Abschiedsparty vor dem Abriss Im Gänsemarsch über den Tausendfüßler
Düsseldorf · Der Andrang ist riesig, nur langsam geht es voran. Am Wochenende haben zehntausende Düsseldorfer Abschied vom Tausendfüßler genommen. Mit Hammer und Meißel schlugen sich die Bürger Erinnerungsstücke aus der Hochstraße.
Am Aufgang der bisherigen Abfahrtrampe hinter der Johanneskirche am Martin-Luther-Platz herrscht dichtes Gedränge. Vorm Gotteshaus spielt Peter Weisheit mit seiner Band Dixie, aber immer wieder ertönt auch ein dumpfes Klopfen. Mit Hammer und Meißel ausgestattet versuchen die Bürger sich ein Erinnerungsstück aus der mehr als 500 Meter langen Hochstraße zu schlagen. Die letzte Möglichkeit — einen Tag später beginnt der Abriss. Mehr als 30.000 Besucher folgen der Einladung.
Schlag für Schlag, Stein für Stein, dokumentiert Olaf Jüngst mit seiner Frau Bianka den Abschied vom Tausendfüßler. "Ich bin bislang jeden Tag hier über diese Brücke gefahren. Da will ich ein Stück Erinnerung", sagt Jüngst. "Das ist meine Heimatstadt." Gleich mehrfach setzt der Familienvater mit Hammer und Meißel an. "Wir müssen unseren Kindern auch ein Stück mitbringen", erklärt seine Frau Bianka. "Zudem ein Stück für die Mutter meines Mannes. Die ist krank und konnte leider nicht mitkommen."
Klaus Spanke und Beatrix Hacker dagegen haben Tochter Janina direkt mitgenommen. "Das Stück soll auf meinen Schreibtisch", erklärt Janina und hält den etwa zehn Zentimeter großen Steinbrocken, den ihr Vater aus dem Stein geschlagen hat in die Höhe. "Wir sehen das Ganze mit einem lachenden und einem weinenden Auge", sagt Beatrix Hacker. "Es ist schade, dass der Tausendfüßler abgerissen wird, wir freuen uns aber auch auf das, was bald kommt."
Bei der Verabschiedung erklärt Oberbürgermeister Dirk Elbers, dass die Hochstraße dem Verkehr nicht mehr gewachsen: "Sie ist in die Jahre gekommen." Ein moderner Tunnelneubau soll das Monument der Nachkriegsmoderne ersetzen.
Anders sieht das die Bürgerinitiative "Lott stonn", die sich für den Erhalt des Tausendfüßlers einsetzt hat. Zum Abschied verteilen sie hunderte schwarze Luftballons. Um 14 Uhr setzt sich die schwarz gekleidete Gesellschaft in Bewegung. ""Es beginnt etwas Neues, aber es geht auch etwas verloren, das ein halbes Jahrhundert lang das Stadtbild geprägt hat", sagte Frank-Thomas Jaitner von der Bürgerinitiative "Lott Stonn".
Der RP-Online User "Mr. Holle" sandte uns ein Video, von wohl einer der letzten Fahrten über die Hochstraße, hier in Richtung Immermannstraße.