Düsseldorf will nachts kassieren Pläne fürs das freie Parken polarisieren

Düsseldorf · Der Vorschlag der Stadtspitze, mehr kostenpflichtige Parkzonen einzuführen und auch nachts Gebühren zu erheben, ist umstritten. Auch die Partner der Ampel-Kooperation setzen unterschiedliche Akzente.

 Auf der Münsterstraße weisen Parkschilder darauf hin, dass Anwohner nur bis neun Uhr am Morgen ohne Parkscheibe dort parken dürfen.

Auf der Münsterstraße weisen Parkschilder darauf hin, dass Anwohner nur bis neun Uhr am Morgen ohne Parkscheibe dort parken dürfen.

Foto: Anne Orthen (ort)/Orthen, Anne (ort)

Der am Dienstag präsentierte Vorschlag der Verwaltung, dem freien Parken im Straßenraum den Kampf anzusagen, sorgt für eine kontroverse Debatte. So soll es in dicht besiedelten Vierteln mehr kostenpflichtige Parkschein-Zonen geben, damit Anwohner besser einen Parkplatz finden. In dem Konzept wird für die City sowie eine Reihe weiterer Viertel wie Oberkassel, Unterrath und Kaiserswerth auch eine 24-Stunden-Bewirtschaftung vorgeschlagen. Dann würden auch in der Nacht Gebühren fällig. Gleichzeitig gibt es mehr Anwohnerparkgebiete.

Der Rathaus-Chef Thomas Geisel steht hinter dem Konzept. „Der öffentliche Straßenraum ist ein knappes Gut und knappe Güter haben ihren Preis. Es kann keinen Anspruch geben, diesen Raum unentgeltlich zu nutzen“, sagt der Oberbürgermeister. Wichtig sei, dass das Konzept zur Parkraumbewirtschaftung Unterschiede zwischen der City und den urbanen Vierteln darum herum sowie zwischen Kern- und Randzeiten ausdrücklich vorsehe.

Der Handel „Wir sollten die zahlreichen Gäste, die am Abend in Oberkassel in eine tolle Kneipe oder ein schönes Restaurant gehen, nicht vergraulen“, sagt dagegen Birgit Neisser, Vorsitzende der Händlergemeinschaft in Oberkassel. Das jetzige Konzept mit gebührenpflichtigen Plätzen an der Luegallee und Parkscheiben-Zonen in den Seitenstraßen hält sie für ausreichend. Künftig auch nachts Geld zu nehmen, diene doch nur dazu, das Stadtsäckel zu füllen.“ Dieser Punkt des Konzepts sei „eine Unverschämtheit“. Der Vorstoß der Verwaltung würde auch vielen Oberbilkern bei der Suche nach einem Parkplatz helfen. Aber nur den Anwohnern. Jürgen Grünitz, Vorsitzender der Werbegemeinschaft „Erlebniseinkauf Oberbilk“, fürchtet Nachteile für den Handel, „ich habe kein gutes Gefühl dabei“.

Die Liberalen Kritik kommt auch aus den Reihen der Ampel-Kooperation im Rathaus. „Der Oberbürgermeister geht hier in gutem Populismus voran, in dem er die Besitzer eines Anwohnerparkausweises glauben machen will, dass sie demnächst leichter einen Stellplatz finden“, sagt FDP-Fraktionschef Manfred Neuenhaus. Dass eine 24-Stunden-Bewirtschaftung dieses Ziel erreicht, bezweifelt er. „Parkraum wird in diesen Vierteln so oder so ein hart umkämpftes knappes Gut bleiben. Man muss aufpassen, dass man mit dieser Mangelware nicht anfängt, Geschäfte zu machen und das Ganze bei den Bürgern am Ende als Abzocke ankommt.“ Eine Änderung der Parkraum-Bewirtschaftung schließt er nicht aus, „aber das soll jede einzelne Bezirksvertretung vor Ort in eigener Kompetenz entscheiden.“

SPD und Grüne Anders sieht das Grünen-Fraktionschef Norbert Czwerwinski. „Die Grund-Erwartung, öffentlichen Straßenraum umsonst nutzen zu dürfen, ist falsch. Wer seine Verwandten in einem bestimmten Viertel besuchen will und mit der Straßenbahn dorthin fährt, würde schließlich auch für sein Ticket bezahlen.“ Andere Städte wie das schwarz-grün regierte Stuttgart seien bei der Parkraumpolitik schon deutlich weiter. Dass in vielen dicht bewohnten Vierteln Parkgaragen leer stünden, weil im öffentlichen Raum die Stellplätze immer noch kostenfrei seien, zeige doch den Handlungsbedarf. Dass schätzt der Vorsitzende des Verkehrsausschusses Martin Volkenrath (SPD) ähnlich ein. „Außerdem brauchen wir dringend Lösungen, damit Anwohner nicht jeden Abend vier Runden um den Block drehen müssen, nur um am Ende doch noch verboten in der zweiten Reihe zu stehen. Wir handeln hier im Sinne dieser Menschen.“

Die CDU Andreas Hartnigk, Vize-Chef der CDU-Fraktion, warnt davor, den öffentlichen Parkraum zu 100 Prozent zu bewirtschaften. „Wir müssen differenzieren: Was in Flughafen-Nähe oder am Mercedes-Werk Sinn macht, kann nicht einfach auf andere Stadtteile und Wohnquartiere übertragen werden.“ Wer seine Eltern in einem anderem Viertel abends mit dem Auto besuche, „will dafür nicht ein paar Euro pro Stunde in einen Automaten werfen müssen. Das ist eine Bevormundung der Bürger“.

Die Basis Stefan Golißa, Bezirksbürgermeister im nördlichen Stadtbezirk 5, ist sehr erstaunt, dass die Verwaltung nun neue Bewohnerparkzonen einführen will. Er glaubt nicht, dass wegen Parkgebühren Pendler auf andere Verkehrsmittel umsteigen. „Kein Pendler wird deswegen zu Fuß oder mit dem Fahrrad zur Arbeit kommen, so funktioniert das nicht.“ Große Hoffnungen in das Konzept setzt dagegen Hans Hemmerden. Er wohnt an der Korveyer Straße, die wie so viele Straßen im Gebiet unter dem Schicht-Betrieb des Mercedes-Werks leidet. „Das ist das, was wir uns seit Jahren gewünscht haben“, sagt er. Vor allem in den Abendstunden. Eine Ausweitung der Parkscheiben-Regelung auf 24 Stunden „würde eine deutliche Erleichterung für die Unterrather und Derendorfer bedeuten“.

Wirtschaft In der Wirtschaft sind die Reaktionen gespalten. Andreas Ehlert, Präsident der Handwerkskammer: „Die autofeindliche Politik der Stadt geht weiter. Man muss Sorge haben, dass Unternehmen noch erfolgreich arbeiten und auch Kunden und Mitarbeiter ihre Ziele erreichen.“ Das Handwerk registriere diese weitere Beschränkungsmaßnahme mit Sorge. Dem schließt sich auch die Kreishandwerkerschaft an. IHK-Hauptgeschäftsführer Gregor Berghausen meint dagegen: „In der Mobilitätspartnerschaft haben wir uns darauf verständigt, dass etwas passieren muss. Parkgebühren werden die Attraktivität Düsseldorfs nicht schmälern, sind aber ein geeignetes Instrument, um frei verfügbare Stellplätze effizient zu bewirtschaften. Das gilt insbesondere für frei verfügbare Parkplätze rund um den Flughafen.“ Wünschenswert sei darüber hinaus, dass Parkgebühren in enger Abstimmung mit den benachbarten Betrieben eingeführt werden, um Engpässe in den Unternehmen zu vermeiden.

Andere Städte In Berlin gibt es ein ausgeklügeltes Konzept mit 44 Parkzonen, teils muss bis Mitternacht gezahlt werden. In Köln ist es ähnlich. Dort muss man in einigen Innenstadtbereichen bis 21 Uhr drei Euro pro Stunde zahlen, rund um die Lanxess-Arena ist das Parken bis 23 Uhr gebührenpflichtig. Es gibt aber auch Bereiche in der City, wo das 24-Stunden-Parkticket vier Euro kostet.

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