Düsseldorf In 15 Tagen mit dem Rad nach Barcelona

Düsseldorf · Sie wollten es nicht an die große Glocke hängen, haben nur eine Handvoll Menschen eingeweiht in ihren Plan, mit dem Fahrrad von Gerresheim nach Barcelona zu fahren. Zwei Brüder aus Gerresheim haben im zweiten Anlauf die strapaziöse Tour geschafft und dabei ihre Grenzen ausgelotet.

 Triumph: Der 29-jährige Pino Degiorgio sieht bei Port-La-Nouvelle kurz vor der spanischen Grenze zum ersten Mal das Meer.

Triumph: Der 29-jährige Pino Degiorgio sieht bei Port-La-Nouvelle kurz vor der spanischen Grenze zum ersten Mal das Meer.

Foto: privat

Beim ersten Versuch vor zwei Jahren hatten die Brüder Pino und André Degiorgio kräftig die Werbetrommel gerührt, denn es ging ihnen nicht zuletzt darum, während ihrer Tour Spenden für das Kinderhospiz Regenbogenland zu sammeln. Aber die beiden gebürtigen Gerresheimer mit italienischen Wurzeln kamen nur bis Bonn. Pino wurde in einen Unfall verwickelt, erlitt einen doppelten Armbruch. Aus der Traum von Barcelona.

 Pino (l.) und André Degiorgio sammelten während ihrer Tour Spenden für das Kinderhospiz Regenbogenland.

Pino (l.) und André Degiorgio sammelten während ihrer Tour Spenden für das Kinderhospiz Regenbogenland.

Foto: privat

"Jetzt waren wir besser vorbereitet", sagt André, der nach der Rückkehr aus Spanien noch ein paar Tage Urlaub genießt, während Pino bereits wieder seinen Job als Erzieher angetreten hat. Wichtigste Neuanschaffung vor dem Start: "Ich habe mir ein vernünftiges Rad gekauft und gegen mein 30 Jahre altes Rennrad eingetauscht", erzählt André. Trainiert haben die Brüder im Vorfeld reichlich und auch mit mehr Verstand gepackt. "Es sollte immerhin die Reise unseres Lebens werden. Und zwar dieses Mal wirklich", betont der Singer/Songwriter.

Es hat geklappt, in 15 Tagen haben Pino und André Degiorgio die knapp 1600 Kilometer zurückgelegt. "Aber es war bisweilen eine Qual, wir haben mehrfach daran gedacht, aufzugeben", sagt André. Auf Facebook haben die Gerresheimer eine Art Tagebuch geführt und auch wieder zu Spenden für das Kinderhospiz aufgerufen. "Aus anfangs rund 50 Leuten, die das verfolgten und uns auch Mut zusprachen, wurden schnell mehr als 300. Und die konnten wir ja schlecht enttäuschen", sagt der 30-Jährige. Also bissen sie auf die Zähne, ignorierten die anfänglichen Muskelschmerzen, absolvierten im Schnitt mehr als 100 Kilometer am Tag, ließen sich auch nicht davon aus der Ruhe bringen, dass in Frankreich keiner etwas anderes außer Französisch sprach. Und sie kauften sich einfach ein neues Navi, als das alte ziemlich schnell seinen Geist aufgab.

 André Degiorgio ist auf einer menschenleeren Landstraße unterwegs.

André Degiorgio ist auf einer menschenleeren Landstraße unterwegs.

Foto: privat

"Die Pyrenäen waren natürlich hardcore, aber auch sonst gab es viele Erlebnisse, von denen normalerweise eines ausreichen würde, um zu sagen: Komm', wir nehmen den Zug", berichtet André Degiorgio. Dazu zählte ein wilder bissiger Hund, dem Pino nur haarscharf ausweichen konnte, ebenso wie Durst und Hunger in einem französischen Kaff, in dem stundenlang Siesta gemacht wurde und alle Geschäfte geschlossen hatten. Es gab quasi unpassierbare Schotterwege und Straßen, auf denen es für Radfahrer kaum Möglichkeiten gab, unfallfrei zu fahren. "Einmal sind wir über einen unbefestigten Weg auf ein Feld geraten, dort stand ein Schild: Heute Jagd! Wir haben uns mit erhobenen Händen zurück in die Zivilisation gekämpft."

Die Brüder schliefen in preisgünstigen Hotels und lernten schnell aus ihren Fehlern. "Wir standen plötzlich vor einem Hotel, das in den Sommerferien geschlossen hatte. Das fasst man doch nicht. Also haben wir immer schon mittags unser Quartier für die Nacht telefonisch gebucht." Hitze, Kälte und Sturzregen wechselten sich ab, "doch dann hatten wir auf einmal den Duft des Meeres in der Nase, am Himmel tauchte die erste Möwe auf", erinnert sich André. "Da ist bei uns eine enorme Last abgefallen, ich glaube, ich habe sogar ein paar Tränen vergossen. Ganz ehrlich: Ich habe zwischendurch nicht geglaubt, dass wir es schaffen", sagt der 30-Jährige, für den die nächsten fünf Jahre Schluss ist mit Mammut-Radtouren.

(RP)
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