Kom(m)ödchen Heimspiel für Harald Schmidt

Düsseldorf · 25 Jahre nach seinem ersten Auftritt im Kom(m)ödchen kehrte Harald Schmidt wieder dorthin zurück, um im kleinen Kreis seine alte Klasse zu demonstrieren. Es wurde ein harter Abend für Düsseldorfer und für Oliver Pocher.

Kom(m)ödchen: Heimspiel für Harald Schmidt
Foto: ddp, ddp

Wenn Harald Schmidt ins Kom(m)ödchen kommt, verändert sich etwas in dem ehrwürdigen Kabaretthaus in der Düsseldorfer Altstadt. Dort, wo Zuschauer sonst in letzter Minute ihre Karte abholen, steht schon eine Viertelstunde vor der Show niemand mehr. Dort, wo Gäste sonst noch ein Bier vor der Show trinken, lehnt beim ersten Klingeln keiner mehr. Und dort, wo sonst noch viele murmeln, wenn es dunkel wird, schweigen sofort alle.

Es ist eine der seltenen Gelegenheiten, zu erahnen, wie es war, als Schmidt seine Karriere vor 25 Jahren begann. Kleine Bühne, keine Kameras, kein Pocher — und keine Alternative, denn als Kabarettist steht Schmidt ausschließlich in Düsseldorf auf der Bühne. "Live und exklusiv" heißt das Programm.

Bevor einer auf die Idee kommt, den Zyniker triebe hier Nostalgie oder Sehnsucht an, erklärt Schmidt, weshalb er in der Landeshauptstadt auftritt. "Ich bin hier, um die Frauen abzugreifen, die Udo Jürgens nicht mehr aufs Hotelzimmer lässt", sagt der 51-Jährige, der sein Programm wie eine seiner Late-Night-Shows eröffnet: mit tagesaktuellem Kabarett.

Nach der Landtagswahl in Hessen war es vor allem Michel Friedmans Auftritt bei Anne Will, der es Schmidt angetan hat. Friedman erklärte dort, er finde Doppelmoral in der Politik schrecklich. "Und nächste Woche bei Anne Will: Amy Winehouse — warum ich gegen Drogen bin", kommentiert Schmidt.

Der Düsseldorfer Abend war ein Abend gegen Schmidts Noch-Partner Oliver Pocher. Zwei sind im Fall von Schmidt immer einer zu viel. Schmidt erzählt Witze, für die sich sogar Mario Barth schämen würde, genauso souverän wie er Bert Brecht, Heiner Müller und Friedrich Hollaender einbaut und das Publikum beschimpft, wenn es eine Anspielung nicht versteht. "Hier hat sich das Niveau aber gewaltig nach unten entwickelt. Als ich noch im Ensemble war, haben wir den ersten Gag über Immanuel Kant gemacht — und von dort ging es rauf."

Einzig indem er zynisch und menschenverachtend absichtlich ohne "s" spricht, schmeichelt Schmidt den Zuschauern in Düsseldorf. Im übrigen mutet er den Menschen in seiner früheren Wahlheimat viel zu. Er trinkt Kölsch auf der Bühne ("Leute mit ihrem IQ und ihrem Einkommen haben es doch nicht nötig, diese alberne Lokalrivalität jetzt aufleben zu lassen"), knöpft sich im vermeintlich angetrunkenen Zustand das Hemd auf und gibt den Volksschauspieler.

Nähe zum Volk demonstriert er auch, als er von der Bühne steigt, und die Leute auffordert, ihn zu fotografieren. Als die mit Düsseldorfer Zurückhaltung, aber dennoch darauf eingehen, sagt er "Je mehr Prekariat desto mehr Klick".

Nach knapp 90 Minuten beendet Schmidt die Show. "Ich muss noch einen Baumarkt eröffnen — da muss ich textsicher sein. Und es dauert immer ein bisschen, bis ich das Biberkostüm anhabe."

Vor dem Abschied verrät Schmidt eines seiner Erfolgsgeheimnisse. "Ich habe mir immer die Fähigkeit zur Selbstkritik bewahrt: Dieser Abend war großartig, nur für ihren Hinterkopf beim Rausgehen." Mit einem Trick sorgt Schmidt dafür, dass die Gäste ihm stehend applaudieren. Er kündigt an, auf keinen Fall Zugaben zu spielen und geht von der Bühne. Im Saal gehen das Licht an und Türen auf. Als die Zuschauer sich zum Ausgang aufmachen, kommt Schmidt wieder auf die Bühne.

Großartiger Abend, sagt der Hinterkopf.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort