K 20 und K 21 Ideen für Düsseldorfs Museen

Düsseldorf · Marion Ackermann (43), ab 1. September Leiterin von K 20 und K 21 in Düsseldorf, will vieles verändern: Die Trennung zwischen beiden Häusern soll fallen, Gegenwartskunst und klassische Moderne sollen sich mischen, und es soll Platz auch für kurzfristig anberaumte Ausstellungen entstehen.

 Marion Ackermann wird neue Direktorin des K 20 und K 21.

Marion Ackermann wird neue Direktorin des K 20 und K 21.

Foto: RP, Andreas Bretz

Ein Gang mit Marion Ackermann durchs Kunstmuseum Stuttgart, das sie noch bis Ende August leitet, lässt bereits erahnen, was ihren künftigen Ausstellungshäusern in Düsseldorf bevorsteht. Nicht nur weil dort schon verwirklicht ist, was in ähnlicher Form auch das K 20, das K 21 und die demnächst gleichfalls zur Kunstsammlung NRW zählenden ehemaligen Räume der Galerie Schmela ereilen könnte.

Sondern auch, weil Marion Ackermann bei der Erklärung ihres Hauses Begeisterung verströmt. Ob in Bildern oder in Worten: Überall lauern Überraschungen. Und ein Brückenschlag zwischen Stuttgart und Düsseldorf ergibt sich zuweilen elegant von selbst — nicht nur, weil hier wie dort Otto Dix hoch in Ehren steht.

Da hat zum Beispiel die junge Düsseldorfer Künstlerin Luka Fineisen eine "Flutung" inszeniert: eine über 100 Quadratmeter große Installation aus Zellophan, welche die letzten, ins Untergeschoss führenden Treppenstufen unter sich begräbt, so dass den Passanten nur ein schmaler Gang zwischen Skulptur und Geländer bleibt. Das stille Spektakel ist Teil der Ausstellungsreihe "Frischzelle", mit der Marion Ackermann zwei bis drei Mal pro Jahr ihr Haus belebt — ohne großen zeitlichen Vorlauf: "Drei Monate vorher wissen wir oft noch nicht, was wir machen."

In dem neuen, gläsernen Kubus mitten in der Stuttgarter Innenstadt steht der Direktorin reichlich Platz zur Verfügung: 2000 Quadratmeter, so viel also, wie K 20 am Düsseldorfer Grabbeplatz nach der derzeitigen Erweiterung umfassen wird. Marion Ackermann warnt allerdings vor voreiligen Schlüssen: Nicht alles, was in Stuttgart gut sei, komme auch für Düsseldorf in Frage.

Immerhin aber kann sie sich vorstellen, eine Durchmischung von klassischer Moderne mit Gegenwartskunst auch am Rhein einzuführen — ähnlich wie sie Gemälden von Fritz Winter eine strukturell verwandte Skulptur von Wolfgang Flad gegenübergestellt hat. Denn Marion Ackermann weiß: Manche heutzutage schwer vermittelbaren Werke der klassischen oder der Nachkriegs-Moderne lassen sich mit einem solchen Kunstgriff mühelos in die Gegenwart holen.

Wenn Marion Ackermann von Vermittlung spricht, denkt sie nicht zuerst an Führungen, in denen die Ismen des 20. Jahrhunderts an den Hörern vorüberrauschen. Sie wirbt lieber außerhalb des Museums für Kunst, wie in diesen Tagen vor einem kleinen evangelischen Kreis in Stuttgart, und vertraut darauf, dass im Museum selbst der Funke von allein auf die Besucher überspringt — ein Funke der Freude; darauf legt die Museums-Chefin Wert.

Als wir sie unverhofft fragen, worin der Sinn eines Museums bestehe, verdunkelt sich vorübergehend ihre bis dahin so heitere Miene, und sie schaut drein wie ihrer Beobachtung zufolge die draußen auf der Königstraße flanierenden Stuttgarter: mit herabgezogenen Mundwinkeln. Solche Fragen mag sie gar nicht, "bei denen man dann in drei Sätzen etwas sagen soll".

Immerhin dies: Ein Museum soll das geistige Zentrum einer Stadt sein, es soll Maßstäbe vermitteln, es soll seine Besucher politisch oder ästhetisch aufrütteln, soll auch Wissen weitergeben — und ganz wichtig: Euphorie sollte einen überfallen beim Anblick eines Kunstwerks. Und ein Museum sollte eine so starke Anziehungskraft ausüben, dass die Besucher immer wieder kommen, um sich erneut ein Glückserlebnis zu verschaffen.

Und dann gibt es da ein paar Herzensangelegenheiten der künftigen Düsseldorfer Museums-Direktorin: Die Werke von Julius Bissier (1893—1965) sollen durch eine Ausstellung aus ihrem Schattendasein im Bestand des K 20 erlöst werden. Und Kinder und Jugendliche sollen verstärkt fürs Museum gewonnen werden.

Wie man so etwas anstellt, dazu hält das Stuttgarter Museum ein Beispiel bereit: Graffitis hinter einer Skulptur von Duane Hanson, die Sprayer aus der Stuttgarter Szene dort auf Einladung hinterlassen haben. Kinder wiederum haben bereits Filme im Museum gedreht.

Das alles sind Aktionen, aber es ist um Himmels willen kein Aktionismus. Davon distanziert sich Marion Ackermann immer wieder. In allen Bereichen ist Qualität ihr höchstes Kriterium.

Einen Künstler, der für sie in Düsseldorf eine große Rolle spielen wird, sucht man in ihrer Sammlung vergebens: Joseph Beuys (1921—1986). Allerdings bietet die Staatsgalerie Stuttgart, wenige hundert Meter vom Kunstmuseum entfernt, repräsentative Beispiele seines Werks, darunter die aus Flaschen und Elektrokabeln bestehende, oft zitierte "Kreuzigung".

Wie steht Marion Ackermann zu Beuys, diesem Titanen der Kunst des 20. Jahrhunderts, der in der Sammlung von K 20 durch bedeutende Werke aus der einstigen Sammlung Ulbricht vertreten ist? Die Spannung zwischen Moderne und "Antimoderne" — das ist es, was Marion Ackermann an Beuys gefangen nimmt. Einerseits war Beuys ein Revolutionär, ohne den zum Beispiel die italienische "arte povera" kaum denkbar wäre; andererseits wurzelt sein Denken im Irrationalen: in der Romantik, der Theosophie, der Anthroposophie. Die Beuys-Ausstellung im Düsseldorfer Quadriennale-Jahr 2010 wird dann wohl auch Ackermanns Handschrift tragen.

Auf die Frage nach einer Lieblingsausstellung antwortet Marion Ackermann nach einigem Zögern: Kandinsky. Kein Wunder, über ihn hat sie ihre Doktorarbeit verfasst, und das Museum K 20 verfügt über einige ausgezeichnete Werke. Aber noch etwas fällt ihr als Wunsch ein: eine große Ausstellung von Zeichnungen. Ob das geht in einem auf Meisterwerke der Malerei spezialisierten Haus? Wird sich zeigen. Jedenfalls geht mit Sicherheit mehr, als man sich dort bislang vorstellen mochte.

(RP)
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