615 Strafanzeigen wegen 'häuslicher Gewalt' Gewalt in den eigenen vier Wänden

Düsseldorf (dto). Seit der Geburt ihres Sohnes vor fünf Jahren ist sie fast täglich verprügelt, vergewaltigt und gedemütigt worden. Mit dem Metallrohr eines Staubsaugers hat ihr Mann solange auf sie eingeschlagen bis es verbogen war, einen Schrubberbesen auf ihrem Rücken zerbrochen. Zudem hatt sie mehrere Fehlgeburten, weil es ihrem Mann egal war, ob sie schwanger war oder nicht, wenn er sie massivst geschlagen hat.

Olaf Krätzer von der Düsseldorfer Polizei, schildert diesen Fall von 'häuslicher Gewalt'. Seit dem 01. Januar 2002 kann die Polizei die Opfer dieser Form von Gewalt besser schützen: Der Täter wird für zehn Tage aus der Wohnung verwiesen. Die Polizei handelt hierbei allerdings nicht nur auf Anzeige der Opfer, sondern entscheidet eigenverantwortlich, ob ein Fall von 'häuslicher Gewalt' vorliegt.

Diese Entscheidung ist nicht immer ganz einfach: "Ein Ehestreit bei dem Backpfeifen verteilt werden, ist nicht unbedingt ein Fall von häuslicher Gewalt", erklärt Kriminalkommissarin Karin Kienast, die auch ihre Kollegen für das vielschichtige Thema 'häusliche Gewalt' sensibilisieren soll. Erst wenn wiederholt Gewalt angewendet würde, oder es klar ersichtlich sei, dass die Gewaltanwendung keine einmalige Sache war, "liegt ein Fall von häuslicher Gewalt vor", so Kienast weiter. Die Polizei würde im Zweifelsfall allerdings von häuslicher Gewalt ausgehen.

Im letzten Jahr gab es in Düsseldorf mehr als 220 Einsätze wegen 'häuslicher Gewalt'. Insgesamt kamen 615 Fälle zur Anzeige, da viele der Betroffenen sich erst im Nachhinein bei der Polizei melden. Die Zahlen sind mit denen aus 2002 vergleichbar, die angenommene Dunkelziffer, "ist jedoch bestimmt doppelt so hoch", fügte Krätzer hinzu.

Auf den ersten Blick überrascht, dass viele Opfer gar nicht an einem Wohnungsverweis interessiert sind. Die Gründe hierfür sind vielfältig: "Besonders soziale Abhängigkeit, Angst vor dem Alleinsein oder Angst um die Kinder", sind laut Polizeimeisterin Nina Börger ausschlaggebend, die meisten Opfer sind jedoch sehr dankbar für die Hilfe der Polzei. Besonders bei Vergewaltigungen fällt es weiblichen Opfern schwer, sich Männern anzuvertrauen. Deswegen versucht die Polizei möglichst immer eine Beamtin mit zum Einsatz zu schicken. Als Frau hätten sie diese Einsätze deswegen gerade am Anfang sehr mitgenommen, zum Glück würden sie und ihre Kollegen aber nicht ins kalte Wasser geworfen. "Wir werden auch durch spezielle Schulungen auf diese Einsätze vorbereitet", so Börger weiter.

Die Opfer kommen indes aus fast allen Bevölkerungsschichten, seien aber zu rund 90 Prozent Frauen, so Krätzer. Weil meist Frauen und Kinder betroffen sind, liegt ein Schwerpunkt bei den Polizeieinsätzen auf der intensiven Beratung der Opfer. So können sie etwa zivilrechtlichen Schutz beantragen und somit den Täter bis zu sechs Monate von der Wohnung fernhalten. Mit Einwilligung der Opfer gibt die Polizei aber auch die persönlichen Daten an öffentliche Beratungsstellen weiter.

Von Andreas Petermeier

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