Sicherheitslücken JVA: Neue Technik gegen Ausbrüche

Düsseldorf · Auf der Stadtgrenze zu Ratingen baut das Land Nordrhein-Westfalen ein neues Gefängnis, das Maßstäbe für alle anderen Justizvollzugsanstalten in NRW setzen soll. Bis es fertig ist, muss auch die 120 Jahre alte Ulmer Höh' in Düsseldorf auf Sicherheitslücken geprüft werden.

 Baustelle mit verstärkten Sicherheitsvorkehrungen: Der wachsende Rohbau der neuen JVA wird streng bewacht.

Baustelle mit verstärkten Sicherheitsvorkehrungen: Der wachsende Rohbau der neuen JVA wird streng bewacht.

Foto: RP, Blazy

Nach dem Ausbruch zweier Gefangener aus der Justizvollzugsanstalt (JVA) in Münster hat auch Bernhard Lorenz, Leiter des Gefängnisses an der Düsseldorfer Ulmenstraße, sein Haus auf Schwachstellen prüfen lassen. Insbesondere die Gitter des 120 Jahre alten Baus, der im Volksmund Ulmer Höh' oder auch kurz "die Ulm" heißt, habe man unter die Lupe genommen, sagte Lorenz, der über das Ergebnis des Sicherheitschecks schweigt — um die Sicherheit nicht zu gefährden.

Lorenz räumte zwar ein, dass die "Ulm" und das aus den 1850er Jahren stammende Gefängnis in Münster nicht bloß die zentrale Stadtlage gemeinsam hätten, sondern auch durch ihr hohes Alter ähnliche Bedingungen aufwiesen. Aber zumindest Oberlichter, die den Flüchtigen in Münster als Schlupfloch dienten, gibt es in der Düsseldorfer Anstalt nicht. Und, so der studierte Psychologe, der die JVA seit August 2004 leitet: "Unsere Personalsituation ist bestens."

Von innen nach außen

Doch auch die "Ulm" ist nicht ausbruchssicher: 1999 ist zuletzt eine Flucht gelungen — ein damals 25-Jähriger hatte Ziegelsteine aus der Zellenwand gebrochen und sich mit einem Bettlaken abgeseilt. Geschichten wie diese sollen Geschichte bleiben: Wenn im nächsten Jahr die neue Vollzugsanstalt auf der Stadtgrenze zu Ratingen bezogen wird, soll sie eine der sichersten des Landes sein. Fassadenkletterer werden dort keine Chance haben: Detektoren in den Außenwänden sollen bei jeder ungewöhnlichen Bewegung Alarm schlagen.

Auch die Kameradichte wird in der neuen JVA, die zwar auf Ratinger Stadtgebiet steht, aber auf Wunsch der Stadt Ratingen nicht deren Namen tragen wird, deutlich höher sein als in alten Anstalten, sagt Andrea Bögge im Justizministerium. "Wir haben heute ja ganz andere Möglichkeiten als es sie früher gab."

In der neuen JVA ist vor allem High Tech das Mittel der Wahl. Die Überwachungskameras können — je nach Tageszeit — mal das Geschehen in bestimmten Bereichen filmen oder sofort Alarm auslösen, wenn sich jemand in dem Bereich aufhält. "Die Mitarbeiter", sagt Bögge, "werden sich im neuen Haus sehr viel sicherer bewegen können." Für die Sicherheit der Vollzugsbediensteten ist auch der Personennotruf gedacht, den jeder am Körper trägt. "Sowie ein Bediensteter zu Boden geht, wird ein interner Alarm ausgelöst."

"Sicherheit von innen nach außen" ist die Devise, die vor allem den künftigen Nachbarn der JVA die Ängste nehmen soll. Viele interne Sicherungssysteme sind deshalb schon vorgeschaltet, bevor ein Gefangener überhaupt die äußere Mauer erreicht, die das zwölf Hektar große Gefängnisgelände umrahmt. Von der ausgefeilten Technik erwartet der Bund der Strafvollzugsbediensteten eine Entlastung des Personals, das dann für 850 Gefangene zuständig ist. Andrea Bögge warnt vor zu großen Hoffnungen: "Je anspruchsvoller die Technik, desto höher werden auch die Ansprüche an die Mitarbeiter." Außerdem müssen die Monitore, auf denen die vielen Kamerabilder auflaufen, auch überwacht werden.

Das Gefangenen-Magazin "Ulmer Echo" attestierte den Bauplänen, "nichts Menschenmögliches oder technisch Machbares übersehen" zu haben. Baulich siege "Sicherheit über Menschlichkeit", konstatierten die Autoren.

Dabei steht Menschliches durchaus auch im Sicherheitskonzept: "Gefangene zu beschäftigen, mit Arbeit oder Schule, dient nicht nur der Qualifikation für das Leben nach der Haft", so Bögge. "Beschäftigung stoppt Frustration und Langeweile und trägt so wesentlich zur Sicherheit bei."

(RP)
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