Düsseldorf Justiz entlässt Vergewaltiger ohne Fußfessel - Rückfall

Düsseldorf · Viel zu spät erwogen sächsische Behörden, einem Serientäter nach der Haft eine elektronische Fußfessel anzulegen. Er attackierte dann in Düsseldorf eine 19-Jährige. Politiker fordert bessere Kommunikation zwischen Bundesländern.

 Der 25-jährige Angeklagte wurde in Sachsen ohne eine elektronische Fußfessel aus der Haft entlassen.

Der 25-jährige Angeklagte wurde in Sachsen ohne eine elektronische Fußfessel aus der Haft entlassen.

Foto: Wuk

Der Justizskandal um einen Serienvergewaltiger (25), der nach mehrjähriger Haft in Sachsen ohne Sicherung freikam und Tage danach im April in Düsseldorf sein nächstes Opfer angriff, weitet sich aus. Nach Informationen unserer Redaktion galt der Mann in der Haft in der sächsischen Justizvollzugsanstalt (JVA) Waldheim als zu unreif, um sich mit seinen früheren Vergewaltigungen auseinanderzusetzen. Mehrfach war seine vorzeitige Entlassung abgelehnt worden. Fünf Jahre und vier Monate musste er komplett absitzen. Derweil hat aber offenbar niemand im Freistaat die Möglichkeiten geprüft, ihn als Wiederholungstäter noch weiter unter Verschluss zu halten oder ihn psychiatrisch zu betreuen.

Erst im Juni fragte die Staatsanwaltschaft Dresden bei der Haftanstalt nach, ob eine elektronische Fußfessel angebracht wäre. Das hat ein dortiger Abteilungsleiter nach RP-Informationen empfohlen. Doch zu dem Zeitpunkt war der 25-Jährige bereits seit zwei Monaten entlassen, hatte laut Geständnis längst seine nächste Gewalttat verübt, eine Schülerin (19) an der Haroldstraße angegriffen und zum Sex zwingen wollen - und saß dafür seit zwei Monaten wieder in U-Haft. Erst jetzt droht ihm langjährige Sicherungsverwahrung.

"Das ist ein unverzeihlicher Fehler, das darf nicht passieren, es muss einen doppelten Boden geben", sagt Robert Orth. Der Düsseldorfer Rechtsanwalt sitzt für die FDP im Landtag, ist innenpolitischer Sprecher der Fraktion. "Wenn solch ein Mehrfachtäter entlassen wird, sollte man sich über Ländergrenzen hinweg gegenseitig informieren." Die von der Staatsanwaltschaft erst zwei Monate nach der Freilassung des Mannes geforderte Fußfessel hält Orth nicht für ein geeignetes Instrument. "Das suggeriert nur Scheinsicherheit, denn man müsste den Mann dann dauerhaft beobachten." Das sei kaum zu leisten.

  Erst zwei Monate später soll ein Abteilungsleiter dies vorgeschlagen haben — da war es bereits zu spät.

Erst zwei Monate später soll ein Abteilungsleiter dies vorgeschlagen haben — da war es bereits zu spät.

Foto: Fredrik von Erichsen

Der Lebenslauf des 25-Jährigen, der jetzt in Düsseldorf vor Gericht steht, liest sich wie ein Logbuch des Scheiterns: Als Minderjähriger war er in Sachsen wegen Vergewaltigung eines Mädchens zu 18 Monaten Jugendstrafe auf Bewährung verurteilt worden. Kurz danach stand er wieder vor Gericht: Mit einer abgebrochenen Bierflasche hatte er eine 19-Jährige 2009 gezwungen, mit ihm aus einer Straßenbahn auszusteigen, hatte versucht, sie nahe der Haltestelle zu vergewaltigen, was ihm erst später in seiner Wohnung gelang. Im Oktober 2009 wurde seine ursprüngliche Strafe von anderthalb Jahren auf fünf Jahre, vier Monate aufgestockt.

Offenbar hat die sächsische Justiz jahrelang nichts unternommen, um einen erneuten Rückfall auszuschließen. Statt während seiner Haft zu prüfen, ob bei ihm die Voraussetzungen einer Führungsaufsicht oder elektronischen Fußfessel vorlagen, kam er Ende April ohne Auflagen frei. Erst zwei Monate später erkundigten sich Staatsanwälte, ob eine Betreuung nach dem Maßregelvollzug für den 25-Jährigen sinnvoll sei. Dazu konnten gestern weder die Staatsanwaltschaft noch das Amtsgericht in Dresden Stellung nehmen.

(RP)
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