Düsseldorf "Kaiser Wilhelm" und lila Tomaten

Düsseldorf · Das "Saatgutfestival" erinnert an alte und alternative Obst- und Gemüsesorten.

 Dorothea Wamper (l.) stellte verschiedene Kartoffelsorten vor und verkaufte Saatgut für den eigenen Garten.

Dorothea Wamper (l.) stellte verschiedene Kartoffelsorten vor und verkaufte Saatgut für den eigenen Garten.

Foto: Bernd Schaller

Der Baum, an dem die historische Apfelsorte "Kaiser Wilhelm" wächst, ist für heutige Obstbauern nicht mehr attraktiv. Zu hoher Wuchs, zu kleine Früchte, das sind Ausschlusskriterien in der professionellen Landwirtschaft. Auf dem "Saatgutfestival" des Vereins zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt (VEN) im Geschwister-Scholl-Gymnasium drehte sich am Samstag alles um einst verbreitete und aus der Mode gekommene Kräuter-, Gemüse- und Obstsorten wie den "Kaiser Wilhelm".

Kistenweise Apfelmost bot Thomas Rothe an seinem Stand an. Die Früchte für sein Produkt stammen alle von Streuobstwiesen. "Seit den sechziger Jahren verschwinden die", sagte der 57-Jährige. Dabei seien die Wiesen eines der artenreichsten Biotope Europas und für mehr als 5000 Tier- und Pflanzenarten ein Zuhause. Mit dem höheren Flaschenpreis finanziere er Lehrgänge, die Bauern wieder zeigen sollen, wie man alte Apfelsorten veredelt und zu Bäumen wachsen lässt, die bis zu 80 Jahre lang Früchte tragen.

Um Vielfalt ging es auch Dorothea Wamper vom VEN. Auf ihrem Tisch lagen 18 verschiedene Kartoffelsorten aus, zu denen sie das passende Saatgut verkaufte. "Die unterliegen keinem Sortenschutz", erklärt Wamper. Viele der im Supermarkt erhältlichen Gemüsesorten seien geistiges Eigentum, zudem schreiben EU-Saatgutverkehrsgesetze vor, welche Nutzpflanzen Landwirte anbauen dürfen. "Wir verkaufen die Samen in ganz kleinen Mengen", sagt Wampers. Der Sinn sei dabei nicht, eine Großversorgung aufzubauen, sondern über die Vielzahl an Kartoffelsorten zu informieren.

Laut Staudengärtnerin Melanie Grabner reicht sogar ein Balkongarten, um sich vor Augen zu führen, wie groß die Vielfalt der Arten ist, die man in keinem Gemüseregal findet. Saatgut für weiße, grüne, gelbe, gestreifte und lila Tomaten verkaufte sie an ihrem Stand. "Als Kind mochte ich überhaupt keine Tomaten", sagt Grabner. Den Grund dafür sieht sie heute in dem, was ihr früher an "faden Hollandtomaten" vorgesetzt worden sei. In ihrer Lehre lernte sie die Welt der bunten Tomaten kennen, erkannte in deren Vielfalt einen gärtnerischen "Schatz".

Einen offensiveren Ansatz verfolgt Daria Barczat von der Urban-Gardening-Initiative "Düsselgrün". Sie verteilte gegen Spenden sogenannte "Samenbomben". Die müsse man nicht verbuddeln, sondern einfach nur an den gewünschten Standort werfen - laut Barczat ein "stiller Protest" gegen allzu einheitliche Stadtbegrünung.

(bur)
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