Düsseldorf Jogger für Diabetes-Studie gesucht

Düsseldorf · Fast 50 000 Düsseldorfer leiden an Diabetes. Eine wissenschaftliche Studie soll jetzt beweisen, dass eine Änderung des Lebensstils die Volkskrankheit besiegen kann. Betroffene können als Probanden an der Studie teilnehmen.

Die Zahlen sind alarmierend: Fast 50 000 Düsseldorfer haben Diabetes, mehr als jeder zehnte Bürger dieser Stadt. Und in den meisten Fällen ist diese Volkskrankheit die Folge von Übergewicht und Bewegungsmangel. "Also müssen wir die Menschen dazu bewegen, dass sie abnehmen und Sport treiben", meint Professor Stephan Martin vom Verbund der Katholischen Kliniken. Er ist davon überzeugt, dass sich Diabetes durch eine Veränderung des Lebensstils besiegen lässt. Jetzt will er seine Erkenntnisse mit einer neuen wissenschaftlichen Studie untermauern. Doch für viele Patienten ist der Gedanke befremdlich, nicht einfach Tabletten zu schlucken, sondern selbst aktiv zu werden.

Es ist gerade mal ein Jahr her, da wog Martin Herhold (43), technischer Leiter des Marienhospitals, 130 Kilogramm, er schlief schlecht, hatte Probleme mit dem Kreislauf und den Gelenken, und seine Blutzuckerwerte näherten sich gefährlichen Höhen. "Ich musste Medikamente schlucken und war kurz davor, Insulin zu spritzen." Für Sport hatte der frühere Handballer keine Zeit, nur sonntags ging er mit seiner Frau zu einem Tanzkurs. Und ausgerechnet zwischen Tango und Foxtrott begegnete er Diabetes-Experten Stephan Martin, der ihm von seinem neuesten Projekt berichtete: der Telemedizin.

Die geht von der Erkenntnis aus, "dass der Mensch nicht nur als Patient zu betrachten ist, sondern als handelnde Person", sagt Martin. Dazu werden die Teilnehmer der Telemedizin mit technischen Geräten ausgestattet, einem Schrittzähler und einem Blutzuckermessgerät, die — ebenso wie ihre Waage — mit einem Computer verbunden werden, der täglich Daten an das Institut für Telemedizin und Gesundheitsförderung weiterleitet. "Wir können also permanent sehen, wie sich Blutwerte verändern, ob sich der Teilnehmer bewegt und wie viel er abgenommen hat." Die Pfunde spielen auch deshalb eine gewichtige Rolle bei Diabetes: Viele Patienten, die Insulin spritzen müssen, nehmen dadurch noch mehr zu - eine fatale Spirale.

Ein Mal in der Woche ist eine Telefonkonferenz angesetzt, bei der alle Ergebnisse gründlich besprochen werden. Martin: "Wir loben und geben Tipps, aber wir kritisieren auch." Er sei dabei Arzt und Motivationstrainer gleichzeitig. In einer großen Studie mit Mitarbeitern von Ärztekammer und Kassenärztlicher Vereinigung hat der Mediziner bereits nachgewiesen, dass durch die Kombination von Telemedizin und Telefonberatung der Gewichtsverlust besonders stark sei. Daraus resultierte: Viele mussten weniger Insulin spritzen oder konnten ihre Medikamenten-Dosis verringern, manche mussten gar keine Mittel mehr nehmen.

Mittlerweile interessieren sich auch andere Düsseldorfer Unternehmen — wie die Provinzialversicherung — für die Telemedizin. Für Martin Herhold hatte das Programm verblüffende Konsequenzen: Er joggt jetzt regelmäßig, hat seine Ernährung umgestellt ("keine Snacks mehr, selten Süßigkeiten") und nahm innerhalb eines Jahres 30 Kilogramm ab. Seine Beschwerden sind verschwunden, seine Blutzuckerwerte im normalen Bereich, auf Medikamente kann er nun völlig verzichten.

Sein Fazit: "Ohne den leichten Druck, den man bei den wöchentlichen Anrufen spürt, hätte ich das wohl nicht geschafft." Nun aber ist er seiner Krankheit buchstäblich davon gelaufen.

(RP)
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