Verunsicherung nach Gewalttaten Gute Heime, schlechte Heime

Düsseldorf · Die Gewalttaten in einem Düsseldorfer Pflegeheim haben Angehörige verunsichert. Wie können sie selbst die Qualität von Heimen beurteilen? Bislang ist das kaum möglich. Jeder muss sich auf seinen eigenen Eindruck verlassen. Doch bald werden Noten verteilt und veröffentlicht.

Sie sollen Senioren misshandelt und ihre Taten sogar gefilmt haben. Dafür müssen sich derzeit ein 48-jähriger Altenpfleger und eine 26-jährige Helferin aus Düsseldorf vor Gericht verantworten. Der Fall hat Entsetzen ausgelöst und verunsichert viele, die selbst Angehörige im Pflegeheim haben oder nach einem Platz suchen. Wie können sie die Qualität prüfen? "Leider ist das bislang äußerst schwierig", sagt Heike Nordmann von der Verbraucherzentrale NRW.

Die Angehörigen seien darauf angewiesen, sich selbst ein Bild zu machen. Die Ärztin Angelika Fiedler vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) Nordrhein gibt Tipps: Bei der Besichtigung einer Betreuungsstätte sollten Familien auf die Atmosphäre achten. Sie können Bewohner und Angehörige befragen. Die Heimleitung sei auch verpflichtet, die Zahl der Pflegekräfte zu benennen. "Zum ersten Eindruck zählt, wie ich selbst beraten werde, und ob die Mitarbeiter genervt sind, wenn man sie anspricht", sagt Fiedler.

In Kürze jedoch soll transparenter werden, wie Heime arbeiten. Der MDK prüft sie seit dem 1. Juli nach einem neuen Schema. Das heißt, neben dem Expertenbericht werden Noten für einzelne Leistungen verteilt — diese sind veröffentlichungspflichtig. Spätestens ab Oktober sollen die ersten Noten für Düsseldorfer Einrichtungen vorliegen. "Das Prozedere dauert eine Weile, weil die Prüfungen ausgewertet und dann an eine Zentralstelle übermittelt werden", erklärt Fiedler.

Von dort werde jedes Gutachten an das betreffende Heim verschickt. Die Einrichtung hat ein vierwöchiges Widerspruchsrecht. Danach muss sie die Benotung für alle Besucher sichtbar aushängen. Zudem werden die Krankenkassen die Ergebnisse auf ihren Internetseiten veröffentlichen.

"Das ist ein Schritt in die richtige Richtung, aber die Noten haben auch Tücken", sagt Heike Nordmann von der Verbraucherzentrale NRW. Mit der zusammengefassten Bewertung auf dem Deckblatt ließen sich Schwächen im Detail kaschieren. Angehörige sollten in jedem Fall die Ergänzungsblätter studieren. Darüber hinaus empfiehlt sie die städtischen Beratungsstellen als unabhängige Instanz.

Zentrale Anlaufstelle in Düsseldorf ist das Pflegebüro am Hauptbahnhof. Es gibt Tipps, darf aber keine konkreten Heime empfehlen. In ihrem Gebäude jedoch laufen die Fäden zusammen. Dort sitzt auch die Heimaufsicht, die bei Beschwerden ihre Gutachter schickt und laut Sachgebietsleiter Günter Dölling im Schnitt einmal pro Jahr jede Einrichtung besucht.

Anders als der MDK, der die Betreuung der Bewohner aus medizinischer Sicht beurteilt, untersucht die Heimaufsicht vor allem die organisatorischen Strukturen. Gerade hat sie ihren Bericht für 2008 vorgelegt. Fazit: In den meisten Heimen ist die Qualität zufrieden stellend. Die unverändert hohe Zahl der Beschwerden geht vor allem auf die unzureichende Personalsituation zurück. Insgesamt 66 Hinweisen gingen die städtischen Aufseher nach. In einer Einrichtung verhängte sie wegen gravierender Mängel einen Aufnahmestopp.

Benannt wurden die schwarzen Schafe bislang nicht. Das ändert sich nun. Wie Angelika Fiedler vom MDK berichtet, decken die neuen Gutachten das gesamte Notenspektrum ab. "Diese Transparenz wird die Einrichtungen zu Qualitätsstandards zwingen", hofft sie.

(RP)
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