Half past selber schuld im FFT Zukunftsvision unter Schwarzlicht

Tanzszenen, Puppenspiel und Musik: Die Theatergruppe half past selber schuld begeistert im FFT.

Der neueste Bühnencomic der Gruppe half past selber schuld heißt „The Last Mortal“. Er ist im FFT zu erleben.

Foto: Ahlborn/Christian Ahlborn

Dieser Satz setzt den Ton des Abends: „Es ist schwierig Vorhersagen zu machen, besonders über die Zukunft“. So steht es auf einer Leinwand. Er stammt allerdings nicht von einem Zukunftsforscher, Mathematiker oder Astronauten, sondern vom ehemaligen New-York-Yankees-Spieler Yogi Berra. Getreu dem Motto von Berra entwerfen half past selber schuld in ihrem neuen Stück „The Last Mortal“ (Der letzte Sterbliche) ihre ganz eigene Vision der Zukunft. Wie sie wirklich wird, kann ja sowieso niemand ganz gewiss vorhersagen.

In dieser weit entfernten Zeit hat die Firma „Wonderland Inc.“ den Tod abgeschafft. Dank des Superhelden Big Data und kleiner Nano-Roboter, die alle Krankheiten im Menschen abwehren, ist die Menschheit unsterblich geworden. Nun warten die Welt und allen voran „Wonderland Inc.“ nur noch darauf, dass der letzte sterbliche Homo Sapiens abtritt. Mit dem alles beherrschenden Konzern hat sich das Theater-Duo bereits in ihrem letzten Stück „Kafka in Wonderland“ beschäftigt. Dort wurde durch das Hochladen in die Cloud das Bewusstsein unsterblich, nun kommt der Körper hinzu.

Das Besondere an den Aufführungen von half past selber schuld sind allerdings nicht die Zukunftsvisionen des deutsch-israelischen Künstlerduos, sondern wie es diese auf die Spielfläche bringt. Diese selbsternannten Bühnencomics sind visuelle und technische Meisterwerke, die mit analogen Tricks die digitale Zukunft darstellen.

Der Anfang des Stückes ist ein liebevolles Schattenspiel. Bunte Rückprojektionen aus Scherenschnitten entführen die Zuschauer in entfernte Galaxien, dazwischen laufen die Schatten von als Raumfahrern verkleideten Schauspielern über die Leinwand.

Besonders beeindruckend ist das Puppen- und Figurenspiel. Vom Schwarzlicht ausgeblendet erwecken die Performer so die kleinen, neonfarbenen Nano-Bots und viele andere, zum Teil menschengroße Puppen zum Leben. Diese putzigen Roboter krabbeln wie Krebse durch die menschliche Blutbahn. Vorbeifliegende Vitamine lassen sie passieren, aus der Bühnendeko herausploppende Krebsgeschwüre schneiden sie mit ihren Scheren ab. Mit dieser Schwarzlichtshow, die durch die knalligen Neonfarben und den Slapstick-Humor tatsächlich an Comics erinnert, gewann das Duo 2016 die TV-Show „RTL Puppenstars“.

Die israelische Komponistin und Musikerin Ilanit Magarshak-Riegg und der Comiczeichner und Autor Frank Römmele produzieren seit 2002 ihre Bühnencomics. Im Laufe der Jahre wuchs das Ensemble auf bis zu zehn Personen an, um die ganze Bandbreite der Bühnencomics umsetzen zu können. Neben dem Puppenspiel wird auch „The Last Mortal“ mit Tanzszenen, Musik und Filmen angereichert. Die Bühnenausstattung ist besonders liebevoll und detailreich. So ergibt sich ein visuell opulentes Stück. Wie es mit der Menschheit und „Wonderland Inc.“ weitergeht, wird man im letzten Teil der Wonderland-Trilogie erfahren. Oder um es mit Yogi Berra zu sagen: „It ain’t over till it’s over.“

Info Weitere Aufführungen gibt es Freitag und Samstag, 31. Januar und 1. Februar, sowie am Donnerstag, 6. Februar, und Samstag, 8. Februar, in den Kammerspielen des FFT, Jahnstraße 3.