Nach Tod des Künstlers Immendorffs Kunst: Preise steigen

Düsseldorf · Wenn ein angesehener Künstler stirbt, steigen üblicherweise die Preise seiner Werke. Im Fall Jörg Immendorff hat dieser Prozess bereits in den letzten Jahren seines Lebens eingesetzt. Kunstmarkt-Experte Jörg-Michael Bertz sagt eine weitere Steigerung voraus.

Jörg Immendorff - ein Leben für die Kunst
11 Bilder

Jörg Immendorff - ein Leben für die Kunst

11 Bilder

Düsseldorf Der Kunstmarkt ist so pietätlos wie jeder andere Markt. Hat ein Maler, Bildhauer oder Objektemacher das Zeitliche gesegnet, bedeutet dies: Das Werk ist abgeschlossen, der Nachschub bleibt aus, und die Preise klettern. Noch ist Jörg Immendorff nicht beerdigt, da steigen bei Ebay bereits die Gebote für seine Grafik. Das mag geschmacklos sein, ist aber Bestandteil des Kunstbetriebs.

Der Steigerung im Kleinen wird eine Steigerung im Großen folgen. Recht betrachtet ist sie bereits seit langem im Gange. Der international ausgerichtete "Capital Kunstkompass" verzeichnete in seiner vorigen Ausgabe, 2006, für Immendorff einen Aufstieg von Platz 42 auf Rang 13. Auf der Liste der Aufsteiger nahm der Düsseldorfer sogar den dritten Platz ein. Damit liegt er zwar immer noch weit hinter den deutschen Spitzenreitern - Gerhard Richter (1), Sigmar Polke (3), Rosemarie Trockel (4) und Georg Baselitz (6) -, doch er holte erheblich auf in dieser Liste, deren Punktesystem die Bedeutung eines Künstlers festzustellen sucht.

Jörg-Michael Bertz, von den siebziger Jahren bis 2002 Geschäftsführer von Christie's in Deutschland, dann Vizepräsident von Sotheby's in London und seit drei Jahren freier Kunstberater in Düsseldorf, ist davon überzeugt, dass die Preise für Werke von Immendorff weiter anziehen werden. Vor allem das Frühwerk aus den 60er und 70er Jahren sei sehr begehrt, das Angebot in diesem Bereich dagegen recht gering. Bertz denkt da vor allem an den Zyklus "Café Deutschland" und dessen Umfeld: "Das findet enormen Anklang." Doch auch das Spätwerk rufe auf dem Markt ein lebhaftes Echo hervor.

Zahlreiche Bilder und Skulpturen von Immendorff befinden sich allerdings bereits in festen Händen. Die größte Immendorff-Sammlung ist Bertz zufolge in Duisburg stationiert: im Museum Küppersmühle, Sammlung Grothe.

Ein Blick ins Verzeichnis der Kollektionen, die Arbeiten von Immendorff umfassen, führt vor Augen, dass Immendorffs Kunst vor allem ein deutsches Phänomen ist - aber keineswegs ausschließlich. Werke von ihm befinden sich unter anderem im Kölner Museum Ludwig, im Ludwig-Forum für Internationale Kunst in Aachen, im "museum kunst palast" in Düsseldorf und in der privaten "Sammlung Rheingold"; ebenso aber im Pariser Centre Pompidou, in der National Gallery of Canada, im Gemeentemuseum Den Haag, im Kunsthaus Zürich, im Art Institute of Chicago, in der Londoner Saatchi Gallery und in der Tate Britain, gleichfalls in London.

Angesichts solch stolzer Namen stellt sich die Frage: Wie bedeutend ist Immendorffs Lebenswerk im Vergleich zu demjenigen anderer Künstler? Ulrike Groos, Leiterin der Düsseldorfer Kunsthalle und Expertin für moderne Kunst, stellt Immendorff ohne zu zögern auf eine Stufe mit Gerhard Richter und Georg Baselitz. Dabei blickt sie vor allem auf Immendorffs Werke aus der Zeit von den sechziger bis zu den achtziger Jahren. Besonders beeindruckt zeigt sie sich davon, dass Immendorff bestimmte Motive wie den Affen durch seine Werkphasen hindurch immer wieder verwandte. "Immendorff ist einer der ganz Großen", so fasst sie ihr Urteil zusammen. Im selben Atemzug betont sie die Notwendigkeit, in Düsseldorf eine ähnlich umfangreiche Immendorff-Ausstellung zu arrangieren, wie sie zuletzt in der Neuen Nationalgalerie in Berlin zu sehen war.

Die Immendorff-Schau, die jetzt Düsseldorfs Oberbürgermeister Joachim Erwin unmittelbar nach dem Tod des Künstlers ankündigte, wird von ihrem Konzept her nicht an das Berliner Unternehmen heranreichen. Es handelt sich um eine Retrospektive der Zeichnungen, welche das Düsseldorfer "museum kunst palast" bereits seit Monaten vorbereitet; eine für die Zeit von September bis November dieses Jahres angesetzte Schau in der Graphischen Sammlung des Hauses. Doch wer weiß, vielleicht gibt es ja eines Tages auch in Düsseldorf eine die Gemälde und Skulpturen einbeziehende Retrospektive, einen Blick zurück auf das Lebenswerk - das 20. Jahrhundert, gefiltert durch den Blick eines seiner herausragenden Künstler.

Zuvor ist noch vieles zu klären; zum Beispiel die Frage, wer Immendorffs Nachlass verwaltet. Das Büro des verstorbenen Künstlers teilte uns gestern mit, dass darüber noch nicht entschieden sei.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort