Interview Heinz Hardt, Thomas Köster und Hans Jörg Hennecke „Düsseldorf braucht mehr als Klein-Klein“

Düsseldorf · Der CDU-Kreisverband hat seine Grundwerte formuliert. Die Kommissionsleiter sprechen über die Ergebnisse.

 Die Leiter der Grundsatzkommission Thomas Köster (v.l.), Heinz Hardt und Hans Jörg Hennecke in der CDU-Zentrale an der Wasserstraße.

Die Leiter der Grundsatzkommission Thomas Köster (v.l.), Heinz Hardt und Hans Jörg Hennecke in der CDU-Zentrale an der Wasserstraße.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

Die Düsseldorfer CDU hat erstmals ein Grundwertepapier erarbeitet. Heute soll es bei einem Parteitag beschlossen und dann veröffentlicht werden. Heinz Hardt, Thomas Köster und Hans Jörg Hennecke haben den Entstehungsprozess geleitet.

Sie haben seit mehr als einem Jahr an dem Grundwertepapier gearbeitet, in dem sich alle Parteiflügel wiederfinden sollen. Wurde heftig gestritten?

Heinz Hardt Nein, aber sehr lebendig diskutiert. Ich bin Parteimitglied seit 1961 und habe noch nie einen solchen Prozess erlebt. Das war für viele Neuland. Wir haben jeden Satz kontrovers besprochen. Und wir haben über ganz grundsätzliche Fragen geredet. Am Ende ist das siebenseitige Papier entstanden, das wir am Donnerstag auf dem Parteitag zur Abstimmung vorlegen.

Thomas Köster Ich hatte nicht den Eindruck, dass Parteiflügel sich gegenüberstehen. Es wurde eher intensiv über Sachfragen debattiert.

Worum ging es?

Köster Zum Beispiel um die Frage, ob die Bevölkerung in Düsseldorf unkontrolliert weiter wachsen soll. Wir sind da kritisch. Wir sehen es als notwendig, über die Grenzen des Wachstums nachzudenken. Düsseldorf braucht seine Grünflächen. Wir befürchten, dass ein zu schnelles Wachstum eine Gefahr für die Lebensqualität und für die Bewahrung der Schöpfung ist.

Wie definieren Sie die Grenze des Wachstums genau?

Köster Das Papier definiert das nicht. Wir haben bewusst kein Wahlprogramm schaffen wollen, sondern Richtwerte. Wir brauchen einen Kompass. Daraus lassen sich konkrete Forderungen ableiten.

Was sind die Grundwerte der Düsseldorfer CDU?

Hardt Wir sehen als Ausgangspunkt das christliche Menschenbild. Daraus leiten sich die verschiedenen Grundhaltungen in der Partei ab: konservativ, sozial und liberal. Wenn man von dieser gemeinsamen Basis ausgeht, sind sie nicht gegeneinander gestellt.

Hans Jörg Hennecke Das Konservative gehört klar zur CDU. Wir verstehen es als Skepsis gegen die Allmacht der Politik. Aber nicht als Nationalismus oder Fremdenfeindlichkeit. Das grenzt uns zur AfD ab, die es auch für sich beansprucht.

Die christlichen Kirchen haben immer weniger Mitglieder. Ist die klare Rückbesinnung auf das Christentum, die Sie vornehmen, nicht eine Gefahr für eine Volkspartei?

Hennecke Nein. Es geht nicht um eine konfessionelle oder klerikale Haltung. Die Werte sind auch zugänglich für Menschen, die der Kirche nicht mehr zugeneigt sind. Die Idee einer freien und demokratischen Gesellschaft und das Konzept der Sozialen Marktwirtschaft wären ohne die christliche Soziallehre nicht vorstellbar. Es geht um das C als Fundament der Freiheit.

Wer hat am Konzept mitgearbeitet?

Hardt Der Prozess war wirklich breit angelegt. Es gab viele Treffen im Kreisvorstand und Vorschläge von der Jungen Union, der Frauenunion, der Seniorenunion, dem Mittelstand und dem Sozialausschuss. Das Papier ist am Ende um eine Seite länger geworden, weil es noch Ergänzungswünsche zu Themen wie Umwelt und Soziales gab.

Köster Wir mussten aber an bestimmten Stellen stoppen. Ein Antrag sah vor, den Begriff Verkehrsbegleitgrün aufzunehmen. Solche Themen sind wichtig in der Kommunalpolitik, aber wir wollten eben kein kommunalpolitisches Programm.

Ist das Programm der Düsseldorfer CDU anders als von anderen Kreisverbänden?

Köster Ja. Es geht in dem Papier auch um Düsseldorf als Heimat. Wir wollten auch deutlich machen, dass die Zuwendung zur eigenen Stadt eine Herzensangelegenheit ist. Es gibt eine Passage, in der es heißt, dass manche ihr Herz an Düsseldorf verlieren, weil sie an schönen Abenden die Lichter der Stadt im Rheinwasser funkeln sehen. Manche haben gesagt, das sei nur Lyrik. Nein! Zur Politik gehören auch Gefühle. Das ist nichts Verwerfliches.

Sogar die Toten Hosen kommen als Beispiel für Heimat vor.

Hennecke Das müssen sie aushalten.

Was besagt das Papier über die politischen Vorstellungen der CDU für Düsseldorf?

Köster Die CDU hat seit Karl Arnold große Oberbürgermeister hervorgebracht. Sie haben Düsseldorf geprägt, weil sie in großen Linien gedacht haben. Daran wollen wir anknüpfen. Düsseldorf braucht mehr als Klein-Klein.

Hardt Wir sind die Landeshauptstadt. Das ist auch eine Verantwortung.

Köster Düsseldorf hat von den großen Stadtentwicklungsprojekten wie dem Rheinufertunnel oder dem Kö-Bogen profitiert. Es ist hier immer gelungen, kontroverse Debatten zu führen, aber am Ende zu einer Entscheidung zu kommen. Die Stadt traut sich zu, Dinge selber zu regeln und dabei ihre Identität zu erhalten. Düsseldorf steht für Lebensfreude, Leistungswille und Selbstbewusstsein.

Als wohlhabende Stadt hat Düsseldorf auch mehr Möglichkeiten.

Köster Das kommt nicht von selbst. Düsseldorf ist es bislang gelungen, die Gewerbebetriebe aus dem Mittelstand nicht zu verdrängen.

Hennecke Und die Stadt hat eine intelligente Finanzpolitik betrieben, etwa durch den rechtzeitigen Verkauf der RWE-Aktien.

Herr Hardt und Herr Köster, Sie sind seit Jahrzehnten in der Partei. Hat sich die Düsseldorfer CDU grundlegend verändert?

Hardt Das will ich nicht sagen. Aber sicherlich war die CDU lange nicht stark im Dialog mit ihren Mitgliedern. Daher kam das böse Wort vom Kanzlerwahlverein. Gerade gibt es einen Aufbruch.

Köster Wir konnten vor einem Jahr nicht ahnen, dass die Präsentation des Papiers in die Zeit fällt, in der die Bundespartei einen neuen Vorsitzenden sucht. Ich spüre derzeit insgesamt ein neues Interesse an Politik. Das gilt auch für die kommunale Ebene. Wer in eine Partei eintritt, will nicht nur über die Gestaltung von Bordsteinkanten mitreden, sondern hat einen Impuls, sich für etwas engagieren zu wollen. Darüber müssen wir in der Partei reden.

Hennecke Gerade wir als Großstadt-Verband sind dabei in einer komplizierten Lage. In den 1970er Jahren war die politische Landschaft einfacher, weil es vor allem die beiden großen Blöcke CDU und SPD gab. Wir müssen es heute schaffen, Profil zu zeigen und trotzdem integrationsfähig zu sein. In Düsseldorf zum Beispiel gibt es die „Eingeborenen“ mit einer starken Bindung zur Stadt, aber auch viele Zugezogene, die oft ein sehr pragmatisches Verhältnis zu Düsseldorf haben. Heute bleibt kaum noch jemand 20 Jahre im selben Ortsverein. Deshalb müssen wir auch in unseren Beteiligungsformen offener werden.

Hardt Aber das macht eben eine Volkspartei aus.

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