Rotlicht-Affäre in Düsseldorf Heute weitere Verzögerungen im Prozess?

Düsseldorf · Das Landgericht verhandelt seit Montag gegen neun Angeklagte aus dem Rotlichtmilieu. Doch weil es bei der Zustellung der Anklage offenbar Versäumnisse der Justiz gab, kam es zu Verzögerungen. Beobachter gehen davon aus, dass diese mehrere Verhandlungstage andauern werden.

Prozess um Düsseldorfer Bordell-Abzocke gestartet
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Foto: dpa, Rolf Vennenbernd

Einige der Angeklagten verbargen ihr Gesicht am Montag hinter Aktenordnern oder unter Tüchern, andere versteckten sich vor den Kameraobjektiven der Fotografen und Fernsehteams hinter ihren Anwälten. Als der bisher größte Prozess um Serienbetrug an Bordellkunden (angesetzt auf 93 Verhandlungstage bis 2014) vor dem Landgericht begann, war der Publikumsraum mit rund 80 Zuschauern noch dicht besetzt.

Doch zur Verlesung der Anklage mit 27 Einzelfällen und rund 300.000 Euro Gesamtschaden kam es erst gar nicht. Weil die Justiz offenbar versäumt hat, einem der Angeklagten die 638 Seiten der Anklage rechtzeitig zuzustellen und der Vorsitzende Richter Markus Fuchs die Verhandlung dennoch beginnen wollte, hagelte es am Montag Befangenheitsanträge der Verteidiger gegen das Gericht. Nach etlichen Unterbrechungen saßen nachmittags dann nur noch sechs Zuschauer im Saal. Am Dienstag geht es dann ab 14 Uhr weiter.

Als Hauptangeklagter gilt Thomas M. (48). Er war langjähriger Geschäftspartner der (hier nicht angeklagten) Rotlicht-Größe Bert Wollersheim und hatte zuletzt in drei Bordellen an der Rethelstraße und einem Erotik-Hotel in Bahnhofsnähe das Sagen. Als Rädelsführer soll er die mitangeklagten Gesellschafter, Wirtschafter, Servicekräfte und auch Prostituierte von 2010 bis März 2012 angewiesen haben, mit gut betuchten Bordell-Kunden einen besonderen Umgang zu pflegen. Denn laut Anklage sollten jene ausgesuchten Opfer, von denen manche aus dem Ausland stammen, mit Alkohol oder Drogen versorgt - oder notfalls auch gegen ihren Wunsch mit K.-O.-Tropfen außer Gefecht gesetzt worden sein. Zumindest solange, bis Bordellmitarbeiter mittels Bankkarten der betäubten Kunden heimlich deren Konten abgeräumt hatten, so die Staatsanwaltschaft.

Rund 300.000 Euro sollen dadurch und durch erpresste Schuldscheine der gerade wieder aufgewachten Opfer erbeutet worden sein, Abhebungen von weiteren 300.000 Euro von den Kundenkonten sollen misslungen sein. Bis das Landgericht jetzt aber zu solchen Details der Anklage vordringt, könnten noch viele Verhandlungstage verstreichen. So bemängelten einige der insgesamt 18 Strafverteidiger schon zu Prozessbeginn, dass die 10. Große Strafkammer unter Vorsitz von Richter Markus Fuchs trotz formeller Verstöße bei der Zustellung der Anklage einfach verhandeln wollte.

Richter Fuchs stellte diesen ersten Befangenheitsantrag zurück, "zur Vermeidung von rechtsmissbräuchlichem Vorgehen", wie er sagte. Das werteten etliche Verteidiger erneut als Anzeichen einer Befangenheit bei den Richtern, lehnten die komplette Strafkammer daraufhin ab. Zumal der Vorsitzende zunächst nicht einmal eine Prozesspause bewilligen wollte, in der die Anwälte diese Abläufe mit ihren Mandanten hätten beraten können.

"Was hier stattfindet, kann ich meiner Mandantin nicht mal eben so erklären", seufzte einer der Advokaten. Auf Drängen der Verteidigung räumte das Gericht zuletzt dann doch eine große Pause ein - und sah sich anschließend erneut mit einem Befangenheitsantrag konfrontiert. Darin rügten die Anwälte diesmal den Umgang des Vorsitzenden und der Kammer mit den Bedürfnissen der Verteidigung.

Von den Angeklagten kam bisher keiner zu Wort, weder zum persönlichen Werdegang, noch zu den Vorwürfen der Anklage. Beobachter gehen davon, dass die formaljuristischen Scharmützel zwischen Verteidigung und dem Gericht noch mehrere Verhandlungstage andauern.

(wuk)
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