Sibylle Bramer Und Philipp Meseck "Ich wollte einfach König sein"

Düsseldorf · Sie sind eine Seltenheit im Schützenwesen: Sibylle Bramer war ein Jahr lang Regimentskönigin in Niederkassel, Philipp Meseck ist gerade aus dem Jungschützen-Alter raus und schoss jetzt mit 22 Jahren in Lörick den Vogel ab. Eine Begegnung

 Linksrheinische Majestäten: Sybille Bramer und Philipp Meseck

Linksrheinische Majestäten: Sybille Bramer und Philipp Meseck

Foto: Bretz, Andreas (abr)

Biertrinken, Schießen und Paraden — mehr hat es doch mit dem Schützenbrauchtum nicht auf sich, oder?

Philipp Meseck Für mich sind die Schützen Gemeinschaft. Ich treffe meine Freunde und Familie, weil die meisten mit dabei sind. Und schießen, das mache ich eigentlich nur einmal im Jahr auf unserem Schützenfest. Sibylle Bramer Mir geht es besonders um das Miteinander und darum, die Tradition aufrechtzuerhalten. Aber diese Klischees ärgern mich schon manchmal, weil sie überhaupt nicht der Wirklichkeit entsprechen.

Apropos Klischees: Der typische Schütze ist männlich, Mitte 50 und trägt fast immer einen Bart — wie passen Sie da rein?

Bramer Das mit dem Alter trifft zwar bei uns zu, aber wenn ich mir typische Schützen vorstelle, sehe ich meine Familie und meine Freunde — und da trägt niemand einen Bart. Unser Verein ist bunt gemischt: Es gibt immer mehr Frauen und viele Jungschützen. Meseck In Lörick sieht das ähnlich aus. Bei uns sind gerade die Mädels zwischen 14 und 18 Jahren auf dem Vormarsch. Wer mitmacht, erlebt es selbst.

Sie sind Könige. Was bedeutet das?

bramer Gerade als erste Königin in Niederkassel war es besonders spannend. Vor allem am Anfang hatten mein Mann und ich Bedenken, wie das bei den anderen Vereinen ankommt. Aber blöde Sprüche blieben aus. Für mich hat sich damit ein Kindheitstraum erfüllt, ich wollte damals schon schöne Kleider und ein Krönchen tragen. Meseck Gut, die Kleider und das Krönchen haben mich jetzt nicht so gereizt. Ich wollte einfach König sein. Meine Schwester war auch schon mit 24 Jahren Begleiterin des Schützenkönigs. Wenn man so jung ist wie ich, erlebt man die Amtszeit ganz anders, deshalb habe ich mich bewusst dafür entschieden. Anders fühle ich mich aber nicht — ich war auch schon Jungschützenkönig.

Gewand und Zepter — was braucht ein König?

Bramer Eigentlich habe ich mir nur drei Kleider gekauft. Obwohl, zwei kamen jetzt noch fürs Schützenfest dazu. Also waren es doch fünf Ballkleider. Meseck Ich brauche nur einen schwarzen Anzug. Aber Hofstaat, Plakette und Residenz gehören ebenso zum Königsein dazu. Es macht Spaß, das alles auszusuchen, und weil ich mich nicht entscheiden kann, besteht mein Hofstaat jetzt aus elf Paaren.

Wird man als König arm?

Bramer Naja, von dem Geld, das wir in dem Jahr ausgegeben haben, hätte die ganze Familie drei Wochen in die Karibik fliegen können. Aber wer es nicht stemmen kann, der tritt gar nicht erst zum Schuss an. Von der Karibik hätten wir nur drei Wochen was gehabt, so hatten wir ein ganzes Jahr. Meseck Ausgegeben habe ich nach einer Woche Amtszeit noch nicht viel. Durch meine Schwester weiß ich aber, was auf mich zukommt.

Wie reagieren Freunde und Familie auf das Amt? Stoßen Sie auch auf Unverständnis?

meseck Bei mir haben sich alle gefreut, auch wenn sie mit Schützen nichts anfangen können. Jeder hat sein Hobby. Bereits jetzt machen sich meine Freunde schon den Spaß daraus, mich in E-Mails nur noch mit "Hi König" oder "Eure Majestät" anzuschreiben. Bramer Die meisten meiner Freunde sind ohnehin im Schützenverein und haben sich für mich gefreut. Und wer es nicht tut, gehört nicht zu meinen engen Freunden.

Gibt es Verhaltensregeln für einen König?

bramer Eigentlich nicht. Aber es gibt Dinge, vor denen man sich am liebsten drücken möchte. Am Dienstag muss ich meine Abschiedsrede halten, und da bekomme ich jetzt schon Schweißausbrüche. Meseck Ich glaube, diese Rede lasse ich einfach weg.

Frau Bramer, an welche Momente erinnern Sie sich gern, und vor welchen Herausforderungen standen Sie während Ihrer Amtszeit?

Bramer Es waren alles tolle Momente. Gerade bei anderen Schützenfesten wurden wir immer sehr herzlich empfangen. Der Höhepunkt steht noch aus, wenn morgen unsere Parade durch Niederkassel zieht. Die größte Herausforderung war der Tag der Königin, und den haben meine Kompanie und ich organisiert.

Herr Meseck, worauf freuen Sie sich?

Meseck Ich bin gespannt auf die anderen Schützenfeste, vor allem auf das in Niederkassel. Da kommt mein halber Hofstaat her, wir sind also sehr eng verknüpft.

Schon einmal haben Sie Treffsicherheit bewiesen. Würden Sie es wieder tun?

Bramer Ja, ich würde es wieder tun. Und obwohl ich dem letzten Tag der Amtszeit mit Tränen in den Augen entgegenblicke, freue ich mich auf eine Pause und darauf, aus dem ganzen Stress herauszukommen. Meseck Schon nach einer Woche kann ich sagen: Ich bereue nichts.

LAURA IHME UND NICOLE SCHARFETTER FÜHRTEN DAS GESPRÄCH.

(lai/esc)
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