Düsseldorf Jan Wellem hatte nicht immer ein Gitter

Düsseldorf · Schon 1939 montierte die damalige Stadtverwaltung die Umzäunung ab. Denkmal wurde 1711 vor dem Rathaus aufgestellt und während der Kriegsjahre im Stollen in Gerresheim aufbewahrt.

Für Ulrich Brzosa ist die Diskussion "Kein Gitter für Jan Wellem" nicht neu. Der Experte in Sachen Düsseldorfer Geschichte hat sich bei der Diskussion, die OB-Büroleiter Jochen Wirtz durch einen privaten Facebook-Eintrag ("Free Jan Wellem") ausgelöst hat, sofort erinnert: "1939 hat die damalige Stadtverwaltung das Gitter schon einmal abmontiert."

Brzosa hat in seinem Archiv auch schnell historische Bilder gefunden, die das Gitter in die Stadtgeschichte einordnen. Das Standbild von Jan Wellem wurde 1711 aufgestellt - ohne Gitter. Das kam erst später hinzu. Als 1830 der Sockel, den Baumeister Adolph von Vagedes entworfen hatte, aufgestellt wurde, entschied man sich gleichzeitig für das Gitter. Das mag Gründe gehabt haben, so Brzosa. "Der Platz vor dem Rathaus war ja damals zentraler Marktplatz - und da wurde bestimmt mal irgendwas über das Denkmal gehängt oder kamen die Händler dem Jan Wellem zu nahe." Darum, so vermutet er, wurde das Gitter zum Schutz aufgestellt. Von 1830 bis 1939 blieb alles so. Bis "in einer Nacht -und Nebelaktion", so der Historiker, das Gitter plötzlich abmontiert wurde. "Das war noch Anfang des Jahres, noch nicht im Krieg. Aber vielleicht sollte ja Platz für Aufmärsche geschaffen werden", spekuliert Brzosa. Das Gitter, das ein Beispiel für puren Klassizismus war, wurde einfach verschrottet. Genau diese Aktion sorgte schon damals für Schlagzeilen. Die Rheinische Landeszeitung, der NSDAP nahe, zitierte Kunsthistoriker, die diese Freveltat öffentlich machten und deutlich kritisierten. Um zu dokumentieren, dass die Stadt durch das Verschrotten noch Geld verdient hat, standen 118 Reichsmark unter der Rubrik Einnahmen im städtischen Etat.

Im Krieg wurde die Skulptur von Jan Wellem im Gerresheimer Stollen zum Schutz untergestellt, nach dem Krieg kam er wieder auf seinen alten Platz vor dem Rathaus, auf den alten Sockel von Vagedes. Und bekam dann auch wieder ein Gitter: Im Jahr 1949 wurde es nach Originalbildern des klassizistischen Gitters von der Deutschen Babcok in Oberhausen aus Gusseisen angefertigt, bestand aus 260 Gitterspitzen, 260 Rosetten sowie 18 Stabbündeln und 18 Stabbündelspitzen, wie Brzosa recherchiert hat. Für die Aufstellung des Gitters wurde die Düsseldorfer Heimkunst-Werkstätte beauftragt. Die Kosten: 16 000 D-Mark. Ende April 1949 war das Gitter wieder montiert - und steht noch heute da. Es wurde zwischendurch aber repariert und neu angemalt.

Und jetzt die neue Diskussion, weil Jochen Wirtz Karnevalsdienstag aus dem Bürofenster guckte und sah: "Ohne Gitter ist der Jan Wellem auch schön." Er schlägt gleich Bänke als Möblierung für den Platz vor, damit er eine bessere Aufenthaltsqualität hat. "Stimmt", so Brzosa, "der Markt ist eher trostlos. Vielleicht nutzt man jetzt die Chance, den Platz gleich schöner zu gestalten."

(RP)
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