Klage vor Landgericht Kamin verstopft - Frau im Koma

Düsseldorf · Jahrelang soll ein Schornsteinfeger den Rauchabzug nicht gesäubert haben und damit verantwortlich dafür sein, dass eine 42 Jahre alte Mieterin eine Kohlenmonoxid-Vergiftung erlitt und ins Koma fiel. Das behauptet der Angeklagte in einem Fall vor dem Landgericht: der Gas-Installateur.

 das Foto zeigt das betroffene Mietehaus in Unterbilk. ngeklärt ist bisher, ob der uNrat in einem der Schornsteine tatsächlich schon seit fünf Jahren dort lagert. Ein Gutachten soll dem Gericht vorgelegt werden.

das Foto zeigt das betroffene Mietehaus in Unterbilk. ngeklärt ist bisher, ob der uNrat in einem der Schornsteine tatsächlich schon seit fünf Jahren dort lagert. Ein Gutachten soll dem Gericht vorgelegt werden.

Foto: Bußkamp, Thomas

Wegen einer überraschenden Wende hat das Amtsgericht den Prozess um den Gas-Unfall einer Mieterin (42) aus Unterbilk jetzt abgebrochen. Angeklagt ist ein Gas-Installateur (36), der aus Fahrlässigkeit die Gas-Therme in der Wohnung der Frau 2007 nicht ordentlich repariert haben soll. Die Frau war von Rettungskräften bewusstlos in ihrer Wohnung gefunden worden. Ein Freund und die Mutter des Opfers hatten die Rettungskräfte alarmiert, weil die Frau trotz mehrmaligen Klingelns und dem Auto vor der Tür nicht die Tür geöffnet hatte.

Die Mieterin erlitt eine Kohlenmonoxid-Vergiftung, fiel ins Koma, erlitt einen Hirnschaden. Die Katze der Mieterin verendete. Doch jetzt trug die Anwältin des Installateurs vor: Ein Gutachter sehe die Schuld an dem Unfall bei einem Schornsteinfeger. Der habe jahrelang den falschen Schornstein gereinigt.

Bei einem Ortstermin Anfang Januar 2012 hatte dieser Mülheimer Experte für Gas-Thermen das Unglückshaus in Unterbilk genau untersucht. Der Gutachter war vom Landgericht eingeschaltet worden, weil die 42-Jährige dort parallel zum Strafverfahren jetzt per Zivilklage ihren Ex-Vermieter, den Schornsteinfeger, den Gas-Installateur und dessen Auftragsfirma auf Schadenersatz und Schmerzensgeld in fünfstelliger Höhe verklagt.

Ein schriftliches Gutachten hat der Mülheimer Experte noch nicht vorgelegt. Doch die Verteidigerin des angeblich fahrlässigen Installateurs gab sich im Strafprozess gegen den 36-Jährigen zuversichtlich: Der Fachmann habe festgestellt, dass der Abzug der Gas-Therme aus jener Wohnung völlig verstopft, verdreckt und mit Tauben-Unrat zugesetzt sei. Bei regelmäßiger Reinigung durch den Schornsteinfeger hätte es dazu nicht kommen dürfen. Das würde den angeklagten Installateur entlasten, der sich für schuldlos hält.

"Ein verschmutzter, verstopfter Schornstein kann zu einer Kohlenmonoxid-Vergiftung mit Todesfolge führen", sagt Hartmut Strelow. Er leitet das Düsseldorfer Zentrum für Hyperbare Sauerstofftherapie, wo Menschen mit Rauchgas- und Kohlenmonoxid-Vergiftungen behandelt werden. Kann das Kohlenmonoxid nicht abziehen, sammelt sich das gefährliche Gas in der Wohnung — ohne dass die Bewohner das merken. Denn das Gas ist geruch-, geschmack- und farblos und hat noch eine tückische Eigenschaft. "Weil es um das 250-Fache leichter ist als Sauerstoff, binden sich die roten Blutkörperchen, die den Sauerstoff im Körper transportieren, mit dem giftigen Gas."

Mit dramatischen Folgen. "Wird ein Betroffener nicht richtig behandelt, nämlich mit konzentriertem Sauerstoff wie bei uns in der Überdruckkammer, kann das zu irreparablen Gehirnschäden und auch zum Tod führen." Doch unklar ist bisher, ob der Unrat im Schornstein seit Anfang 2007 lagert. Wann der Gutachter seine schriftliche Expertise dem Landgericht vorlegt und dort über die Klage der 42-Jährigen weiter verhandelt wird, ist auch ungewiss. Sicher ist, dass die Klägerin zeitlebens unter den Folgen der Gasvergiftung leiden muss.

Wochenlang hatte sie damals etliche Ärzte befragt. Eine Erklärung für ihre Beschwerden fand sich erst, als sie Anfang Februar 2007 bewusstlos in ihrer Wohnung entdeckt wurde. Eine Obduktion ihrer toten Katze ergab, dass die Gaskonzentration in jener Wohnung zehnfach höher war als der zulässige Grenzwert. Die Frau lag wochenlang im Koma, behielt Schluckbeschwerden und Inkontinenz zurück und einen Hirnschaden, der zu Lähmungen an Armen und Beinen führt. Die 42-Jährige gilt jetzt zu 30 Prozent als schwerbehindert und arbeitsunfähig.

Im Hinblick auf das angekündigte Gutachten hat das Amtsgericht den Prozess gegen den Gas-Installateur nun ausgesetzt und will die Verhandlung erst fortsetzen, sobald die Zivilklage des Opfers beim Landgericht weiter behandelt wurde.

(RP/ila)
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