Industrieterrains Düsseldorf-Reisholz IDR – die Hintergründe

Düsseldorf · Das Unternehmen, das jetzt wegen des Streits um Vorstand Heinrich Pröpper in die Schlagzeilen geriet, besitzt und vermarktet mehr Objekte, als es viele ahnen. Unter den Nazis kam es 1940 mehrheitlich an die Stadt, 1951 komplett. Ein Verkauf könnte wegen neuer EU-Richtlinien sinnvoll sein.

Dies ist nur eine Auswahl der bekannteren Bauwerke in der Stadt, die der IDR entweder gehören oder von ihr maßgeblich mit geplant wurden.

Dies ist nur eine Auswahl der bekannteren Bauwerke in der Stadt, die der IDR entweder gehören oder von ihr maßgeblich mit geplant wurden.

Foto: DPA/IDR AG

Seit Jahrzehnten taucht bei großen Bauprojekten unter der Regie der Stadt Düsseldorf das Kürzel IDR immer wieder auf. Wer und was steckt dahinter, was macht diese Firma, wo kommt sie her? Zur Zeit ist sie im Gerede, weil ihr Vorstand Heinrich Pröpper wegen unkorrekter Spesenabrechnungen ins Visier der Staatsanwaltschaft geriet und entlassen werden soll. Kommenden Mittwoch gibt es dazu eine außerplanmäßige Sitzung des Aufsichtsrates.

Wann, von wem und warum wurde die IDR gegründet?

1898 gründete Hermann Heye die IDR in Düsseldorf Reisholz. Der Sohn des Glashütten-Eigners wollte damit Gewerbe-Grundstücke seines Unternehmens ("Industrieterrains") vermarkten.

Wie kam sie in den Besitz der Stadt?

Unter dem Einfluss der Nazis wurden 1940 bereits 80 Prozent der Aktien übernommen. Es gibt Interpreten der Historie, die glauben, dass man das damals tat, um nach dem Krieg ein Unternehmen in der Hand zu haben, das Düsseldorf nach Vorstellung der Nazis aus- und umbauen würde. 1951 wurden der Stadt die restlichen 20 Prozent angeboten, und man griff zu.

Warum wollte die Stadt die Firma haben?

Weil man ein eigenes Unternehmen brauchte, um Projekte der Stadt zu realisieren. Beispielsweise wurde die neue Messe in Stockum Anfang der 70er Jahre bereits von der IDR gebaut, auf einem Grundstück der Stadt. Finanziert wurde das Projekt in Teilen aus Grundstücken, die der IDR gehört hatten.

Wieso ist die Firma eine Aktiengesellschaft?

Die GmbH, für Firmen heute weite verbreitet, wurde erst Ende des 19. Jahrhunderts eingeführt und war im Gründungsjahr kaum verbreitet. Daher wählten die Gründer die AG. Die Aktien werden aber nicht an der Börse gehandelt.

Welche Rolle spielte sie in jüngster Zeit bei Düsseldorfer Projekten?

Eine große. Ein paar Beispiele: Die IDR baute in den 80er Jahren den Rheinturm und er gehört ihr heute noch. Es gibt zahlreiche Gewerbebauten, verteilt übers gesamte Stadtgebiet, die der IDR — und damit indirekt der Stadt Düsseldorf - gehören. Den Bau der Arena kontrollierte die IDR seinerzeit, sie wachte über Einhaltung der Baukosten und der Termine. Außerdem baute die IDR den ISS Dome und das KIT — das Museum Kunst im Tunnel. Derzeit trägt sie die Verantwortung für das Projekt-Management für den Kö-Bogen. Kurz gesagt: Sie liefert ihrer "Mutter", der Stadt Düsseldorf, das Bau-Ingenieur-Knowhow immer dann, wenn es um komplexe Bauvorhaben geht. Vor allem der 2008 verstorbene OB Joachim Erwin bediente sich gern der Kompetenz dieser Firma.

Wieso ist plötzlich von einem Verkauf der IDR die Rede?

Das hängt mit neuen EU-Richtlinien zum Vergaberecht zusammen. Kommunen dürfen Aufträge nur dann an eigene Tochterunternehmen vergeben, wenn die über 90 Prozent ihres Umsatzes "in house", also mit stadteigenen Aufträgen machen — sozusagen wie eine Behörde agieren. Bei der IDR ist das aber nicht so, denn sie arbeitet zu einem großen Teil wie ein anderes privatwirtschaftliches Unternehmen auch. Um aber sicherer und verlässlicher Partner der Stadt zu bleiben, gründete man die Tochtergesellschaft IDR Project Management, die die Aufträge von der Stadt erhält und aufgrund ihrer Struktur den Vorgaben des neuen EU-Rechts entspricht. Mit anderen Worten: Wenn die Stadt ihre Aufträge an diese Firma (sozusagen eine Tochter der Tochter, also die Enkelin der Stadt) vergibt, muss sie nicht europaweit ausschreiben. Dieses Konstrukt wird von Juristen bei der Stadt mit Skepsis gesehen, man glaubt nicht, dass es auf Dauer Bestand hat. Sollte dies eintreten, also das europaweite Ausschreibungsrecht für die Stadt gelten, kann die IDR künftig die Aufträge der Stadt nicht mehr ohne Weiteres realisieren — sie wäre sinnlos geworden, man könnte sie verkaufen. Derzeit wird das im Rathaus geprüft.

(RP/url)
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