Schulen in Düsseldorf Gymnasium fühlt sich zur Inklusion gezwungen

Düsseldorf · Am Leibniz-Gymnasium soll es vom kommenden Schuljahr an eine Inklusionsgruppe geben. Schulleiter und Politiker kritisieren das.

 Oberstudiendirektor Bernd Verfürth sagt: „Das Gespräch mit der Schulaufsicht war nicht ergebnisoffen.“

Oberstudiendirektor Bernd Verfürth sagt: „Das Gespräch mit der Schulaufsicht war nicht ergebnisoffen.“

Foto: Bretz, Andreas

Die Debatte um die Inklusion, also das gemeinsame Lernen von Kindern mit und ohne Handicap, nimmt an Schärfe zu. "Wir müssen zum kommenden Schuljahr eine Inklusionsgruppe einrichten, obwohl wir dafür weder räumlich noch personell gerüstet sind und das auch so kommuniziert haben", sagt Bernd Verfürth, Leiter des Leibniz-Montessori-Gymnasiums in Pempelfort. "Entsetzt" sei er über den Verlauf eines Gesprächs mit Vertretern der die Schulaufsicht ausübenden Bezirksregierung.

Dort habe man ihm mit Ausnahme der Montessori-Pädagogik keine schlüssigen Gründe vortragen können, warum ausgerechnet sein Gymnasium mit der Einrichtung gemischter Lerngruppen beginnen soll. "Es war kein ergebnisoffenes Gespräch, sondern es ging um die Botschaft: Ihr müsst das jetzt machen."

Marielle Erb, Sprecherin der Bezirksregierung, will sich zu Gesprächsdetails nicht äußern, stellt aber fest: "Es gibt eine Verpflichtung zur Inklusion. Das ist politisch vorgegeben. Im Zweifel werden inklusive Lerngruppen dort errichtet, wo die Schulaufsicht sie mit Blick auf den Elternwillen und die Standort-Erfordernisse für nötig hält."

Derweil spricht CDU-Schulexpertin Sylvia Pantel von "Zwangsinklusion". Der Vorgang am Leibniz-Gymnasium sei nur ein weiterer Beleg für die aus ihrer Sicht falsche Marschrichtung der Landesregierung beim sensiblen Inklusionsthema.

Die Umsetzung der Konvention der Vereinten Nationen diene als Vorwand, um die Abschaffung des gegliederten Schulsystems zu beschleunigen. Ideologisches Fernziel von Rot-Grün bleibe die Einheitsschule. Der Idee, Kinder mit starken Lernbehinderungen in einem Gymnasium zu unterrichten ("zieldifferentes Lernen"), steht sie skeptisch gegenüber. "Diese Kinder mit Lern-Handicap haben ein anderes Arbeitstempo, müssen immer wieder von einem Sozialarbeiter aus dem laufenden Unterricht herausgenommen werden. Viele von ihnen hätten mehr davon, praktische Dinge wie Kochen statt Französisch und Latein zu erlernen."

Das konkrete Verfahren sieht auch die grüne Schulpolitikerin Clara Deilmann kritisch. "Ein Oktroi ist nie gut. Hier wird nicht glücklich agiert." Den gemeinsamen Unterricht hält sie dagegen für richtig und im Sinne der UN-Konvention für nötig. "Wir wollen eine andere, gleichberechtigtere Gesellschaft und müssen deshalb bereit sein, bei der Inklusion neue, mitunter auch schwierige Wege zu gehen."

Während Eltern bereits Unterschriften für den Verbleib ihrer Kinder im angestammten Schultyp sammeln (wir berichteten), betonte eine Sprecherin des NRW-Schulministeriums gestern, die künftigen Mindestgrößen für die Förderschultypen stünden noch nicht fest.

Schulministerin Sylvia Löhrmann werde zunächst mit den kommunalen Spitzenverbänden und den Landschaftsverbänden über dieses Thema sprechen. An den Förderschulen hatte ein Entwurf für diese Verordnung für Sorgenfalten gesorgt. Darin wurden zwar die Mindestgrößen für den Bestand einer Förderschule (144 Jungen und Mädchen beim Schwerpunkt Lernen) nicht geändert, wohl aber die bislang möglichen Ausnahme-Genehmigungen für Schulen mit weniger Schülern gestrichen. Das könnte in Düsseldorf zu Schließungen führen.

(jco/ila)
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