Interview mit Gerhard Weber "Ich will den Modestandort festigen"

Düsseldorf · Gerhard Weber, Vorstandsvorsitzender der Gerry Weber International AG, hat mit seinen Showroom-Hallen 29 und 30 den Düsseldorfer Stadtteil Derendorf als Adresse für Modemarken etablibert. Auf dem früheren Gefängnis-Areal Ulmer Höh' möchte er weiter expandieren.

 „Düsseldorf ist eine meiner Lieblingsstädte“, sagt Gerhard Weber. Sein Unternehmen - Gerry Weber International - schreibt Rekordzahlen.

„Düsseldorf ist eine meiner Lieblingsstädte“, sagt Gerhard Weber. Sein Unternehmen - Gerry Weber International - schreibt Rekordzahlen.

Foto: Gerry Weber

Herr Weber, mit Ihren Showroom-Projekten Halle 29 und 30 auf dem Ex-Rheinmetall-Gelände sind Sie bei Mode der wichtigste Investor in Düsseldorf. Was reizt Sie an der Stadt?

Weber Unser Unternehmen, das 40 Jahre alt wird, ist seit sicherlich 35 Jahren in Düsseldorf präsent — lange Zeit auf der Modemesse CPD, seit einigen Jahren mit unseren eigenen Projekten. Ich schätze Düsseldorf aber auch außerhalb der Messe- und Orderzeiten. Sie ist eine meiner Lieblingsstädte, mit einem sehr interessanten Kulturangebot und nur zwei Stunden von unserem Firmensitz im westfälischen Halle entfernt. Mir gefällt auch, dass sich Düsseldorf entwickelt.

Sie meinen den Bau der U-Bahn Wehrhahn-Linie und des Kö-Bogens in der Innenstadt?

Weber Genau. Die Baustellen sind im Moment ein Einschnitt für den Einzelhandel in der Umgebung. Auch wir spüren das in unserer Filiale an der Schadowstraße. Aber wenn der Verkehr erst einmal unter der Erde ist, wird es umso schöner.

Sie erwähnten die Modemesse, die einst die weltweit größte war. Die es aber jetzt erstmals nicht mehr gibt. Weshalb sind Sie damals von der Messe weggegangen?

Weber Wir hatten einen 1500 Quadratmeter großen Stand. Den aufzubauen dauerte Tage. Die Winter-CPD folgte stets direkt auf die "boot". Die Zeit war knapp. Während noch die letzten Schiffe herausgefahren wurden, mussten wir schon aufbauen. Einmal haben wir mit 20 Tiefladern vor der Halle gewartet, dass wir rein durften. Das war unerträglich und kostete viel Geld. Der Aufwand für drei Tage war einfach zu hoch, der Messe-Auftritt nicht mehr zeitgemäß. Unsere Kunden wollen auch zu anderen Zeiten ordern und das in moderner, ruhiger Atmosphäre.

Sie bauten schließlich Ihren eigenen Showroom ...

Weber Da war diese Rheinmetall-Halle aus dem Jahr 1916, von außen hässlich, aber von innen optimal. Das hatte mich gereizt. Sie wurde zur Halle 29.

Die Nachfrage war enorm, die Fläche schnell vermietet. Sie bauten nebenan die Halle 30, sie war ebenfalls lange vor der Eröffnung ausgebucht ...

Weber Das ist richtig. Wir haben nur noch das Problem mit Parkplätzen. Vor der Halle 29 haben wir 140 Stellplätze, in der Tiefgarage unter der Halle 30 sind es 290. Doch das reicht nicht aus. Deshalb haben wir jetzt eine Fläche für 500 Parkplätze am Mörsenbroicher Ei angemietet und lassen von dort einen Shuttle-Bus pendeln.

Ihre schon traditionelle Party zur Hoch-Orderphase findet diesmal auf dem Areal der ehemaligen Justizvollzugsanstalt Ulmer Höh' statt. Das Gelände grenzt unmittelbar an Ihre Halle 29 und wird derzeit für die neue Nutzung geplant. Kommt dort die Halle 31?

Weber Es ist so, dass die Rückseite der Halle 29 bisher ans Gefängnis grenzte und deshalb hässlich ist. Auf dem Gelände ist Wohnbebauung geplant, die würde ohnehin nur 20 Meter von der Wand entfernt gebaut werden können. Mein Vorschlag ist deshalb, dort eine transparent gestaltete Halle von 11 000 bis 15 000 Quadratmetern Nutzfläche anzubauen. Wir sind in ersten Gesprächen mit der Stadt und haben auch schon Pläne vorgelegt.

Und die Jailhouse-Party wird ein Vorgeschmack?

Weber Die Ulmer Höh' ist eine tolle Location. Ich war ja logischerweise nicht drin, bevor das Gefängnis ausgezogen ist. Ich bin erst spät drauf gekommen.

Funktioniert der Modestandort Düsseldorf auch ohne die Leitmesse CPD?

Weber Da bin ich ganz sicher. Man kann es jetzt schon erkennen. Nach Düsseldorf kommen seit langem viele Einkäufer aus dem Ausland — in die Showrooms, also unabhängig von der Messe. Viele reisen aus Russland oder aus China an. Bei unseren Marken — das sind Gerry Weber, Taifun, Samoon by Gerry Weber und Gerry Weber Edition — haben wir im Jahr sieben Orderzeiten mit je drei Farbthemen. Mit den neuen Schwerpunkt-Terminen wie jetzt Ende Juli, auf die sich alle Beteiligten in Düsseldorf geeinigt haben, müssen die Einkäufer aus dem Ausland nur noch dreimal kommen und können gleich vier bis fünf Kollektionen ordern.

An Düsseldorf führt also für die Facheinkäufer kein Weg vorbei?

Weber So ist es. Unsere Hallen 29 und 30 machen 27 000 Quadratmeter Showroom-Fläche aus. Um uns herum in Derendorf sind es in Double-U, Lighthouse sowie an der Rather Straße etwa 100 Showroom-Mieter, im Fashion Square mit Schwerpunkt Kaiserswerther Straße und Hafen kommen weitere 170, im Fashion House etwa 150 hinzu. Insgesamt sind es also stadtweit 1200 Showrooms mit etwa 100 000 Quadratmetern Fläche. So eine Anhäufung gibt es sonst in keiner anderen Stadt.

Berlin ist also keine Konkurrenz?

Weber Berlin hat sicherlich einen Hype und viele Modenschauen. Geordert wird dort aber nicht in dem Maße wie in Düsseldorf.

Fehlt hier nicht doch der Glamour?

Weber Es wäre natürlich gut, wenn hier mehr passieren würde. Daran arbeite ich persönlich auch mit.

Ihre Marken und die in den meisten Derendorfer Showrooms liegen eher im mittleren Preissegment. Aus dem Umfeld der hochpreisigen Marken an der Kaiserswerther Straße ist die Sorge zu hören, dass die Derendorfer den Modestandort beherrschen. Berechtigt?

Weber Das ist absoluter Blödsinn. Wir wollen nichts beherrschen, sondern den Standort so festigen, dass er auch ohne Messe wichtig bleibt. Dazu gehören alle Beteiligten. Natürlich wollen wir die Unternehmerstadt in Derendorf weiter entwickeln. Ich könnte mir vorstellen, in ein paar Jahren einen Raum für Modenschauen zu bieten. Der könnte auch für das hochpreisige Segment offen sein.

Ihre Kunden, darunter auch Kaufhäuser, hätten gerne einen früheren Termin für die Orderrunde. Für die Luxus-Marken ist das ausgeschlossen, weil die Kollektionen noch nicht fertig sind. Ist der jetzige Termin gesetzt?

Weber Alle haben sich jetzt darauf geeinigt. Wir hätten auch einen früheren hinbekommen, aber es macht keinen Sinn, vorzupreschen, ohne die anderen Beteiligten mitzunehmen. Man sollte im Leben natürlich niemals nie sagen.

Haben die Ordertage einen Namen?

Weber Darüber denken wir auch nach. Die Kunden sprechen nach wie vor von der CPD (Collection Premiere Düsseldorf, Anm. d. Red.). Auch wenn es die Messe nicht mehr gibt, ist der Name geläufig. Warum sollte man einen neuen einführen?

Auch in Krisenzeiten macht Ihr Unternehmen Rekordzahlen. Ihr Gewinn ist um 19 Prozent gestiegen, gerade verbuchte die Gerry Weber AG an der Börse ein Allzeithoch. Was ist das Geheimnis Ihres Erfolgs?

Weber Wir haben alle Kollektionen unter einem Dach. Dadurch bündeln wir die Kapazitäten der einzelnen Kreativabteilungen. Wir geben für unsere Kollektionen sehr viel aus, lassen uns in der ganzen Welt inspirieren. Jedes Teil wird auf Herz und Nieren geprüft. Vor einigen Jahren haben wir die Kollektionen um etwa 80 Prozent verkleinert. Wir haben zudem eine hohe Zahl an Kreativen in den Bereichen Technik und Design. Und fast 80 Prozent unserer Mitarbeiter sind Frauen.

Bauen Sie auch deshalb in Halle einen anspruchsvollen Betriebskindergarten?

Weber Ja. Es sind ein ehemaliger Bauern-Kotten und ein Neubau mit sechs Gruppenräumen. Highlights sind eine Abenteuerscheune, ein Streichelzoo, eine Bobbycar-Rennbahn und Gemüsebeete. Denn die Kinder wissen heute gar nicht mehr, wie Gemüse wächst. Die Wand zur Küche ist verglast, damit man beim Kochen zusehen kann. Es ist eine Vorzeige-Kita. Ich habe das sofort zur Chefsache gemacht.

Auch die Zentrale haben Sie umgebaut ...

Weber Wir haben so viele Wände wie möglich herausgerissen. Jetzt ist die Bürofläche nahezu komplett offen. Die Mitarbeiter unterhalten sich wieder persönlich. Vorher lief vieles über E-Mails. Das ist eine völlig andere Arbeitswelt geworden.

Und was machen Sie, wenn Sie nicht gerade arbeiten oder umbauen?

Weber Ich spiele leidenschaftlich gerne Golf, stehe deshalb jeden Morgen um 4.30 Uhr auf. Um 5.10 Uhr ist Abschlag.

Wie viel Schlaf brauchen Sie?

Weber Sechs Stunden sollen es schon sein. Ich gehe also diszipliniert abends um 22 Uhr ins Bett.

(RP/ila)
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