Georg Lingnau Und Gisela Maßop In der Fastenzeit das Leben sortieren
Düsseldorf · 20 Geistliche Begleiter bieten persönliche Gespräche an. Mit der Aktion Fasten-Coach will die Kirche neue Akzente setzen.
Eine persönliche Beratung für eine individuelle Gestaltung der Fastenzeit bieten Seelsorger der katholischen Stadtkirche an. Über die neue Aktion sprach RP-Redakteur Michael Brockerhoff mit Georg Lingnau und Gisela Maßop vom Vorbereitungsteam.
Sie stellen sich als Berater zur Verfügung. Ist Fasten ohne Anleitung unmöglich geworden?
Maßop Es ist auf jeden Fall schwierig, den tieferen Sinn der Fastenzeit zu erkennen. Fastenzeit ist für viele negativ besetzt, sie denken an Einschränkungen und Verzicht. Fastenzeit hat aber einen positiven Aspekt — man kann über einen längeren Zeitraum hin überlegen, was man aus seinem Leben machen könnte.
Lingnau Anleitungen oder gar Vorschriften für solche Überlegungen zu geben, ist wenig sinnvoll. Die Seelsorger wollen vielmehr Begleiter und Berater sein.
Was können positive Aspekte für das Leben sein?
Maßop Die Fastenzeit kann bewusst genutzt werden, um sich mit sich selbst auseinanderzusetzen und sich zu überlegen, wofür man sich einsetzen will, um aus dem normalen Trott hinauszukommen. Auch wie Beziehungen zu anderen gestaltet werden, kann überdacht werden.
Aschermittwoch gibt es Gottesdienste, in denen ein Aschenkreuz auf die Stirn gezeichnet wird mit dem Hinweis: "Gedenke, dass du Staub bist". Warum stützen Sie ihre Fastenaktion nicht auf solche Gottesdienste?
Maßop Die Gottesdienste zu Aschermittwoch werden von einer geringen Zahl der Christen besucht. Deshalb ist es nicht realitätsnah, allein auf Gottesdienste zu setzen. Die Kirche kann nicht auf die Menschen warten, sondern muss neue Wege gehen, muss sich überlegen, wie sie Menschen zeigen kann, dass sie Hilfe bekommen können. Christen sind überzeugt, dass Gott will, dass das Leben des Menschen gelingt. Kirche kann helfen, den Weg zu einem gelungenen Leben zu erkennen.
Lingnau Die Tradition des Aschermittwochs, auf die Endlichkeit des Menschen zu schauen, beschreibt nur einen Aspekt. Die Fastenzeit soll ja auch auf Ostern, das Fest des Lebens, vorbereiten.
Warum sind persönliche Gespräche wichtig?
Lingnau Ich selbst habe oft die Erfahrung gemacht, dass Gedanken und Überlegungen klarer werden, wenn sie ausgesprochen und erörtert werden. Diesen Vorteil bietet eine persönliche Begleitung.
Maßop In einem Gespräch bekommt man auch Distanz zu sich, zu Problemen oder zur Routine des Alltags. Das hilft, die Lebensführung zu betrachten und sich neue Ziele zu setzen.
Wie sieht die persönliche Begleitung aus?
Lingnau Zehn Seelsorgerinnen und zehn Seelsorger stehen für ein persönliches Gespräch zur Verfügung. Es sind nicht nur Theologen, sondern auch Lehrer, Unternehmer oder Architekten, die zu ehrenamtlichen Geistlichen Begleitern ausgebildet worden sind. Wer Interesse hat, kann sich aus dem Team einen Gesprächspartner aussuchen und über das Stadtdekanat mit ihm Kontakt aufnehmen. In der Regel kann dann ein etwa einstündiges Gespräch an einem Ort nach Wunsch vereinbart werden. Weitere Gespräche sind denkbar, etwa in der Mitte der Fastenzeit oder als eine Art Bilanz nach Ostern. Aber das ist den Gesprächspartnern überlassen.
Im Flyer zu der Aktion sprechen Sie davon, das Leben zu sortieren. Was bedeutet das?
Maßop Die Abläufe im Alltag haben sich oft eingespielt, alles läuft in gewohnten Gleisen. Es lohnt, sich zu fragen, ob das Gewohnte befriedigend ist, ob die Beziehungen in der Familie und zu Freunden stimmen oder neu gesehen werden sollen, ob die Balance zwischen Ruhe und Arbeit in Ordnung ist oder ob Spielräume, die es gibt, sinnvoll genutzt werden. Vielleicht wollen sich Menschen neu orientieren.
Lingnau Ich denke beim Sortieren an Frühjahrsputz. Da wird aus den Schränken alles ausgeräumt. Oft werden die Sachen wieder an den alten Platz gestellt, aber man fragt sich auch, ob Dinge aussortiert werden oder ob sie aus der hintersten Ecke wieder nach vorne geholt werden. Auf ähnliche Weise kann eine Zwischenbilanz über das Leben gezogen werden.