Wohnen in der Landeshauptstadt In Düsseldorf explodieren die Immobilienpreise

Düsseldorf · Während anderswo Straßenzüge leerstehen und verfallen, schießen in Düsseldorf die Preise für Wohneigentum in schwindelerregende Höhen. Der Anstieg hat breite Bevölkerungsschichten abgehängt.

Übersicht: Das kosten Grundstücke und Immobilien in Düsseldorf
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Foto: Martin Gerten/tmn

Während anderswo Straßenzüge leerstehen und verfallen, schießen in Düsseldorf die Preise für Wohneigentum in schwindelerregende Höhen.
Der Anstieg hat breite Bevölkerungsschichten abgehängt.

"Es ist so traurig, dass wir wegziehen müssen", sagt Marion R.. "Gestern ist der neue Eigentümer durch unsere Wohnung spaziert: Das wird sein neues Wohnzimmer, hat er gesagt". Die Familie hat die Kündigung für ihre Mietwohnung in der Tasche und zieht fort. Das ganze Mehrfamilienhaus in Düsseldorf-Unterbilk wird entmietet, weil ein kinderloser Manager aus der Chemie-Branche es zu seinem privaten "Townhouse" umbauen lässt.

An immer mehr Häusern des Stadtteils prangt nur noch ein Klingelschild, wo vorher vier oder fünf Haushalte Platz hatten.
Wohneigentum ist in der Landeshauptstadt in weiten Bereichen auch für Gutverdiener nicht mehr erschwinglich, die Preise explodieren, die Verdrängung ist in vollem Gange.

War eine 100-Quadratmeter-Wohnung in einem Wohn-Hochhaus in guter Lage vor acht Jahren mit 400.000 Euro schon nicht billig, hat sie sich im Nachhinein als wahres Schnäppchen entpuppt: Inzwischen sind eine Million Euro für die Zwei-Zimmer-Wohnung aufgerufen - 10.000 Euro pro Quadratmeter wurden bislang nur in den exklusivsten Wohnstraßen Deutschlands gezahlt.

Es geht noch teurer: Für 50 neue Wohnungen am Rande der Altstadt wurden bis zu 14.000 Euro pro Quadratmeter gefordert - gezahlt wurde sogar noch deutlich mehr, ist zu hören. Zu den Preisen auf Manhattan-Niveau gibt es dafür nun - wie in New York - den hauseigenen Concierge-Service.

"Ich habe privat vor sechs Jahren im Stadtteil Golzheim gekauft - seither hat sich der Preis dort verdoppelt", berichtet Thomas Glodek vom Immobilien-Platzhirschen Aengevelt. Besonders begehrt sind Wohnungen ab 100 Quadratmeter Größe in rheinnahen Vierteln. "Da ist die Entwicklung explosionsartig."

Aber auch einige Stadtviertel abseits des Rheins sind inzwischen Millionären vorbehalten: "Mit 600.000 Euro brauchen sie im Zooviertel gar nicht anfangen, ein Haus zu suchen."

Die Preisspirale dreht sich auch als Folge der städtischen Baupolitik. "Es ist viel zu wenig gebaut worden. In den vergangenen zehn Jahren sind jedes Jahr weniger als 1000 Wohnungen fertig geworden", sagt Glodek.

Der Wohnungsbau lahmt. "Die Bau-Fertigstellungen gehen in Düsseldorf sogar zurück", warnt Silke Gottschalk vom Deutschen Mieterbund NRW. "Die Stadt droht zu einem Reichen-Ghetto zu werden.
Sie muss dringend prüfen, wie mehr gebaut werden kann." Während die Einwohnerzahl Münchens schon auf 1,4 Millionen gewachsen ist, liegt sie in Düsseldorf immer noch unterhalb von 600.000 Einwohnern. In den 1960er Jahren waren es über 700.000.

Gegen die wenigen Bauprojekte gehen inzwischen sogar Demonstranten auf die Straße, denn die geforderten Summen klingen für Otto Normalverdiener wie blanker Hohn.

Die Preise lassen inzwischen auch Besserverdiener verzweifeln, denn der Ausweg ins günstigere Umland ist verstopft. 300.000 Pendler täglich machen die Zufahrtstraßen zu Nadelöhren. "Als wir vor acht Jahren nebenan in Neuss gebaut haben, habe ich 25 Minuten zur Arbeit nach Düsseldorf gebraucht, inzwischen ist es über eine Stunde", berichtet eine Verlagskauffrau.

So wird die Landeshauptstadt zur Käseglocke, unter der sich der Preisdruck staut, während nahe gelegene Städte nicht profitieren, sondern über Preisverfall und Einwohnerrückgang klagen. Hohe Spritpreise und lange Fahrtzeiten, aber auch die beitragsfreien Kindergärten beflügeln die Wohnraum-Nachfrage in der Landeshauptstadt und den Trend zurück in die Stadt.

Die niedrigen Zinsen und die Währungskrise mit der Flucht ins "Betongold" haben den Preisauftrieb abermals angefacht.
Der Markt für Wohnraum wird mit Geld regelrecht geflutet: 1,3 Milliarden Euro sind im vergangenen Jahr in Düsseldorf für Wohnungen ausgegeben worden - 71 Prozent mehr als im Vorjahr und damit absoluter Rekord, berichtet Aengevelt.

Der Stadtrat hat reagiert: Künftig sollen bei Bauprojekten 20 Prozent Sozialwohnungen und 20 weitere Prozent mit einem Mietlimit von 8,50 Euro pro Quadratmeter gebaut werden. Aber Experten befürchten, dass dies die Baukonjunktur erst recht abwürgen könnte:
Bei den aktuellen Grundstückspreisen und den kostentreibenden Auflagen für Neubauten seien solche Vorgaben nur in Randbereichen der Stadt zu realisieren.

(dpa/ila/anch/top)
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