Dickjan Poppema im Interview "Grey soll wieder Platzhirsch werden"

Düsseldorf · Der neue Chef der traditionsreichen Werbeagentur Grey spricht über Personalquerelen, die Rückkehr zur Profitabilität durch digitales Geschäft, den Auf- und Abbau von Personal und den falschen Zeitpunkt für das Stadtlogo "Lachendes D".

 Der neue Grey-Chef Dickjan Poppema im Gespräch mit RP-Wirtschaftsredakteur Thorsten Breitkopf: „Eigentlich bin ich eher der kollegiale Typ.“

Der neue Grey-Chef Dickjan Poppema im Gespräch mit RP-Wirtschaftsredakteur Thorsten Breitkopf: „Eigentlich bin ich eher der kollegiale Typ.“

Foto: Bretz, Andreas

Herr Poppema, Grey war in den vergangenen zwei Jahren nicht profitabel. Was werden Sie anders machen?

Poppema Ich werde Grey in Düsseldorf zu einer Hauptniederlassung für Kontinentaleuropa ausbauen. Düsseldorf soll innerhalb unseres Netzwerks massiv gestärkt werden.

Was heißt das konkret?

Poppema Konkret heißt das zum Beispiel, dass einige Kunden, die heute von der Londoner Grey-Zentrale oder von New York aus betreut werden, künftig aus Düsseldorf bedient werden. Bald wird also mehr internationales Geschäft hier aus der Landeshauptstadt abgewickelt. Das betrifft etwa die Etats für Dulcolax, Boxa-Grippal oder Pharmaton. Dass diese Aufgaben nun uns in Düsseldorf zufallen, ist ein sehr erfreuliches Bekenntnis zu unserem Standort.

Sie wollen hier wachsen, aber gleichzeitig bauen Sie Stellen ab...

Poppema Es stimmt, dass wir 15 Stellen abgebaut haben. Das geschah durch Aufhebungsverträge und Abfindungen. Gleichzeitig bauen wir in anderen Bereichen Personal auf. Es sind zwischen 20 und 25 Neueinstellungen geplant.

Sie bauen also gleichzeitig Personal auf und ab?

Poppema Wir brauchen teilweise Mitarbeiter mit anderen fachlichen Qualifikationen. Wenn man, bildlich gesprochen, neue Mauern bauen will, braucht man mehr Maurer. Da hilft es nicht, wenn man viele Lackierer beschäftigt.

Wie lässt sich das auf eine Werbeagentur übertragen?

Poppema Grey hat heute große Kapazitäten als klassische Werbeagentur. Unser Wachstumsmarkt ist aber das digitale Geschäft. Hier müssen wir ausbauen und uns weiter stärken.

Ist dieses Digitalgeschäft für Grey noch Zukunftsmusik, oder verdienen Sie heute bereits Geld damit?

Poppema Damit verdienen wir bereits ordentliches Geld. Und der Markt wächst rasant. Heute machen wir 20 Prozent des Umsatzes mit dem Digitalgeschäft. Bei Kunden wie der Automarke Seat oder der Allianz sind es schon jetzt 50 Prozent, auch die Schuhauskette Deichmann hat mit uns ihren digitalen Kanal aufgebaut. Der Düsseldorfer Modekonzern C&A etwa ist für uns heute bereits ein reiner Digitalkunde.

Sie haben ausgegeben, den Turnaround bei Grey zu schaffen. Nur mit dem Digital-Geschäft?

Poppema Das digitale ist auf jeden Fall ein elementarer Baustein für den Turnaround bei Grey, aber bei weitem nicht der einzige.

Haben Sie Vorgaben aus London oder New York, wie schnell es gehen muss?

Poppema Nein, ich habe dafür heute noch keine konkreten Vorgaben aus London oder New York. Ich denke, dass wir den Turnaround in 18 bis 24 Monaten schaffen können.

Manche Branchenkenner sagen, Sie seien eine Marionette der Londoner Konzernzentrale und agierten ferngesteuert, will heißen, durch Sie werde Grey in Düsseldorf enger an das Mutterunternehmen gebunden.

Poppema (lacht) Die Sorge kann ich Ihnen nehmen. Was wir erleben, ist eine Stärkung von Grey in Düsseldorf. In meinen Entscheidungen genieße ich größtmögliche Freiheit. Grey wird auch in Zukunft nicht enger von der Zentrale geführt.

Sind Sie das, was man als "harten Hund" im Geschäft bezeichnen würde?

Poppema Eigentlich bin ich eher der kollegiale Typ. Jeder Mitarbeiter, auch der Praktikant, duzt mich. Ich führe offen und gebe offen Feedback. Auch wenn es Kritik ist.

Was wurde früher bei Grey in Düsseldorf falsch gemacht?

Poppema Grey wurde wie eine Blackbox geführt. Ich werde Grey transparenter machen. Deshalb haben wir auch die Mitarbeiter in einer Versammlung über die Änderungen informiert. Wir müssen die Agentur verändern und uns auch von liebgewonnenen aber unprofitablen Tätigkeiten trennen, schließlich hat Grey zwei Jahre lang nur eine schwarze Null geschrieben. Wir müssen uns effizienter organisieren und die Potenziale nutzen, die sich aus unserem eigenen Netzwerk ergeben. Außerdem wurde früher viel diskutiert, aber nicht entschieden. Das werde ich ändern.

Wie sehen die strukturellen Änderungen aus?

Poppema Als Dachgesellschaft firmiert die Gruppe Grey Deutschland. Sie wird deutlich operativer agieren als bisher. Diese Einheit wird von André Schieck als Digitalchef, Frank Schrader als Operativchef und mir geführt. Kreativchef Roland Vanoni gehört natürlich dazu, bis er im Februar auf eigenen Wunsch das Unternehmen verlässt. Unter der Holding arbeiten die Sparten Grey Düsseldorf, Grey Media, Grey Shopper, Grey Works, Gramm und eine Einheit für die Verwaltung. Der Name Grey Worldwide wird verschwinden, weil er für eine rein nationale Einheit unglücklich gewählt war. Da ist der Name Grey Düsseldorf zielführender.

Es hat sehr viele Personalquerelen bei Grey gegeben. Erst gingen die Kreativchefs, dann ging Grey-Chef Veigel. Schließlich verließ Christian Hupertz als Grey-Worldwide-Chef die Firma. Wie geht's weiter?

Poppema Der Umbau ist beschlossen und wird umgesetzt, das heißt, jetzt wird gearbeitet.

Hat Düsseldorf als Werbemetropole in den vergangenen Jahren verloren?

Poppema Düsseldorf ist immer noch die Hauptstadt der Kreativberufe. Und Grey soll unter meiner Führung hier wieder der Platzhirsch werden. Ich will, dass einem zuerst Grey einfällt, wenn man an eine Düsseldorfer Werbeagentur denkt.

Was halten Sie von der Dachmarke der Stadt mit dem lachenden D?

Poppema Das Logo finde ich grundsätzlich nicht schlecht, gerade weil es polarisiert und auffällt. Ich finde allerdings den Zeitpunkt der Veröffentlichung unglücklich. Es wird massiv Werbung im Land gemacht zu einer Zeit, in der die Stadt mit ihren vielen Baustellen ein denkbar unschönes Bild abgibt. Darüber hinaus habe ich mich mit den Motiven noch nicht weiter beschäftigt.

Sie haben das neue Logo für den Düsseldorfer Flughafen entworfen. Wie viel haben Sie verdient?

Poppema Ganz gewiss nicht die 500 000 Euro, die in manchen Zeitungen zu lesen waren. Sie können davon ausgehen, dass 80 bis 90 Prozent davon Materialkosten des Flughafens für Umrüstungen sind.

Sind lokale Aufträge aus Düsseldorf wichtig?

Poppema Ja, die sind für uns extrem wichtig, weil identitätsstiftend. Das ist auch einer der Gründe, warum wir uns um den Auftrag des Schauspielhauses beworben haben. Und wir haben ihn bekommen.

THORSTEN BREITKOPF FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP/ila)
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