Interview mit Guido Cantz Cantz im Ernst

(RPO). Bekannt geworden ist Guido Cantz im Kölner Karneval, bald moderiert er eine der beliebtesten Samstagabendshows. Im Herzrasen-Interview spricht er über die ernsten Dinge des Lebens.

 Selten: Guido Cantz schweigt.

Selten: Guido Cantz schweigt.

Foto: Andreas Endermann

Herr Cantz, im Fernsehen werden Sie bald "Verstehen Sie Spaß" moderieren - verstehen Sie eigentlich auch Ernst?

Cantz Klar verstehe ich Ernst. Es ist zwar mein Beruf, Leute zum Lachen zu bringen, aber das Leben ist ja nicht immer nur lustig.

Gibt‘s Guido Cantz denn in traurig?

Cantz Also, das Klischee vom einsamen Clown, der zu Hause Tränen verdrückt, trifft auf mich eher weniger zu. Es gibt Guido Cantz natürlich auch in nachdenklich und traurig, aber der Guido Cantz, der auf der Bühne steht, ist sehr, sehr deckungsgleich mit dem, der auch im normalen Leben rumturnt.

Sie haben ja mal BWL studiert. Blieb der Spaß im lernintensiven BWL-Studium zwangsläufig auf der Strecke?

Cantz Mein Lernpensum war sehr überschaubar. Ich hatte eine Abmachung mit mir: Wenn ich damals zur Uni gefahren bin und nicht sofort einen Parkplatz gefunden habe, dachte ich mir, dass der liebe Gott wohl nicht will, dass ich studiere. Eigentlich wollte ich Politik studieren, da habe ich dann aber gedacht, damit kannste eh nichts machen. Ich komme aus einer Familie, in der man erstmal was in der Hand haben will, bevor man mit Quatsch sein Geld verdient.

Hilft Ihnen das Quatschmachen, Lebenskrisen zu überwinden?

Cantz So viele Krisen hab ich noch nicht gehabt. Ich hatte eine Krise, als ich schwer krank war, das war 1996. Ich lag drei Wochen im Krankenhaus, eine Woche auf der Intensivstation. Von null auf nix ging das. Da ist mir klargeworden, dass ich das mit der Bühne, also das, was mir wirklich Spaß macht, hauptberuflich machen möchte.

Dass Sie mit Spaß ernsthaft verdienen wollten, war Ihnen immer klar?

Cantz Ich bin mit fünf eingeschult worden, war in der Grundschule der Kleinste und mit meinen Aufgaben sehr schnell fertig. Dann war mir langweilig, und ich hab Blödsinn gemacht. Auf dem Gymnasium war ich auch wieder der Jüngste. Ich war Klassensprecher und Klassenclown, habe im Orchester gespielt und in der Jazzband. Die Bühne war immer mein Ziel.

Manchmal müssen Sie auf der Bühne lustig sein, obwohl die Zeiten alles andere als lustig sind.

Cantz Mein Beruf ist es, die Leute auch mal abzulenken. Es gibt immer Ereignisse, wie jetzt die Wirtschaftskrise, bei denen die Leute nur darüber sprechen, wie schlecht es ihnen gerade geht. Dann ist es meine Aufgabe, sie für eine gewisse Zeit aufzuheitern.

Also hat Karneval für Sie noch die Funktion, böse Geister zu vertreiben?

Cantz Ich bin ja sehr katholisch, Karneval ist in dieser Tradition entstanden. Aber ich glaube nicht, dass irgendwer beim Feiern noch daran denkt, dass böse Geister verscheucht werden. Bei mir ist es ja auch nicht so. Böse Geister können wir mit Feiern leider nicht wegbekommen.

Wie war Ihr erster Auftritt?

Cantz Mein erster Auftritt war im privaten Bereich, mit 16 oder 17 Jahren. Für mich fiel der Startschuss auf der großen Bühne 1991. Das war im Sartory in Köln beim Stammtisch Kölner Karnevalisten, wo ich mein Programm präsentierte. Da wurde ich auf die Bühne geschickt und wusste gar nicht, was es bedeutet, vor 1400 Leuten aufzutreten. Ich habe dort an zwei Tagen Riesenerfolge gefeiert.

Haben Sie in dem Moment begriffen, dass das ganz gut funktioniert hat?

Cantz Natürlich habe ich gemerkt, dass es auf der Bühne gut funktioniert. Die Leute haben gelacht und geklatscht und gesagt: ,Ach, da kommt jetzt so ein 20-Jähriger, der macht Karneval, das ist ja irre'. Ein Kollege sagte mir an dem Abend, ich müsse mir keine Hoffnungen machen. Im Karneval werde man erst ab 40 ernstgenommen.

Was machen Sie denn, wenn mal keiner lacht?

Cantz Das ist extrem selten. Mittlerweile kenne ich ein paar Mechanismen, wie man die Leute abholt. Was uns ja sehr abträglich ist, ist an Karneval der Alkohol. Wenn das Publikum so betrunken ist, dass nichts mehr geht, dann kann man sich auf den Kopf stellen, und es wird trotzdem nichts passieren.

Schon mal erlebt?

Cantz Ich habe sogar mal nach fünf Minuten einen Auftritt abgebrochen, irgendwo in der Eifel, bei einer Herrensitzung. Die Männer hatten alle schon zwei Promille. Die haben ihre eigene Veranstaltung gemacht, mit Singen und viel Krach. Da kam ich nicht gegen an und habe irgendwann aufgehört, das hatte keinen Zweck mehr.

Karneval ist also die heftigste Übung für Bühnenmenschen?

Cantz Karneval ist das beste Trainingslager für all die Leute, die auf der Bühne stehen wollen. Wenn man es da schafft, sind alle anderen Sachen relativ einfach.

Ist Ihnen öffentliche Reaktion wichtig? Wie oft geben Sie den Namen Guido Cantz bei Google ein?

Cantz Das mache ich ab und an, weil ich zum Beispiel wissen will, was mal wieder bei Youtube reingestellt wurde. Ich habe jetzt gesehen, dass irgendwelche Kinder rund um mein Haus gefilmt haben. Das finde ich nicht so lustig und das will ich auch ein bisschen kontrollieren.

Wie gehen Sie mit Kritik um?

Cantz Manche Sachen nerven. Es steht zum Beispiel immer wieder in Zeitungen, dass meine Haare blondiert sind. Ein Kritiker hat letztens geschrieben "der blondierte Ganzjahres-Karneval Guido Cantz". Daraus kann ich nichts über meine Qualität erlesen. Ich weiß nicht, was an blondierten Haaren gut oder schlecht sein soll.

Aber sie sind blondiert.

Cantz Klar. Da habe ich auch nie einen Hehl draus gemacht. 1997, nach einer Wette mit Kumpels beim Skifahren, bin ich erblondet.

Worum ging es bei der Wette?

Cantz Wir sind mit sieben Paaren in Urlaub gefahren. Wir Jungs hatten die glorreiche Idee, uns die Haare blond zu färben. Das haben wir dann gemacht - und ich bin übrig geblieben.

Gab es denn Guido Cantz mal mit schwarzen Haaren?

Cantz Ich hab letztens für "Verstehen Sie Spaß" mit einer schwarzen Perücke gedreht. Da haben mir alle versichert, das sehe richtig gut aus.

Wobei versteht Guido Cantz keinen Spaß?

Cantz Beim Fußball. Da bin ich sehr ehrgeizig. Ich habe bis zur Landesliga gespielt und stehe seit meinem sechsten Lebensjahr auf dem Platz. Ich bin immer noch sehr engagiert, Larifari-Einstellungen beim Fußball mag ich nicht. Ich finde, Fußball ist ein großartiger Sport, auch für Kinder.

(RPO)
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