Interview "Hafenausbau bringt Arbeitsplätze"

Düsseldorf · Herr Bruns, die SPD hat vor der Landtagswahl versprochen, die Industrie zu stützen. Alle vier Düsseldorfer Wahlbezirke sind vor einer Woche an die Sozialdemokraten gegangen. Welche Erwartungen verbinden Sie damit?

Bruns Generell erwarte ich von der Politik, dass wir überparteilich den eingeschlagenen Weg weiter verfolgen. Das heißt, den Menschen auf Augenhöhe zu begegnen und ihnen stärker bewusst zu machen, was sie an der Industrie in Stadt, Region und Land haben.

Frau Kraft galt nicht immer als Freund der Industrie . . .

Bruns Das kann ich nicht sagen. Wir haben die Ministerpräsidentin bislang als Befürworterin eines modernen Industriestandortes erlebt, die insbesondere auch unseren Ansatz teilt, über mehr Dialog mit der Bevölkerung Verständnis und Akzeptanz für Industrie- und Infrastrukturprojekte zu erzielen.

Was muss in Düsseldorf noch verbessert werden, um die Stadt als Industrie-Standort zu stärken?

Bruns Ich finde, dass wir als Industriekreis gemeinsam mit der Stadtführung, der IHK und vielen engagierten Menschen aus Industrie, Verwaltung und unterschiedlichen Institutionen und Interessengruppen bereits eine Menge erreicht haben. Viele Städte in NRW beneiden uns um das Projekt "Masterplan Industrie".

Wie kommt der Masterplan Industrie denn überhaupt voran?

Bruns Sehr gut. Aktuell sind die Arbeitsgruppen mit der Ausarbeitung und Umsetzung der Themen beschäftigt, die wir vergangenen Dezember angekündigt haben. Wir haben vor, gegen Ende des Jahres mit einem Status-quo-Bericht wieder an die Öffentlichkeit zu gehen.

OB Dirk Elbers galt lange als zögerlich, was Industriethemen angeht. Mit dem Masterplan hat sich das geändert. Wie haben Sie das geschafft?

Bruns Ich will an dieser Stelle noch mal unterstreichen, dass wir auch vor dem Masterplan immer in guten Gesprächen mit der Verwaltung waren und die Dinge vorangetrieben haben. Die Idee des Masterplans ist Ergebnis eines Teamworks von vielen Beteiligten, die die Überzeugung teilen, dass eine moderne und erfolgreiche Industrie Mehrwert für alle schaffen kann und darum mit der Strategie und Entwicklungsplanung der Stadt verknüpft sein sollte.

Was sagen Sie Menschen, die direkt neben der Papierfabrik in Bilk oder Ihrem Henkelwerk leben, wenn diese über Lärm und Geruch klagen?

Bruns Ich kann sehr gut verstehen, wenn sich Menschen über unangenehme Gerüche oder Lärm beschweren, sollten diese einmal auftreten. Grundsätzlich versuchen die Unternehmen, solche Belästigungen auf ein Minimum zu reduzieren, etwa durch den Einsatz von Filtern oder Lärmschutz. Wichtig ist, dass wir erklären, warum Gerüche oder Geräusche auftreten können und was sie bedeuten. Darüber hinaus sollten wir möglichst mit ausreichenden Pufferzonen zu Wohngebieten operieren. Denn eine geruchs- und geräuschlose Industrie wird es genauso wenig geben wie ein geruchs- und geräuschloses Stadtleben an sich.

Welche Auswirkungen wird ein Ausbau des Reisholzer Hafens auf Düsseldorf und die Industrie haben – das ist ja ein wesentlicher Teil des städtischen Masterplanes?

Bruns Ein möglicher Ausbau kann enormes Potenzial für Düsseldorf und die Industrie schaffen. Und damit meine ich nicht nur direkte Arbeitsplätze in Verbindung mit dem Projekt, sondern auch die Verkehrsentlastung durch Verlagerung tausender Lkw auf den Rhein, die ansonsten die Straßen Düsseldorfs und der Region immer mehr verstopfen würden.

Warum sind die Menschen der Industrie gegenüber so ablehnend gesinnt?

Bruns Das kann man pauschal so nicht sagen. Studien unterstreichen, dass die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung der Industrie positiv oder neutral gegenübersteht. Was die Menschen allerdings immer mehr ablehnen ist, vor vollendete Tatsachen gestellt zu werden, Zusammenhänge nicht erklärt zu bekommen und nicht eingebunden zu werden. Daran müssen wir gemeinsam arbeiten.

Wie können Sie das ändern?

Bruns Durch frühzeitige Einladung zum Dialog und mehr Transparenz, wie wir es jetzt auch bei der Projektidee zur Erweiterung des Reisholzer-Hafens praktizieren. Obwohl noch keine Entscheidung gefallen ist, haben wir bereits in einer Dialogveranstaltung versucht deutlich zu machen, um was es eigentlich genau geht, und Fragen zu beantworten. Der Ansatz stieß auf großes Interesse. Mehr als 100 interessierte Bürger nahmen teil.

Ist Düsseldorf eine Industriestadt?

Bruns Definitiv, und zwar im besten Sinne des Wortes. Industrie steht hier für Technologieführerschaft, Innovation und moderne wettbewerbsfähige Arbeitsplätze. Wir haben damit in der Industrie ein starkes Rückgrat im fruchtbaren Zusammenspiel mit den anderen Wirtschaftsbereichen der Stadt. Das ist ein absolutes Erfolgsrezept, auf das wir stolz sein können.

Wie laufen die Vorbereitungen auf die "Lange Nacht der Industrie"?

Bruns Sehr gut. Wir haben heute schon mehr teilnehmende Unternehmen als im vergangenen Jahr und damit auch mehr Teilnahmeplätze für Besucher. Letztes Jahr mussten wir ja leider aufgrund der großen Nachfrage auch Absagen mitteilen. Also hier noch einmal mein Appell an die Unternehmen der Region mitzumachen.

Die Imagekampagne soll Düsseldorf als Marke stärken. Was halten Sie davon? Kommt die Industrie zu kurz?

Bruns Ich bin überzeugt, dass eine klare Markenpositionierung der Stadt allen nützt. Im Rahmen des Masterplans tauschen wir uns in Sachen Kommunikationsarbeit mit der Verwaltung und anderen Beteiligten aus und geben Impulse aus Sicht der Industrie. Das ist gutes Teamwork.

Ist Düsseldorf als Hochlohn-Standort für die Industrie nicht viel zu teuer?

Bruns Der Lohn ist immer nur eine relative Größe. Wichtig ist vielmehr die Produktivität und die Wettbewerbsfähigkeit der Produkte auf dem Weltmarkt. Hier sind wir in Düsseldorf hervorragend aufgestellt. Schließlich haben auch einige Weltmarktführer ihren Hauptsitz hier und andere überlegen, ihre Zentrale hierher zu verlegen, da die Standortfaktoren exzellent sind.

Wie wichtig ist das neue Gaskraftwerk auf der Lausward für Ihre Mitgliedsunternehmen?

Bruns Generell ist die nachhaltige Energieversorgung für uns von existenziellem Interesse. Die Herausforderungen sind im Rahmen der Energiewende komplex, so dass sich das nicht in einem Satz beantworten lässt. Fakt ist, das neue Gaskraftwerk entspricht modernsten Standards und wird einen wesentlichen Teil zur Energieversorgung der Stadt und damit der Industrie beitragen.

Thorsten Breitkopf führte das Gespräch

(RP)
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