Rund ums Rathaus Grüne Offenheit – lieber erst nach der Wahl

Düsseldorf · Grünen-Ratsherr Jens Petring hat vor 30 Jahren Vorstöße von Pädophilen akzeptiert. Es ist richtig, dass er seine Mandate niedergelegt hat. Seine Partei rühmt sich nun für diese Transparenz. Mit reichlich Abstand zu jeder Wahl.

 Jens Petring.

Jens Petring.

Foto: Grüne

Die führenden Düsseldorfer Grünen dürften mit Sorge verfolgt haben, was wenige Tage vor der Bundestagswahl auf der Bundesebene ihrer Partei passierte: Ein von den Grünen selbst beauftragter Experte machte publik, dass ausgerechnet der Spitzenkandidat für das Bundesparlament, Jürgen Trittin, vor Jahrzehnten als Kommunalpolitiker presserechtlich ein Papier verantwortet hat, das einen liberaleren Umgang bei Sex zwischen Erwachsenen und Minderjährigen forderte.

Die Umfragewerte der Grünen, durch die Debatte um Veggie-Day und Steuererhöhungen ohnehin schon niedriger als erhofft, sackten daraufhin noch einmal ab. Das Wahlergebnis lag schließlich mit etwas mehr als acht Prozent weit unter den Erwartungen.

Die Düsseldorfer Parteifreunde dürften zum Zeitpunkt der Trittin'schen Enthüllungen bereits gewusst haben, dass es in ihren eigenen Reihen einen sehr ähnlichen Fall gibt: Jens Petring, der seit 2009 für die Grünen im Rat saß, Bezirksvertreter und jugendpolitischer Sprecher war, ist jetzt von allen politischen Ämtern zurückgetreten und hat das in einer persönlichen Erklärung begründet. Um es vorweg zu sagen: Wie bei Trittin ging es auch bei Petring offenbar nicht um eigene pädophile Neigungen.

Als offen schwuler Mann habe er sich Mitte der 1980er Jahre auf Bundes- und Landesebene in der Arbeitsgemeinschaft SchwuP engagiert, erklärt Petring. Dort sei er auf Männer gestoßen, deren Ziel gewesen sei, "einvernehmliche" sexuelle Kontakte zwischen Erwachsenen und Minderjährigen zu legalisieren. Er lehne diese Position zwar ab, habe sie damals aber toleriert.

Die Ratsfraktion der Grünen hat dies nun gemeinsam mit Petring öffentlich gemacht, beklagt einen Vertrauensverlust, will alles aufarbeiten, nach weiteren möglichen Fällen (auf die es derzeit keine Hinweise gebe) suchen und die dann dem extern beauftragten Forscher melden. Eine Offenheit, die zu begrüßen ist. Nur merkwürdig, dass sich diese Transparenz erst nach der Bundestagswahl zeigt. Am 23. September, genau einen Tag nach der Wahl, so wird in aller Offenheit betont, habe der Düsseldorfer Kreisverband beschlossen, eine Kommission zur historischen Analyse und weiteren Aufklärung dieses Themas einzusetzen.

Nach der Bundestagswahl ist immerhin vor der Kommunalwahl. Doch bis zu der sind es noch fast acht Monate. Ausreichend Zeit, um alles zu vergessen.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort