Düsseldorf Die jecke Rathaus-Family
Düsseldorf · Zeig mir dein Kostüm - und ich sag dir, wer du gerne wärst. So ähnlich heißt es in der Küchenpsychologie. Besonders interessant ist das bei dem zwar selbstverständlich freiwilligen und privilegierten, aber für einige doch auch verpflichtenden Narren-Treiben im Rathaus.
Das mit der Promi-Tribüne zum Rosenmontagszug ein kurzweiliges Schauspiel bietet: Wer darf drauf und in welche Reihe? Und was trägt wer? Spannend ist selbstverständlich auch, wer fehlt - und warum.
Der Rathaus-Chef Sein Platz ist nebst Gattin in der ersten Reihe der Tribüne linksaußen. Für Thomas Geisel und seine Frau Vera war es gestern eine Premiere. Sie wählten die Figuren einer berühmten angelsächsischen Sozial-Sage als Kostümierung: Robin Hood und seine holde Maid Marian. Spezialität des Vorbilds: Reiche überfallen, um es den Armen zu geben. Dafür schlüpfte Geisel sogar in grüne Strumpfhosen - aus Baumwolle.
"Das ist die Low-end-Version des Prinzen, aber ein ganz neues Lebensgefühl." Sein Ziel: die Rückeroberung des Rathauses von den Narren. Stunden später: Der Zug neigt sich dem Ende zu, die Strumpfhose sitzt noch - nur die Füße machen nicht mehr mit. "Hohe Absätze", stöhnt Geisel. "Wie halten das die Frauen bloß aus?" Seine perfide Strategie gegen die jecken Widerständler: betrunken machen und in Sicherheit wiegen.
Die Bürgermeister Friedrich G. Conzen (CDU) hält sich streng an seine Parteifarbe, kommt als Schornsteinfeger: "Ich bin der Schwarze im Glück", sagt er und lächelt. SPD-Bürgermeisterin Klaudia Zepuntke setzt Fantasievolles dagegen, ist als grellgrüner Halsbandsittich von der Kö kaum zu erkennen: "Das Exotische gehört auch zu Düsseldorf - wir sind offen." Günter Karen-Jungen, Bürgermeister der Grünen, gibt den strengen Direktor, der den Politik-Zirkus bändigt - notfalls mit Peitsche: "Da muss man hart durchgreifen, sonst machen die, was sie wollen."
Die Beigeordneten Manfred Abrahams (CDU), Stadtdirektor und Kämmerer, mag Kostüme mit kriminellem Background, aber nur an Altweiber. Rosenmontag gibt er sich friedlich, als Inuit ("Eskimo darf man nicht sagen"): "Ich kann mit Eis, aber auch mit Feuer und Luft." Ob er auch mit Geld kann? Ein Mottowagen beklagt die leeren städtischen Kassen - und davor den "armen OB". Blau-Schwarz mit wallendem Gewand - Schul- und Sozialdezernent Burkhard Hintzsche (SPD) inszeniert sich als "Mann im Mond" - der sich von gelben Minions klauen lässt.
Ein schrecklicher Traum? Umweltdezernentin Helga Stulgies (Grüne), einzige Frau in der Beigeordnetenrunde, wählt als Kostüm den Kaiser von Japan. "Weil wir so eine große japanische Gemeinde haben." Es soll auch mal eine Kaiserin gegeben haben - doch die musste sich als Mann ausgeben. Personaldezernent Andreas Meyer-Falcke (FDP) gibt den Lackschuh-Karnevalisten - offenbar keine große Umstellung, stylt er sich doch immer akkurat. "Im Bad brauche ich morgens nur eine halbe Stunde", versichert er auf Nachfrage.
Ordnungs- und Verkehrsdezernent Stephan Keller (CDU) gibt den Clown: "Ausgesprochen fröhlich, für den ganz normalen Wahnsinn im Rathaus." Wie jedes Jahr nicht da: Planungsdezernent Gregor Bonin (CDU) - er pflegt diese Tradition. Ebenfalls absent: Kulturdezernent Hans-Georg-Lohe, er ist verreist.
Die Politik Einige führende Köpfe der Fraktionen sind nicht dabei - die einen machen Urlaub (CDU), die anderen feiern den Erfolg bei der Wahl in Hamburg (FDP) und manche haben es mit Karneval eben nicht so (Linke).
Stark vertreten ist wie immer die SPD, angeführt von Fraktionschef Markus Raub in blitzblank weißer Kapitäns-Uniform. Sein Vize Martin Volkenrath setzt als Jakobiner auf die französischen Grundwerte Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit und Solidarität mit den Karikaturisten von "Charlie Hebdo". Der CDU-Vize wählt Pickelhaube und preußische Uniform: "Ich steh' für law and order!" Mit grünem Bauhelm und Schaufel erscheint Grünen-Fraktionschef Norbert Czerwinski und reimt in Richtung schwarz-gelbe Vorgängerregierung: "Nach Jahren Pfusch am Bau, packen wir's jetzt an.
Helau!" Grünen-Landeschefin Mona Neubaur kommt als Roy-Lichtenstein-Kunstwerk - "garantiert nicht verkäuflich". FDP-Ratsfrau Monika Lehmhaus hält als Meerjungfrau die liberale Fahne im Rathaus hoch: "Ich bin aus dem Mittelmeer durch den Rhein hierher geschwommen."