Kultkomödie kommt in Düsseldorf erstmals auf die Theaterbühne Heine-Institut ehrt Autor der „Feuerzangenbowle“

Düsseldorf (dto). Zweifellos ist Heinrich Heine der berühmtere literarische Sohn der Stadt. Den breiten Massengeschmack traf jedoch ein anderer: Heinrich Spoerl, dessen bekanntestes Werk, die "Feuerzangenbowle", in der Verfilmung mit Heinz Rühmann noch heute Kultstatus hat. Mit Komödien wie "Der Gasmann", "Der "Maulkorb" und "Wenn wir alle Engel wären" erzielt der spät zum Literaten berufene Jurist zur Zeit des Dritten Reichs Millionenauflagen. Das Heinrich-Heine-Institut ehrt den Autor nun mit einer Ausstellung. Zu sehen sind insgesamt 250 Exponate aus dem Privat- und Berufsleben Spoerls, darunter Manuskripte, Drehbücher, Briefe, Fotos und Filmplakate.

Man nehme 3 Flaschen Rotwein, ½ Flasche Rum, 3 Orangen, Gewürznelken, eine Zimtstange oder Vanilleschote sowie einen Zuckerhut — fertig ist die "Feuerzangenbowle". Ähnlich einfach aber durchschlagend ist das Rezept für den literarischen Erfolg des 1887 in Bilk geborenen Heinrich Spoerls. In seinen im kleinbürgerlichen Milieu spielenden Geschichten erkannten sich viele Leser wieder, sein anekdotenhafter Plauderton, gewürzt mit rheinischem Humor bot Ablenkung von den dramatischen Wirren der Kriegszeit.

Bereits an der Oberrealschule am Fürstenwall hatte der spätere Erfolgsschriftsteller mit seinen Schulfreunden, dem Schauspieler Peter Esser und dem Autor Hans Müller-Schlösser, ein literarisches Lesekränzchen begründet. Sein Erstlingswerk über den Pennäler Pfeiffer brauchte allerdings Geburtshilfe. Die "Düsseldorfer Nachrichten" - damals die größte Zeitung der Stadt - lehnten die Veröffentlichung ab. Erst der "Mittag", eine andere große Zeitung der Stadt, druckte das humorvolle Werk zwischen dem 19. April und 26. Mai 1933 als Fortsetzungsroman. Nachdem Waschkörbe voll begeisterter Briefe die Redaktion erreichten, entschloss sich der Verleger Heinrich Droste, "Die Feuerzangenbowle" als Buch herauszubringen und legte damit den Grundstein des bis heute andauernden Erfolges.

Neben der "Feuerzangenbowle" ist der "Maulkorb" das bekannteste Werk Heinrich Spoerls. Inhalt: Ein Staatsanwalt bindet in völlig betrunkenem Zustand dem Denkmal des Landesherren einen Maulkorb um. Nicht ahnend, dass er der Täter ist, muss er anschließend gegen sich selbst ermitteln. Der finanziell chronisch knappe Spoerl war ein Meister der Mehrfachverwertung und schrieb darum gleich noch eine Hörspiel- und Bühnenfassung sowie ein Drehbuch. Dass ihm die Werktreue sehr am Herzen lag, davon zeugt seine heftige Korrespondenz mit Regisseur Erich Enge, die in Auszügen in der Ausstellung präsentiert wird. Auch auf deutschen Bühnen waren Spoerls Komödien äußerst erfolgreich. Allein der "Maulkorb" wurde Ende der 1930er-Jahre an über 50 Theatern inszeniert, Premiere feierte das Stück kurioserweise in Köln.

Es waren die Verfilmungen seiner Klassiker "Wenn wir alle Engel wären" und "Der Maulkorb", die Spoerls chronische Geldsorgen beendeten und ihn in die Zentrale der Filmindustrie und NS-Macht zogen, nach Berlin. Sein Verhältnis zu den Nationalsozialisten bleibt umstritten. Zwar zeigte er ironische Distanz zu deren Ideologie und war er nie in der NSDAP, aber als Mitglied der Reichsfilmkammer hielt er auch vor Joseph Goebbels einen Vortrag und arrangierte sich offenbar im Interesse seines Erfolgs mehr als überlebensnötig mit dem System.

Mit dem Tod seiner Ehefrau, der Sängerin Gertrud Kebben, im Jahr 1947 erlahmte die Kreativität des Bestseller-Autors, und Sohn Alexander, mit dem er ein Autorenkollektiv gründete, trat mit technischen Sachbüchern ("Mit dem Auto auf du") zunehmend in seine schriftstellerischen Fußstapfen. Spoerl zog sich immer mehr zurück, ohne die Anmut und Selbstsicherheit seiner Frau gewann offenbar die ihm eigene Schüchternheit wieder die Oberhand. Oder wie er selber bei einer der seltenen Lesungen formulierte: "Ich bin kein großer Sprecher, sondern ein stiller Sschreiber".

1955 verstummte der seit 1941 in Bayern lebende Autor, der sich Zeit seines Lebens dem Rheinland verbunden fühlte, endgültig. Seine Erfolgskomödie soll in Düsseldorf allerdings zu neuem Leben erweckt werden. Im November feiert "Die Feuerzangenbowle" Bühnenpremiere in der "Komödie".

Info:
Heinrich Spoerl - Buch - Bühne - Leinwand
19. September bis 7. November
Heinrich-Heine-Institut, Bilker Str. 12-14
Katalog 13,95 Euro

Sonderführungen mit Sektempfang am 9. Oktober, 15 Uhr, und 27. Oktober, 18 Uhr: Eintritt 5 Euro (erm. 3 Euro)

Finissage, 7. November, 15 Uhr:
"Man kann ruhig darüber sprechen", Texte von und über Heinrich Spoerl, gelesen von Anke Kremer (Komödie Düsseldorf), Eintritt 6 Euro (erm. 4 Euro)

Von Maike Schulte

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