Düsseldorf Intensive Diskussion um den Kandidaten auf Zehenspitzen

Düsseldorf · Ihr Mit- war von Anbeginn ein Gegeneinander: Thomas Geisel nennt OB Dirk Elbers gerne Amtsträger, dieser seinen Herausforderer Neuankömmling. Nachdem es von den Kontrahenten erste Fotos einer räumlichen Annäherung bei der Meisterfeier des Handwerks gab, stellten sich beide beim Gästeschießen auf der Kirmes den Fotografen.

 Die Szene von hinten: Geisel steht bei dem Bild auf den Zehenspitzen – Ausgangspunkt einer Diskussion.

Die Szene von hinten: Geisel steht bei dem Bild auf den Zehenspitzen – Ausgangspunkt einer Diskussion.

Foto: Mirko Rohloff

Der 27 Zentimeter kleinere Geisel ging dabei auf die Zehenspitzen, was ebenfalls bildlich dokumentiert und in Düsseldorfer Zeitungen thematisiert wurde. Darüber entbrannte eine Debatte. Hier Leserzuschriften in Auszügen:

 Stellten sich für ein gemeinsames erstes Foto nebeneinander: Herausforderer Thomas Geisel und Oberbürgermeister Dirk Elbers auf der Kirmes.

Stellten sich für ein gemeinsames erstes Foto nebeneinander: Herausforderer Thomas Geisel und Oberbürgermeister Dirk Elbers auf der Kirmes.

Foto: Bretz

Klaus Lückerath, Meerbusch: Dieser Mann und seine Administration entpuppen sich immer notorischer als Vertreter einer Klientel, die das Image der Stadt (Schicki-Micki) bedient. Ihre Leserschaft mag konservativ orientiert sein, aber Herr Elbers vertritt andere Werte!

Gabriele Leistenschneider, Düsseldorf: Allein durch seine Körpergröße von 1,97 Meter ist Herr Elbers, der sich durch die Feuerwehr-Affäre und andere Geschichten nicht nur Freunde gemacht hat, kein besserer Politiker. Auch das Interesse für viele Bereiche der Stadtpolitik und Kenntnisse hierüber (Multi-Kompetenz) bei Herrn Geisel sind ja nur zu begrüßen. Als Mutter, Großmutter und Geschäftsfrau kann ich übrigens nur bestätigen, dass man durch das Managen einer großen Familie Kompetenzen erwirbt, die im Geschäftsleben wie in der Politik sehr hilfreich sein können. Für abgefeimt halte ich diese Aussage keinesfalls. Ich habe Herrn Geisel und auch Herrn Elbers auf der 825-Jahr-Feier in Angermund als Vertreterin einer Bürgerinitiative kennengelernt. Die interessierte, kompetente, bürgernahe und freundliche Art von Herrn Geisel und seiner Begleiterin Frau Gudrun Hock haben mich beeindruckt. Nach einem längeren Gespräch könnte ich mir gut vorstellen, mein Wahlverhalten auf kommunaler Ebene zu ändern.

Andreas Vogt, Düsseldorf: Bei der Nominierung von Herrn Geisel dürfte die CDU das Werbebudget für die nächste Oberbürgermeisterwahl direkt halbiert haben, denn eine Gefahr für einen Amtswechsel des Ersten Bürgers besteht garantiert nicht. Da kann sich Herr Geisel noch so hoch nach oben strecken. Auf dieser Augenhöhe mit Herrn Elbers wird die Luft schon dünner. In der Stadtgesellschaft wird OB-Kandidat Geisel und Hertha-BSC-Fan (Mitglied) nicht wahrgenommen und hat bisher außer diversen Sprüchen gegen die CDU-Politik keine Akzente gesetzt. Warum sollten Düsseldorfer ihn dann als Oberbürgermeister wählen?

Paul Sehl, Düsseldorf: Es ist prinzipiell bedauerlich, dass viele Medien schon seit langer Zeit die Politiker auf ein "äußerliches Maß" reduzieren. Entweder ist beispielsweise der oder die "zu lang" oder "zu kurz" geraten und damit in "halbe oder ganze Portionen" eingeteilt. Auch die Inhalte der Aussagen werden von den meisten Medien nur auf reinen Populismus reduziert. Der überwiegende Teil der Bürger ist nicht mündig — die Medien müssten ihn an die substanziellen Inhalte in der Politik heranführen. Ergänzend möchte ich allerdings auch darauf hinweisen, dass so manchen von den Bürgern in ein politisches Amt gewählten Bürgern der Sachverstand für die Ausübung eines solchen Amtes fehlt. Das musste ich leider auch persönlich erleben.

Beate Werthschulte, Düsseldorf: Vielen Dank für Ihre treffende Kolumne. Seit das Foto der beiden Herren in der vergangenen Woche aufgetaucht ist, haben wir im Familien- und Freundeskreis herzlich darüber gelacht. Natürlich macht Herr Geisel sich einfach nur lächerlich, wenn er sich in dieser Pose auf Zehenspitzen neben Herrn Elbers stellt. Das zeugt nicht von Selbstbewusstsein, das er aber sonst immer gern zur Schau stellen möchte, wenn er so tut, als wüsste er über alles in unserer Stadt Bescheid. Eigentlich ein Armutszeugnis. Zudem bin ich der Meinung, dass es völlig irrelevant ist, ob der Bürgermeister Kinder hat oder nicht — mit diesem Thema hat sich übrigens bereits Doris Schröder-Köpf den Mund verbrannt, als sie die Kinderlosigkeit von Frau Merkel herabgewürdigt hat. Ob jemand Kinder hat oder nicht, ist reine Privatsache und hat im Wahlkampf nichts zu suchen.

Joachim Reinhardt (193 cm lang), Köln: In Köln gibt es ein Sprichwort: Was die Großen (Langen) mit dem Körper machen, müssen die Kleinen (Kurzen) mit der Schnauze machen. Und dazu gehört natürlich auch ein Recken, Schuheinlagen etc. Komisch, dass die Kurzen immer größer sein wollen, ich vermute, dass sie Minderwertigkeitskomplexe haben. Dies habe ich in fast 70 Lebensjahren festgestellt. Siehe Rühmann, Chaplin etc. Im vorliegenden Fall einfach lächerlich, das Verhalten von Herrn Geisel. Was die Leute sich einbilden, was sie alles machen könnten, hier OB zu sein — Überheblichkeit ist angesagt.

Barbara Gärtner: Die (innere) Größe hätte ich Herrn Elbers gar nicht zugetraut, sich mit seinem Herausforderer fotografieren zu lassen. Aber er traut sich, da er ja weiß, dass er wenigstens äußerlich größer ist!

Das rechte Foto zeigt wahrlich eine sehr witzige Perspektive und regt zum Schmunzeln an. Aber warum meinen Sie, dass Herr Geisel bei knapp 30 cm Größenunterschied gleich eine halbe Portion ist? Nahezu jeder/jede im öffentlichen Leben der Stadt (Sie selbst vermutlich und zum Beispiel auch all unsere japanischen Mitbürger) müssten dann, äußerlich betrachtet, als ebensolche bezeichnet werden. Zum linken Foto: Sie haben es falsch interpretiert! Soeben hat Herr Elbers sein Jackett geschlossen; um seine Körperfläche optisch zu verkleinern! Ich komme noch einmal zum Fotomotiv "Herr Geisel auf Zehenspitzen". Woher nehmen Sie die Erkenntnis, dass es sich um unfreiwillige Komik und nicht um bewusst herbeigeführte, lockere Situationskomik handelt? Ich denke, Herr Geisel wusste vorher, dass er kleiner ist als der OB und dass das alle auch ohne Beweisfoto sehen würden. Auch ich bin kleiner als Herr Elbers und habe keinesfalls das Gefühl, ich müsse einen "Nachteil ausgleichen" und ich hätte deswegen auch — selbst wenn ich mal neben ihm stehen müsste — keine Komplexe.

Angelika Löffelsend, Düsseldorf:

Sie nennen es abgefeimt, wenn Herr Geisel auf seine Kinderschar hinweist, weil Herr Elbers kinderlos ist. Wie würden Sie denn Ihre Kolumne betiteln, die vor Häme und Bosheit nur so strotzt? Sie reduzieren den Herausforderer auf seine körperliche Größe. Ich weiß kaum etwas über Herrn Geisel, aber solch würdelose Verunglimpfung eines Menschen ist niveaulos. Nun ja, Napoleon! Dann sollte sich Herr Elbers mal warm anziehen.

Renate Lohscheller, Düsseldorf: Dass es in der Politik nicht immer nur um Inhalte geht, hat sich mittlerweile herumgesprochen. Dass es aber bei den beiden Anwärtern auf den OB-Sessel in Düsseldorf neuerdings wohl in erster Linie um die körperliche Physis geht, hat jetzt die RP in der obigen Kolumne eindrucksvoll herausgearbeitet. Ein FDP-Ratsherr schoss dann noch mit seinem Handy "das Foto der Woche", auf das in Düsseldorf lange gewartet wurde. Kurze Frage: Woher weiß der Autor das? "Dirk Elbers ließ sich spontan mit seinem Herausforderer fotografieren" — klingt ja ganz toll, als ob Thomas Geisel gar nicht gefragt worden wäre. Die anschließende einseitige negative Kritik an dem SPD-Kandidaten (als ob es beim amtierenden OB keine gäbe: Beispiel: "wer sich Düsseldorf nicht leisten kann, soll wegziehen") zeigt die absolute Ausgewogenheit und die Qualität des Beitrages.

Michael Markowiak: Da haben Sie ein sehr gelungenes Bild und einen klugen Text kombiniert, der eine merkwürdige menschliche Thematik aufgreift. Trotz allen Geredes über Kompetenz, Erfahrung usw. scheint "Körperliche Größe" im Direktvergleich als Erfolgsfaktor. Was Thomas Geisel im Vergleich zu Dirk Elbers prompt zu einer typischen "Kleinmännerreaktion" verleitet: sich größer und breiter machen, als er ist. Womit er sich selbst der Lächerlichkeit preisgibt. Kleine Männer können überzeugen. Mit Kompetenz, Gelassenheit und daraus gewachsener Selbstsicherheit. Aber nicht dadurch, dass sie sich bei einem Foto auf die Zehenspitzen stellen. So beflügeln sie nur die Mär von zu kurz geratenen Ehrgeizlingen, die im täglichen Umgang problematisch sind, weil da jederzeit der "Hier, ich"-Geltungsgedanke hochkocht. Kann ich mir so ein Urteil erlauben? Ja, ich kann. Weil ich zwei Meter Nullacht groß bin und diese "Größendebatte" aus einer ganz eigenen Perspektive sehe. Die nicht überlegen, sondern nachdenklich ist. Die meistgehörte Drohung meines Lebens war "Dich brech ich in der Mitte durch". Was ja eine Menge zum Denken über ,Größe' und ,Kleinheit' hergibt.

Herzliche Grüße und nochmals Dank dafür, dass Sie die ,Kleinmännerthematik' so behutsam und trotzdem klar angerissen haben.

(RP)
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