Iran-Proteste Ein Nachtgebet mit politischer Botschaft

Düsseldorf · In der Kirche St. Albertus Magnus berichtete die Iranerin Shabnam Arzt im Rahmen der Landessynode der evangelischen Kirche von der Unterdrückung der Frauen in ihrer Heimat.

 Shabnam Arzt steht vor einem Bild von Kirsten Reinhold, die das Motto der Proteste im Iran künstlerisch umgesetzt hat.

Shabnam Arzt steht vor einem Bild von Kirsten Reinhold, die das Motto der Proteste im Iran künstlerisch umgesetzt hat.

Foto: Tino Hermanns

Shabnam Arzt weiß ganz genau, wie sich die allermeisten Frauen im Iran fühlen. Als Siebenjährige hatte sie in Teheran selbst unangenehmen Kontakt mit den Revolutionsgarden. „Es ist Angst. Angst davor, etwas Falsches zu sagen, Angst, nicht regelkonform angezogen zu sein, Angst davor, dass die Lieben abends nicht nach Hause kommen“, sagt die gebürtige Perserin. „In dieser Angst leben die Menschen im Iran seit 43 Jahren.“

So lange ist das Mullah-Regime an der Macht, gegen dessen fundamental-islamistische Ideologie und deren teils mit brutalen Mitteln durchgesetzte Regierungslinie vor allem iranische Frauen seit vier Monaten demonstrieren. Ungeachtet der möglichen Folgen für ihr eigenes Leben. „Welch ein Mut“, stellt Arzt fest. „Aber sie sagen sich, wir haben 43 Jahre lang nicht gelebt, waren Sklaven. Jetzt kämpfen wir für unser Leben. Sollten wir dabei sterben, hat sich nicht viel geändert.“

Shabnam Arzt berichtete während des politischen Nachtgebetes im Rahmen der Landessynode der evangelischen Kirche in St. Albertus Magnus in Golzheim von der aktuellen Situation im Iran. „Ich stehe im ständigen Austausch mit meinen Cousinen. Sie gehen auch auf die Straße. Gott sei Dank ist ihnen noch nichts passiert“, so Arzt. „Aber sie nehmen es in kauf, weil sie im Iran nichts zu verlieren haben.“ Das Motto der Proteste „Jin, Jiyan, Azadi“ (Frau, Leben, Freiheit) ist inzwischen weltbekannt.

Weil Arzt täglich Informationen von ihrer Familie erhält, weiß sie auch, dass die Sittenpolizei nicht aufgelöst wurde. „Das sind bewusst gestreute ‚Fake News‘“, so Arzt. „Sie geht noch härter gegen Frauen vor, die ihr Haar oder Knöchel zeigen.“ So seien bereits 520 Menschen bei und wegen der Demonstrationen im Iran ums Leben gekommen sowie fast 20.000 Menschen verhaftet worden. „Einige sind von Gerichten zum Tode verurteilt worden. Die Anklage behauptete, dass sie einen Krieg gegen Gott geführt hätten“, berichtet die gebürtige Iranerin. „Dabei sind sie doch nur für ihre Menschenrechte und ein menschenwürdiges Leben eingetreten.“

Ihr Traum ist es, dass die Menschen im Iran die Freiheit und Demokratie besitzen, die wir in Deutschland jeden Tag so selbstverständlich erleben. „Es wird noch dauern, aber ich bin sicher, dass mein Traum Realität wird“, hofft Arzt. „Es sind ja nicht nur Frauen, die auf die Straße gehen. Es sind auch Männer aus allen Schichten, aus allen Generationen.“ Arzt fordert, sämtliche Unterstützungsaktionen für „Frau, Leben, Freiheit“ möglichst breit in den sozialen Medien zu streuen. „Wir brauchen Unterstützung“, bittet Arzt. „Durch die sozialen Medien kann man zeigen, dass man den Iran nicht vergessen hat.“

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