Düsseldorfs Polizeipräsident "Wir dulden keine Rechtsverstöße der Rocker"

Düsseldorf · Seit 100 Tagen ist der Polizeipräsident im Amt. Im Gespräch mit unserer Redaktion erzählt Norbert Wesseler, wie die Polizei künftig gegen Rocker wie die Hells Angels vorgehen will, was er ändern will und wo er die wichtigsten Aufgaben sieht.

Hells Angels in  Düsseldorf: Polizei duldet keine Rechtsverstöße
Foto: salz

Haben Sie schon mal bereut, den Job angenommen zu haben?

Norbert wesseler Nein. Am wenigsten vermisse ich, dass ich nicht mehr so viel auf der Autobahn bin. Natürlich ist Düsseldorf auch eine ganz andere Herausforderung als Dortmund. Schade ist, dass ich nach zwei Jahren in Dortmund gerade alle wichtigen Leute kennengelernt hatte - und jetzt wieder auf Begrüßungstour bin, um mich in Düsseldorf einzuarbeiten.

Zu denen, die Sie schon getroffen haben, gehören auch die Vertreter der Justiz. Haben Sie - wie angekündigt - mehr Tempo und Effizienz gefordert?

Wesseler Ja. Und wir sind uns einig, dass wir noch besser zusammenarbeiten wollen. Ein Beispiel sind beschleunigte Verfahren gegen Fußball-Gewalttäter. Die könnte man nach einer Straftat beim Samstagsspiel in sogenannte Hauptverhandlungshaft nehmen, um sie montags vor Gericht zu stellen. Das erfordert eine gewisse Organisation in allen Behörden, darüber wollen wir künftig bei regelmäßigen Treffen reden.

 Polizeipräsident Norbert Wesseler (54) in der RP-Lokalredaktion. Er war zuvor in gleicher Funktion in Dortmund tätig.

Polizeipräsident Norbert Wesseler (54) in der RP-Lokalredaktion. Er war zuvor in gleicher Funktion in Dortmund tätig.

Foto: Andreas Bretz

Weil Sie sich von einer schnellen Bestrafung auch Abschreckung erhoffen?

Wesseler Ja, sicher. Die Strafe, die auf dem Fuß folgt - das ist eine gute Sache. Wenn so ein Störer das Spiel seines Vereins nicht sehen kann, weil er im Gewahrsam ist, montags nicht zur Arbeit kommt, weil er vor Gericht steht und das auch noch seinem Chef erklären muss - das ist dann schon unangenehm.

Die unmittelbare Konsequenz ist ja auch das Prinzip bei der Bekämpfung der Jugendkriminalität.

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Wesseler Da funktioniert in Düsseldorf die Zusammenarbeit zwischen Polizei, Staatsanwaltschaft und Gericht vorbildlich. Wir haben bei uns ein junges, engagiertes Team im Jugendkommissariat, das beeindruckende Arbeit leistet. Zu den behördenübergreifenden erfolgreichen Verfahren wie "Gelbe Karte" und Fallkonferenzen wollen wir uns nun auch für das Programm des Ministeriums "Kurve kriegen" bewerben, mit dem man auch mal ungewöhnliche Maßnahmen finanziert bekommt.

Die Hells Angels sind gerade in der Altstadt aufmarschiert, zuletzt gab es mehrere Einsätze wegen Rocker-Partys. Wird jetzt auch Düsseldorf Rocker-Hochburg?

wesseler Wir haben in der Vergangenheit schon mehrfach durch gezielte Maßnahmen gegen die Rocker deutlich gemacht, dass Düsseldorf kein attraktiver Standort für jede Art illegaler und rechtswidriger Machenschaften ist und werden dies auch in Zukunft mit gleicher Intensität und Stärke tun. Hierbei arbeiten wir vertrauensvoll mit anderen Verantwortlichen gut zusammen.

Es gibt auch Befürchtungen, jetzt könnten hier die rivalisierenden Bandidos auftreten. Kommt es zu einem Rockerkrieg in Düsseldorf?

Wesseler Wir dulden hier in Düsseldorf keine Rechtsverstöße aus der Rockerszene. Auch nach der Aktion der Rocker vom Wochenende bleibt es bei unserer Bewertung. Wir sehen keine neue Qualität.

Nochmal zurück zum Fußball: Hatten Sie schon Kontakt zur Fortuna?

Wesseler Ja, das Spiel gegen Union Berlin habe ich gleich nach meinem Amtsantritt im Stadion gesehen und war sehr angetan von der professionellen Sicherheitsarbeit. Auch nach meinem Treffen mit dem Vorstand bin ich zufrieden: Dort werden Anregungen der Polizei angenommen und geprüft, das läuft sehr gut.

Worüber haben Sie denn mit dem Vorstand geredet?

Wesseler Unter anderem über den Ausbau der Videoüberwachung in der Arena. Und wir sind uns einig, dass es dem Sport schadet, wenn das Thema Sicherheit wichtiger wird als ein Spiel - wie beim letzten Derby zwischen Schalke und Dortmund.

Das ist aber nicht nur in der Bundesliga so.

Wesseler Richtig. Ich kenne das aus eigener Erfahrung - ich war selbst mal Schiedsrichter - wie schnell es auch in der Kreisklasse und sogar bei Jugendspielen eskalieren kann. Fakt ist, dass 30 Prozent der Arbeit unserer Bereitschaftspolizei bei Fußballeinsätzen geleistet wird. Die würde ich lieber zur Kriminalitätsbekämpfung haben.

Sie hatten mehr Polizeipräsenz zu einem Ihrer Ziele erklärt. Haben Sie da schon Kapazitäten schaffen können?

Wesseler Seit kurzem spart die Polizei landesweit viel Zeit, indem bei Unfällen mit Blechschäden vor Ort nur noch ein Formblatt ausgefüllt wird, das später von Regierungsangestellten weiter bearbeitet wird. Diese Zeit kann die Polizei auf der Straße sinnvoll nutzen. Mehr Präsenz erreichen wir sicher auch durch die Fahrradstaffel, die wir demnächst vorstellen. Und ich würde gern die Telearbeitsmöglichkeiten verbessern. Wenn beispielsweise Mitarbeiter, die nach der Elternzeit auf 20-Stunden gehen, mehr arbeiten können, weil sie keine Fahrzeiten haben, hilft das auch.

Dass Sie mehr Beamte bekommen, erwarten Sie wohl nicht?

Wesseler Ich gehe erst einmal von gleichbleibenden Zuweisungen aus. Dass das Land auf einen Engpass zusteuert, weil in den kommenden Jahren die Zahl der Pensionierungen die der neu Ausgebildeten übersteigen wird, ist bekannt. 2018 werden wir bei gleichbleienden Bedingungen etwa zehn Prozent weniger Polizei haben - darauf müssen wir uns auch in Düsseldorf einstellen.

Wie beurteilen Sie die Video-Beobachtung in der Altstadt?

Wesseler Als ich noch im Ministerium war, habe ich die Genehmigungen dafür selbst geschrieben - Sie können also davon ausgehen, dass ich absolut dahinter stehe. Es ist ein wichtiges Mittel vor allem zur Gefahrenabwehr.

Die Gewerkschaft hätte nun gern auch noch Schulterkameras für die Altstadt-Polizei.

Wesseler Ich weiß noch nicht genug über die angeblichen Erfolge, die die Tests der Polizei in Hessen hatten. Erst mal halte ich das System aber nicht für ausgereift, denke, dass unsere Beamten den Kontakt mit dem Bürger nicht dokumentieren müssen.

Laut Statistik ging die Kriminalität im vorigen Jahr zurück - das entspricht aber nicht dem Sicherheitsempfinden vieler Düsseldorfer.

Wesseler An dieser Diskrepanz sind wir vielleicht sogar selbst schuld, wenn wir etwa mit Präventionsaktionen immer wieder auf die Gefahr von Taschendiebstahl hinweisen. Wir machen's aber trotzdem, weil es wichtig ist. Ich wünsche mir eine Art Ordnungspartnerschaft mit den Bürgern, in der jeder das zur Sicherheit beiträgt, was er kann. Heißt im Fall Taschendiebstahl etwa, dass die Menschen sorgsamer mit ihrem Eigentum umgehen. Es ist aber keineswegs so, dass man Angst haben muss. Düsseldorf ist eine sichere Stadt. Das subjektive Sicherheitsempfinden hoffen wir, durch mehr Präsenz und Ansprechbarkeit zu verstärken.

Stichwort Taschendiebstahl: Wie laufen die Großaktionen, die Sie - ähnlich den Einsätzen gegen Wohnungseinbrecher im Herbst - kürzlich in der City gestartet haben?

Wesseler Wir sind zufrieden, können eine Reihe Festnahmen auf frischer Tat vorweisen. Das werden wir auch fortsetzen, werden den Druck auf die Szene nicht verringern.

Apropos modern: Die Düsseldorfer Polizei hat keine Facebook-Seite.

Wesseler Aber wir sind dran, haben jetzt die Rahmenbedingungen mit dem Ministerium abgestimmt. Ich bin davon überzeugt, dass es ein wichtiges Hilfsmittel ist, um auch neue Zielgruppen zu erreichen. In Dortmund haben wir damit sehr gute Erfahrungen gemacht, etwa mit Verkehrshinweisen bei Großdemos. Entscheidend ist, dass die Seite wirklich 24 Stunden betreut wird. Das haben wir organisiert, ich denke, dass wir in zwei bis drei Wochen starten.

Wie oft sind Sie schon mit Martin Volkenrath (Anmerkung d. Red.: Der SPD-Ordnungspolitiker und Wesseler sehen sich verblüffend ähnlich.) verwechselt worden?

Wesseler (lacht) Eigentich werde ich öfter mit dem Polizeipräsidenten verwechselt. Mein Name ist Martin Volkenrath...

STEFANI GEILHAUSEN UND UWE-JENS RUHNAU FÜHRTEN DAS GESPRÄCH

(RP)
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