Düsseldorf In zehn Minuten zum Traumjob

Düsseldorf · 180 Unternehmen sind zum Speed-Dating der IHK gekommen, um potenzielle Auszubildende zu finden. Ein deutlich größeres Aufgebot als noch im vergangenen Jahr. Das zeige die Not der Unternehmen, Fachkräfte zu finden.

 Benjamin Weitz befragte für die Cocktailbar Sausalitos die interessierten Bewerber.

Benjamin Weitz befragte für die Cocktailbar Sausalitos die interessierten Bewerber.

Foto: Bretz Andreas

Eine Gruppe Jugendlicher wartet angespannt in der Vorhalle auf ihren Auftritt. Zehn Minuten Zeit haben sie, um ihr Gegenüber von sich zu überzeugen. Ob das eigene Talent ausreicht? Diese Situation stammt nicht aus einer Casting-Show im Fernsehen, sondern ist ein moderner Weg zur Bewältigung des Fachkräftemangels. Beim Azubi-Speed-Dating in der Stadthalle brachte die Industrie- und Handelskammer (IHK) lokale Unternehmen mit potenziellen Auszubildenden zusammen. Dabei zeigte sich, dass guter Wille noch lange nicht genug ist.

 Für den Elektronik-Dienstleister Coronex suchten Mareike Seggewiße und Dieter Funke nach geeigneten Auszubildenden.

Für den Elektronik-Dienstleister Coronex suchten Mareike Seggewiße und Dieter Funke nach geeigneten Auszubildenden.

Foto: Bretz Andreas

Fünf Stunden sprachen Vertreter der 180 ausstellenden Unternehmen mit den angereisten Kandidaten - ein deutlich größeres Aufgebot als noch im vergangenen Jahr. "Das zeigt auch die Not der Unternehmen, Fachkräfte zu gewinnen", sagte Ulla Backes von der IHK. Gleichzeitig beobachteten viele Aussteller eine geringere Anzahl an Interessenten, da durch die große Zahl an ausgeschriebenen Stellen viele schon vorher einen Ausbildungsplatz ergattert haben. Denn das Azubi-Speed-Dating ist keine Veranstaltung zur Berufsorientierung. Stattdessen geht es darum, kurzfristig noch für dieses Jahr Ausbildungsplätze zu vermitteln.

 Manuel Vizza und Annika Pieck sprachen am Stand des Technologiekonzerns Jenoptik mit Bewerbern.

Manuel Vizza und Annika Pieck sprachen am Stand des Technologiekonzerns Jenoptik mit Bewerbern.

Foto: Bretz Andreas

Ohnehin hat sich nach Beobachtung von Ulla Backes das Bewerbungsverfahren im digitalen Zeitalter gewandelt. "Alles läuft heute viel schneller", berichtete sie. Langatmige Ausschreibungen über ein Jahr vor Ausbildungsbeginn würden immer seltener, stattdessen seien Unternehmen immer häufiger bereit, auch kurzfristig Leute einzustellen. Das Credo dahinter: Lieber lange auf den richtigen Kandidaten warten, als sich zu schnell für den falschen zu entscheiden. Zehn Minuten bekam nun jeder interessierte Teilnehmer Zeit, um seinen potenziellen Ausbilder vom eigenen Talent zu überzeugen. Danach gab es - wie bei einem Casting im Fernsehen - im besten Fall eine Karte zum "Recall", also eine Einladung zu einem erneuten Bewerbungsgespräch.

Das Fazit der ausstellenden Unternehmen fiel durchwachsen aus. Das lag jedoch nicht an der Organisation der Veranstaltung, sondern mehr an der Qualität der Bewerber. Im Schnitt wurde nur jeder fünfte Interessent zu einem weiteren Bewerbungsgespräch eingeladen. Die Gründe für das Scheitern der übrigen waren vielfältig. Einer davon war mangelndes Wissen. "Vielen Bewerbern fehlen die Grundlagen", berichtete Manuel Vizza von Jenoptik in Monheim. Viele hätten sich auch mit schlechten Schulleistungen in Mathe beworben - für eine Ausbildung als Elektriker oder Fachinformatiker keine gute Voraussetzung. Auch bei einem kurzen Wissenstest zu mathematischen Grundlagen hätten viele nur mäßig abgeschnitten. Der Elektronik-Dienstleister Coronex aus Ratingen beobachtete zudem eine mangelnde Vorbereitung. "Viele haben sich mit den angebotenen Berufen sowie dem Unternehmen nicht auseinandergesetzt", sagte Mareike Seggewiße. Ein ähnliches Fazit zog auch Benjamin Weitz von der Cocktailbar Sausalitos. So manche Bewerber hätten falsche Vorstellungen von der Tätigkeit. "Manchmal werde ich gefragt, ob man in der Bar auch am Wochenende arbeiten müsse", erzählte er.

Dennoch fanden die Aussteller auch einige geeignete Kandidaten, mit denen im besten Fall bald ein Ausbildungsvertrag unterzeichnet werden kann. Das Fazit ist somit durchaus gemischt. "Ich komme auf jeden Fall gerne wieder zum Azubi-Speed-Dating", sagte Weitz.

(RP)
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