"Selfmade Records" statt "Aggro Berlin" Hip-Hop mit Hirn

Düsseldorf · Das Label "Selfmade Records" will die Dominanz von "Aggro Berlin" auf dem Rap-Markt durchbrechen. Gründer Elvir Omerbegovic versucht das mit talentierten Künstlern, innovativen Konzepten - und ironischen Texten.

 Elvir Omerbegovic spielte früher Basketball in der Bundesliga, heute hat er sein eigenes Musik-Label.

Elvir Omerbegovic spielte früher Basketball in der Bundesliga, heute hat er sein eigenes Musik-Label.

Foto: RP, T. Busskamp

Düsseldorf Begeisternde Auftritte beim Hip-Hop-Festival "Splash!" Anfang Juli. Mehr als 150 000 Klicks auf das aktuelle Musikvideo bei YouTube, allein im ersten Monat. Rotation auf MTV und Viva. Doch was sich liest wie die Vita eines etablierten Rap-Acts, ist in Wirklichkeit ein Überblick über die jüngsten Erfolge eines kleinen, aber feinen Düsseldorfer Hip-Hop-Labels. Mit Künstlern wie Favorite, Kollegah und Shiml hat sich "Selfmade Records" schnell einen Namen in der Szene gemacht - und ist auf dem Wege, sich zu einer ernsthaften Konkurrenz für Platzhirsche wie "Aggro Berlin" zu mausern.

"Wir verfolgen unsere ganz eigene Philosophie, abseits von dumpfem Battle-Rap", sagt Elvir Omerbegovic, der "Selfmade Records" vor drei Jahren gründete. Der Name war von Anfang an Programm: ",Selfmade Records' steht zum einen für einen Aufstieg aus eigener Kraft", erläutert der 28-Jährige. "Unsere Künstler haben sich allesamt durch Talent, nicht durch Vitamin B nach oben gekämpft." Zum anderen zeige der Name, dass "wir alles selbst machen, ohne eine Plattenfirma im Rücken, die uns etwa bei den Texten oder den Images der Künstler reinredet." Eine kurzzeitige Kooperation mit der Rap-Sparte von Sony BMG sei daher auch schnell wieder aufgelöst worden.

Das Konzept, junge, talentierte und individuelle Künstler unter Vertrag zu nehmen, sei bisher voll aufgegangen, sagt Omerbegovic, der unter dem Pseudonym "Slick One" auch selbst rappt. Favorite etwa werde von einigen bereits als der deutsche Eminem bezeichnet: "Er wuchs als Waisenkind auf und hat viel zu erzählen", sagt Omerbegovic respektvoll. Shiml sei geradezu ein "Lyriker", um Kollegah mit seinem "intelligenten Boss-Rap" gebe es zur Zeit den größten Hype im gesamten deutschen Hip-Hop.

Das ABC des Genres beherrschen sie alle, mitsamt seiner Posen und Accessoires, von der Bomberjacke über das Fäkalvokabular bis hin zum "Dissen" von Konkurrenten. Jedoch verstehen es die "Selfmade"-Künstler, selbstironisch mit diesen Symbolen umzugehen - und ihren Texten bisweilen eine geistige Tiefe zu verleihen, die in Rapkreisen sonst eher ungewöhnlich ist. "Mich sprechen manchmal Germanistikstudenten an, wo wir denn unsere Wortsalven her haben", sagt Omerbegovic lachend, der selbst an seinem Master in Politischer Kommunikation arbeitet. Ferner kooperiert "Selfmade Records" mit dem Label "Trottoirpoesie", mit dem es sogar die Büroräume teilt. "Die Jungs kreieren mit musikalisch unterlegter Straßenpoesie gerade einen ganz neuen Musikstil", so der gebürtige Mettmanner. "Und natürlich beeinflussen wir uns gegenseitig." Verschiedenste Musikstile, von jugoslawischen Volksliedern bis hin zu "The Prodigy", werden gesampelt, Hausproducer Rizbo, der bereits Bushidos "Endgegner" produzierte, sorgt für zusätzliche Kompetenz. "Hier bringt jeder seine Stärken ein, wie in einer Sportmannschaft", sagt Omerbegovic, der früher in der Basketball-Bundesliga spielte.

Mit "Chronik I", dem ersten Sampler des Labels mit Tracks aller Künstler, will die Crew nun für weitere Furore sorgen. Darauf enthalten ist auch "Weg nach oben", das zur Zeit das Internetportal YouTube aufmischt. Im Herbst folgt dann eine große Tour durch Deutschland, Österreich und die Schweiz.

(RP)
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