voranging, nicht dem Motto-Diktat gebeugt. Obwohl - die Uniformen der Prinzengarde sahen auch in den 70er-Jahren so aus wie heute.
Eine sichere Bank war die Verkleidung als Fortuna-Fan. Auch weil die Grundfarben des Vereins mit den Farben der Rot-Weissen Prinzengarde übereinstimmt. Dennoch kann man wehmütig werden, denn zu Beginn und wieder gegen Ende der 1970er-Jahre hatte die Fortuna die vermutlich stärkste Mannschaft ihrer Geschichte. Die Truppe von Trainer Heinz Lucas holte zwar keinen Titel, wurde aber zweimal Dritter in der Ersten Bundesliga. Und 1979 wurde das legendäre Finale im Europapokal der Landesmeister gespielt und der nationale Pokal gewonnen.
Die Prinzengarde hatte keine Probleme, den Saal voll zu bekommen. „Am Anfang des Kartenverkaufs lief es etwas schleppend, aber ab Januar ging es richtig los. Wir sind für alle unsere Veranstaltungen komplett ausverkauft“, erklärte Prinzengarde-Vorstandsmitglied Ralf Bieder. Das Programm der Kostümsitzung wurde von Hochkarätern des rheinischen Karnevals bestritten, die auch extra aus Hamburg angereist kamen. Mit dabei die Kinderprinzengarde, Christian Pape, Alt Schuss, Thorsten Bär, Rhythmussportgruppe, Big Maggas, das Prinzenpaar mit Garde, Swinging Funfares, Tanzcorps „Zunftmüüs“ und die Rabaue.
„In Hamburg klappte es mit der fünften Jahreszeit nicht so gut“, verriet Comedian Thorsten Bär. „Wir haben nur eine Jahreszeit: Nebel.“ Bär, der über jede Menge Fernseherfahrung verfügt, stand aber irgendwie nicht alleine auf der Bühne. Mitgebracht hatte er unter anderem Parodien von Udo Lindenberg, Marcel Reich-Ranicki, Reiner Calmund, Jogi Löw und Dieter Bohlen. Das brach das Eis, denn einige der Gags hatten zuvor nicht so gezündet, wie erhofft.
Deutlich sichtbar war aber die Spielfreude des mit 1,89 Metern Körpergröße gar nicht so kleinen Kleinkünstlers. Der Grund: Endlich kann er wieder auftreten. „Hätte mir vor drei Jahren ein Arzt gesagt: Du lebst noch zwei Jahre, hätte ich gefragt: wovon?“, witzelte der Hanseat.
Bevor die Sitzung mit dem fetten Bläsersound der „Rhythmussportgruppe“ von humorvoll-getragen in tanzwütig mutierte, wurde es noch einmal hochoffiziell. Der Chefadjutant des Prinzen Karnevals, Rolf Förster, verabschiedet sich am Ende der Session nach 13 Jahren in den Ruhestand. Für seine Verdienste wurde er zum Rot-Weiss-Ehrensenator und zum allerersten Ehren-Chefadjutanten erhoben.