Hafida Badaoui ist Gerichtsdolmetscherin in Düsseldorf Übersetzerin zwischen den Welten

Düsseldorf · Die gebürtige Marokkanerin Hafida Badaoui arbeitet als Dolmetscherin in Düsseldorf - am liebsten beim Familiengericht.

 Die Dolmetscherin Hafida Badaoui. „Wenn ich das Gefühl habe, ein Angeklagter versteht nicht, mache ich den Richter darauf aufmerksam.

Die Dolmetscherin Hafida Badaoui. „Wenn ich das Gefühl habe, ein Angeklagter versteht nicht, mache ich den Richter darauf aufmerksam.

Foto: Anne Orthen (ort)

Morgens um halb zehn herrscht beim Düsseldorfer Arbeitsgericht schon ziemlich reger Betrieb, Menschen kommen und gehen oder warten vor den verschiedenen Sitzungssälen auf den Beginn ihrer Verhandlung.

Hafida Badaoui ist als Dolmetscherin vom Gericht beauftragt und soll eigentlich um 10 Uhr bei einem Verfahren übersetzen. Doch dann muss der Termin verschoben werden, weil ein wichtiger Prozessbeteiligter nicht erschienen ist. „Das kann vorkommen“, sagt sie ganz entspannt.

Als erfahrene Gerichtsdolmetscherin hat sie solche Situationen schon häufiger erlebt. Badaoui ist für die Sprachen Arabisch und Französisch beeidigt und ermächtigt – beides ist notwendig, um bei gerichtlichen Verhandlungen zu dolmetschen oder schriftliche Übersetzungen anzufertigen.

Insbesondere für die arabische Sprache wird sie häufig angefragt, denn in den letzten Jahren dolmetscht sie verstärkt für geflüchtete Menschen, etwa aus Syrien oder den Maghreb-Staaten – übrigens nicht nur an den Düsseldorfer Gerichten, sondern in ganz NRW.

Badaoui wurde in Marokko geboren und kam 1992 als junge Frau nach Düsseldorf, weil ihr Vater bereits hier lebte. Sie sprach neben Arabisch gut Französisch und Englisch, aber kein einziges Wort Deutsch. „Ich wusste schon damals, wie wichtig es ist, die Landessprache zu beherrschen und habe sofort angefangen, Deutsch zu lernen“, erinnert sie sich. Und sie blieb in der Landeshauptstadt, gründete eine Familie, studierte später Sozialwissenschaften.

Neben ihrer freiberuflichen Tätigkeit als Gerichtsdolmetscherin betreut Badaoui bei der Diakonie im Auftrag des Jugendamts Jugendliche und Familien – sehr häufig solche mit arabischem Migrationshintergrund. „Wenn ich hier übersetze, geht es – anders als bei Gericht – nicht nur um die Sprache, sondern auch um die Vermittlung von Kultur“, erläutert sie. Dabei ist ihre marokkanische Herkunft oft von Vorteil, denn sie kennt und versteht beide Kulturen.

Ein guter Grund für sie, darüber hinaus bei der Diakonie einen Pool von insgesamt 75 Dolmetschern fast aller Nationalitäten zu leiten. Diese sogenannten Sprach- und Integrationsmittler übersetzen nicht nur, sondern unterstützen Migranten bei der Eingewöhnung, sind sozusagen kulturelle Brückenbauer.

Bei Gerichtsverhandlungen jedoch ist es zwingend erforderlich, dass die Dolmetscher alles möglichst wörtlich übersetzen und Aussagen nicht selbst bewerten, also stets neutral bleiben. „Wenn ich allerdings das Gefühl habe, ein Angeklagter oder ein Zeuge versteht nicht wirklich, was gemeint ist und benötigt vielleicht weitere Erklärungen, dann mache ich den Richter darauf aufmerksam“, erläutert Badaoui ihre Arbeit.

Es sei auch wichtig, dass Dolmetscher genau nachfragten, wenn sie selbst etwas nicht richtig verstanden hätten. „Man muss sehr aufmerksam sein, damit keine Missverständnisse entstehen, die vielleicht am Ende zu einem Fehlurteil führen“, sagt Hafida Badaoui.

Am liebsten sind ihr übrigens die Verfahren, bei denen es um Familiensachen geht. „Als Sozialwissenschaftlerin kenne ich mich bei diesen Themen nicht nur gut aus, sie berühren mich auch meistens nachhaltig“, erzählt sie.

So erinnert sie sich an manche Prozesse noch Jahre später, etwa an die Eltern, deren Kinder aufgrund eines Missverständnisses vom Jugendamt in Obhut genommen wurden. „Ich vergesse nie die Freude und das Glück der Familie, als am Ende der Verhandlung wieder alle zusammen waren.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort