Schweißhundestation Jagdhunde suchen verletztes Wild

Düsseldorf · Die Weimaraner der Schweißhundestation von Ingeborg Lackinger Karger sind versierte Jagdhelfer.

 Ingeborg Karger, Hundeführerin und Leiterin der so genannten Schweißhundestation, mit Hund Heinrich.  RP-Foto: Anne Orthen

Ingeborg Karger, Hundeführerin und Leiterin der so genannten Schweißhundestation, mit Hund Heinrich. RP-Foto: Anne Orthen

Foto: Anne Orthen (ort)

Angefangen hat alles mit Karl. Der kam vor rund 18 Jahren zum Ehepaar Karger. Anfangs ahnten die beiden sicher nicht, dass der graue Zwerg – ein Weimaraner – ihr Leben buchstäblich auf den Kopf stellen würde. Das tun Hunde häufig, aber Karl tat es besonders gründlich. Weil Weimaraner einen legendären Ruf als Jagdhunde haben, kam man bald an dem Thema nicht vorbei. Die Folge: Ingeborg Lackinger Karger und ihr Mann André machten den Jagdschein. Und sie begannen, die Fähigkeiten des Hundes zu fördern.

Heute ist Karl leider nicht mehr dabei, dafür aber drei seiner entfernten Verwandten: Friedrich (8), Heinrich (10) und Ludwig (3) sind das Team, mit dem Ingeborg Karger immer dann ran muss, wenn es im Großraum Düsseldorf entweder ein angefahrenes Reh aufzuspüren oder bei einer Jagd ein womöglich angeschossenes Stück Wild zu finden gibt. Denn die Kargers und die drei Weimaraner sind das Team der Schweißhundestation  Düsseldorf am Rand der Urdenbacher Kämpe.

In der Jägersprache steht „Schweiß“ für „Blut“ – Schweißhunde sind also speziell ausgebildet, die Spuren verletzter Tiere zu finden und sie zusammen mit ihrem Führer aufzuspüren. Dann wird das Leiden beendet oder man hat die Gewissheit, dass das Schwein, das Reh oder der Fuchs trotz tödlichem Schuss noch eine Strecke gelaufen und dann verendet ist. Jäger wollen sicher sein, dass das Tier nicht irgendwo qualvoll verendet. Lebt es noch, gehört es zur Aufgabe des Hundeführers, es „abzufangen“ – also zu töten.

Weil nicht jeder Jäger einen Hund hat, kommt das Team Karger zum Einsatz, wenn das erlegte Wild nicht auf Anhieb gefunden werden kann. Entweder mit einem, zweien oder allen drei Hunden übernimmt man den Fall, und bringt ihn fast immer auch zu Ende. Denn sowohl die vier- wie die zweibeinigen Fährtensucher haben eine enorme Erfahrung, und der Spürsinn der Hunde ist für Menschen kaum vorstellbar. Sie gehen unbeirrbar auf der Spur, aus ihrem Verhalten kann der Kenner Rückschlüsse auf den Zustand des gesuchten Wildes ziehen – und ein totes Tier vermelden sie mit anderem Laut als ein noch lebendes. Solche Schweißhundestationen gibt es über das ganze Land verteilt, sie werden bisher noch vom Land unterstützt (1500 Euro pro Jahr) und stehen jeweils in Kontakt mit der Polizei (wegen Wildunfällen), den Jagdpächtern, Jagdverbänden und Berufsjägern. Dutzende Male im Jahr wird Ingeborg Lackinger Karger zu Wildunfällen gerufen, und sehr viel häufiger zu sogenannten erschwerten Nachsuchen etwa in widrigem Gelände.

Dass diese besonderen Hunde solche Aufgaben lösen, liegt an ihren Genen – sie sind genau dafür gezüchtet, es ist ihnen „angewölft“, wie der Jäger sagt. Die Ausbildung fördert denn auch nur die bereits vorhandenen Fähigkeiten, zum größten Teil dient sie jedoch dazu, den Menschen fit zu machen im Umgang mit solchen Vierbeinern. Deren Fähigkeiten sind verblüffend: Sie nehmen nicht nur die Witterung des gesuchten Wildes auf, sondern können sie, einmal erkannt, von anderen unterscheiden, sie lassen sich also nicht von kreuzenden anderen Spuren ablenken. Mit der tief gesenkten Nase erspüren sie die Strukturveränderung des Bodens, verursacht vom flüchtenden Wild. Deshalb ist ein Reh auch schwerer zu finden als ein Wildschwein, weil es leichter ist.

Beim Fototermin mit der Team-Chefin merkt man schnell, wie genau der Hund weiß, was gerade läuft – nämlich gar nichts. Er gibt deutlich zu verstehen, dass da, wo er bei der Arbeit fotografiert wird, keine interessante Spur zu entdecken ist, und reagiert sichtlich gelangweilt, weil er so tun soll als ob. Aber natürlich gehorcht er – und tut seiner Herrin den Gefallen.

Und wieso die Namen Heinrich, Friedrich und Ludwig? „Ludwig war ein Sohn Karls des Großen, und die beiden anderen waren bedeutende Stauferkaiser,“ sagt Ingeborg Karger. Friedrich II., ebenfalls Staufer, hat sogar zwischen 1241 und 1248 ein Buch über die Falknerei (also die Jagd mit Greifvögeln) verfasst, das heute noch unter Falknern höchste Anerkennung findet. Auch Lackinger Karger ist Autorin – gemeinsam mit dem Schweißhundeexperten Hans-Joachim Borngräber hat sie das Buch „Die Schweißarbeit“ (Kosmos-Verlag) geschrieben – ein Standardwerk für alle, die sich mit dieser Materie vertraut machen wollen.

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