DFB-Präsident in Düsseldorf Heimspiel für Wolfgang Niersbach

Düsseldorf · Mehr als eine Stunde plauderte DFB-Präsident Wolfgang Niersbach beim Heimatabend der Jonges aus dem Nähkästchen. Der bekennende Fortuna-Fan erinnert sich besonders gern an seine Zeit als Pressechef der Nationalelf. Beckenbauer konnte auch mal richtig grantig werden.

 „Wer in Fußballstadien randaliert oder Bengalos abbrennt, hat dort nichts verloren“, sagt DFB-Präsident Wolfgang Niersbach.

„Wer in Fußballstadien randaliert oder Bengalos abbrennt, hat dort nichts verloren“, sagt DFB-Präsident Wolfgang Niersbach.

Foto: Hans-Juergen Bauer

Wenn man es ganz genau nimmt, ist Wolfgang Niersbach gar kein echter Düsseldorfer. In Rommerskirchen geboren, zog er im Alter von fünf Jahren mit seiner Familie an die Schillerstraße im Zoo-Viertel. Seit 1988 wohnt er aber jetzt in Frankfurt. Doch die Düsseldorfer Jonges nehmen ihm das nicht krumm. Tosender Applaus im Henkel-Saal, als der Präsident des Deutschen-Fußball-Bundes (DFB) die Bühne im Henkel-Saal betritt.

Dann fallen die Sätze, die man von Wolfgang Niersbach kennt. "Düsseldorf wird meine Heimat bleiben, ich fühle mich immer noch als Düsseldorfer". Man glaubt es ihm aufs Wort. Charmant, witzig, kritisch und ehrlich plaudert der ehemalige Sportjournalist auf der roten Couch drauf los.

Als Junge hatte der heute 61-Jährige eine zwei Meter lange Bambus-Stange zu Hause. "Samstags kam die Fortuna-Fahne dran, und sonntags die der DEG". Sport ist seine Leidenschaft schon seit früher Kindheit. Fortuna-Fan ist er noch heute. Gibt das ein Problem mit seinem Amt? Lässige und in dem Fall goldrichtige Antwort: "Einer meiner Vorgänger als DFB-Präsident, Herr Meyer-Vorfelder, war auch bekennender Stuttgart-Fan, oder?"

Über Fußball zu schreiben hat Niersbach von der Pike auf gelernt. Als Redakteur beim Sportinformationsdienst hat er von Länderspielen der deutschen Nationalmannschaft berichtet. Auf brüchigen Telefonleitungen in Südamerika in letzter Minute die Ergebnisse durchtelefoniert. Laptop und Handy waren noch nicht erfunden.

Irgendwann hat er sich selbst neu erfunden und die Seiten gewechselt: vom Journalisten zum Pressesprecher. Heute sagt er: "Journalisten sind immer schwer wirklich zufrieden zu stellen." So richtig böse meint er das aber nicht. Lange Jahre war er beim DFB für die Pressearbeit verantwortlich und hat alle Spieler gut kennen gelernt. Wenn er anfängt, von der Nationalmannschaft zu erzählen, muss man schon vorher lachen, weil man spürt: Es wird wirklich witzig. Wie die Geschichten von der WM 1990.

Kostprobe: Torwart-Trainer Sepp Maier schnupft als echter Bayer gerne Tabak — die Spieler sorgten dafür, dass er eine große Portion Pfeffer durch die Nase zog. Richtig Pfeffer hatte auch Trainer Franz Beckenbauer. "Der war nicht so ruhig und ausgeglichen, wie das immer rüber kam", sagte Niersbach. Er hat selbst miterlebt, wie der Kaiser aus Wut in der Kabine vor einen Eiskübel trat und dabei noch derbe über die Leistung und das fußballerische Können von Jürgen Klinsmann und Andy Brehme herzog.

Niersbach ist ein guter Imitator, den Akzent von Kaiser Franz hat er gut drauf. Super Stimmung bei den Jonges. Im Karneval hätte er für die Nummer garantiert eine "Rakete" bekommen.

Bengalos raus aus Stadien

Bei Raketen und Feuerwerkskörper im Fußball-Stadion hört für Niersbach der Spaß jedoch auf. Er war dabei, als Fortuna gegen Hertha in der Relegation spielte. Als die Berliner "Fans" schon lange vor dem Ende Bengalos aufs Feld warfen, um möglicherweise einen Spielabbruch zu provozieren. "Der Schiedsrichter hätte das Spiel abbrechen können und es wäre für Fortuna gewertet worden", sagt Niersbach heute. Ganz klar bezieht er Position. "Bengalos haben in Fußball-Stadien nichts verloren." In den Niederlanden habe erst kürzlich ein Besucher eine Hand verloren. Überhaupt nichts übrig hat er auch für Gewalttäter, die bei Fußball-Spielen Angst und Schrecken verbreiten.

Und die Urteile des DFB? Halbe Geisterspiele für Fortuna? Natürlich weiß Niersbach, dass die Fans nicht damit einverstanden sind, das Stadion nur zur Hälfte zu füllen. Aber er bittet die Zuhörer sowie die anwesende Fortuna-Prominenz von Paul Jäger bis Peter Frymuth und Alt-Star Matthes Mauritz um Verständnis für das Urteil des DFB-Sportgerichts.

Niersbach warnt: "Wäre der Platzsturm von Düsseldorf vor ein ordentliches Gericht gekommen, hätte es wahrscheinlich erst 2014 eine Entscheidung gegeben, wer in der ersten oder zweiten Liga spielt." Ähnliches gelte für Ausschreitungen. Niersbach erinnerte an einen Fall in Hamburg, wo ein ordentliches Gericht Rostocker Fans verboten hat, zu einem Fußballspiel anzureisen. Schweres Thema. Genau wie die Frage, ob und wann Deutschland mal wieder Weltmeister wird? 2014 in Brasilien vielleicht? Niersbach legt sich nicht fest: "Es wäre auch keine seriöse Prognose." Immerhin sagt er noch: "Der Titel fehlt uns."

(RP/ila)
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