Hightech-Matratze in der Uniklinik Düsseldorf Frühchen Lotta fühlt sich auch im Brutkasten geborgen

Düsseldorf · Eine Hightech-Matratze auf der Kinderintensivstation der Düsseldorfer Uniklinik simuliert Herzschlag und Atmung der Eltern. So können sich Frühchen wie Lotta selbst im Inkubator sicher und geborgen fühlen und sich auch körperlich besser entwickeln.

 Die körperliche Trennung ist eine schwierige Zeit für Lotta und ihre Mutter Jessica. Über die Hightech-Liege kann das Frühchen aber den Herzschlag und die Atemfrequenz seiner Mutter hören und spüren. Die Gel-Matratze bewegt sich im Rhythmus der Mutter auf und ab.

Die körperliche Trennung ist eine schwierige Zeit für Lotta und ihre Mutter Jessica. Über die Hightech-Liege kann das Frühchen aber den Herzschlag und die Atemfrequenz seiner Mutter hören und spüren. Die Gel-Matratze bewegt sich im Rhythmus der Mutter auf und ab.

Foto: Universitätsklinikum Düsseldorf/ UKD)

Für Lotta fühlt es sich gerade an, als ob sie auf der Brust oder dem Bauch von Mutter Jessica liegt. Sie spürt und hört die Atmung und die Herzschläge ihrer Mutter und fühlt sich sicher und geborgen. Tatsächlich aber steht Mutter Jessica neben ihr, sind Mutter und Tochter getrennt durch einen Brutkasten. Nur ihre Hand kann Mutter Jessica für einen kurzen Moment durch die Öffnung strecken und ihrer Tochter sanft über den Kopf streicheln.

Denn Lotta kam wie Zwillingsschwester Emma viel zu früh auf die Welt. Anfang Juli wurden die Mädchen drei Monate vor errechnetem Geburtstermin im Kreißsaal der Uniklinik entbunden, mit einem Gewicht von gerade einmal 800 Gramm. Seitdem müssen sie in Brutkästen liegen, um außerhalb des Mutterleibes überleben zu können.

An der Kinderklinik ist man spezialisiert auf die Behandlung von Frühchen wie Lotta und Emma und mit der Frauenklinik als Perinatalzentrum Level 1 zertifiziert, was die höchste Qualitätsstufe in der Versorgung bedeutet. Um die Betreuung der noch nicht voll entwickelten Babys zu verbessern, kommt dort nun eine neue Technik zum Einsatz: die bionische Hightech-Gelmatratze des Stuttgarter Start-ups Babybe, das für seine Erfindung mit dem „Innovationspreis Mittelstand 2018“ ausgezeichnet wurde und das Projekt mit der Techniker Krankenkasse auf den Weg gebracht hat.

Das Besondere: In der künstlichen und abgeschotteten Welt des Inkubators kann einem Frühchen so das Gefühl von Körpernähe und elterlicher Geborgenheit vermittelt werden, was für die körperliche und geistige Entwicklung des Neugeborenen elementar ist.

Nora Schaal vom Institut für Experimentelle Psychologie und Juliane Tautz von der Kinderintensivstation haben das Projekt an der Düsseldorfer Uniklinik initiiert und dank einer Spende der Anton-Betz-Stiftung der Rheinischen Post umsetzen können. „Nichts geht über das sogenannte ‚Känguruhen‘. Dabei halten Mutter oder Vater das Baby auf der nackten Brust – eben wie im Beutel eines Kängurus. Die Kinder spüren den vertrauten Herzschlag und die Atembewegung der Mutter“, sagt Tautz, Oberärztin im Bereich Neonatologie und Pädiatrische Intensivmedizin der Kinderklinik.

Sehr kleine oder instabile Frühgeborene können dafür aber nicht immer aus den Inkubatoren genommen werden. Gerade bei Zwillingen wie Lotta und Emma, wenn die Mutter von der Entbindung noch zu sehr geschwächt ist oder die Eltern aus anderen Gründen das nicht übernehmen können, kann man nun auf die Matratze zugreifen. Tautz: „Die Technik kann die körperliche Nähe zu den Eltern nicht ersetzen, aber unterstützen und die gleiche Funktion wie das Känguruhen erfüllen.“

Über ein schildkrötenförmiges Gerät, das den Eltern auf den Oberkörper gelegt wird, werden Stimme, Herzschlag, Atmung und Körpergeräusche von Mutter oder Vater aufgezeichnet und per Funk an die Gel-Matratze, auf der das Frühchen liegt, übertragen. Die Matratze im Inkubator hebt und senkt sich dann nach dem Rhythmus, den die Kinder schon aus dem Mutterleib kennen, der sie entspannt und bei ihrer psychosozialen Entwicklung unterstützt. Die Eltern können auch Audios aufnehmen und so ihren Kindern etwas vorsingen oder vorsprechen.

Für Mutter Jessica und ihren Mann, die jeden Tag auf der Kinderintensivstation nach den Töchtern schauen, ist das eine große Erleichterung. „Die beiden haben sechs Monate meinen Herzschlag und meine Atmung gehört und sich gegenseitig gehabt. Jetzt müssen sie in den Inkubatoren erst einmal alleine liegen. Deshalb bin ich sehr froh, dass es hier an der Uniklinik Möglichkeiten gibt, um den Kontakt zwischen uns und Lotta und Emma zu unterstützen“, sagt die Mutter.

Eines Tages werden Lotta und Emma auf Bauch oder Brust der Eltern liegen und sich von den Herzschlägen und Atemzügen sanft wiegen lassen. Bis dahin weiß Mutter Jessica, dass es ihren beiden „Kämpfermädchen“ gut geht. Dass die Hightech-Matratze die Entwicklung von Frühchen positiv unterstützt, zeigen bereits erste Erhebungen einer Studie der Techniker Krankenkasse: Frühchen, die auf der Babybe-Matratze lagen, hatten über 48 Stunden eine regelmäßigere Atmung und nahmen schneller an Gewicht zu.

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