Serie: Düsseldorfer Geschichten Gesichter eines Platzes
Düsseldorf · Den Burgplatz gibt es schon seit Düsseldorfs Anfangszeiten. Er war Park-, Markt- und Partyplatz - und sorgt immer wieder für Gesprächsstoff.
Es braucht nicht viel, um den Burgplatz zu beleben. Ein bisschen Sonnenschein reicht, und das sogar bereits im März, wenn es noch nicht einmal warm ist. Nach Feierabend am späten Nachmittag kommen sie dann, die sie sich im Winter so nach dem Blick von der Freitreppe auf den Rhein gesehnt haben. Junge, Alte, mit Sonnenbrillen und Flaschenbier. Auf dem Platz, der gratis ist, herrscht dann dieses Düsseldorf-Gefühl, ein Mix aus dem Selbstbewusstsein, dass nicht nur Paris mondän ist, und einem Hauch Understatement - die Kö ist der Burgplatz nun auch wieder nicht.
Das ist dann der Platz für alle Bürger. Er ist aber in den vergangenen zwei Jahrzehnten immer mehr auch zum beliebten Veranstaltungsort geworden. Allein für dieses Jahr waren schon im Januar sechs Großveranstaltungen fest eingeplant, darunter die Jazz-Rally, der Japan-Tag und das Düsseldorf Festival mit seinem riesigen Festzelt. In den vergangenen Jahren hat sich außerdem der Weihnachtsmarkt mit dem Riesenrad als beliebte Veranstaltung etabliert.
Und so führte es zu einem politischen Streit, als vor ein paar Wochen der Ordnungs- und Verkehrsausschuss für ein Beachvolleyball-Turnier und einen Spieltag der Blindenfußball-Bundesliga Alternativstandorte prüfen lassen wollte, obgleich das Sportpolitiker und Oberbürgermeister anders sahen. Leit- und Streitfrage dahinter: Passiert zu viel auf dem Platz?
In der Tat gibt es schon seit 1998 aus genau diesem Grund eine eigene Richtlinie für den Burgplatz. So sollen dort zum Beispiel nur Veranstaltungen, "deren Resonanz weit über Düsseldorf hinausgeht", stattfinden. Zwischen Ereignissen sollten mindestens drei Wochen Abstand liegen. Außerdem entscheidet die Politik seither, was auf dem Burgplatz stattfindet, und was nicht - in Form des Ordnungs- und Verkehrsausschusses.
Aber so ganz geht die Rechnung nicht auf, wo sonst hat Düsseldorf schließlich die Möglichkeit, an so exponierter Stelle großflächig Großstadt mit großen Veranstaltungen zu sein? Schadowplatz? Zu klein. Und der Gustaf-Gründgens-Platz war lange wegen der Tiefgarage darunter weniger stark belastbar. Bleibt also am Ende der Burgplatz.
Schuld an seiner Popularität trägt der Architekt Niklaus Fritschi. Also, gewissermaßen: Von ihm stammt der Entwurf für die Umgestaltung des gesamten Rheinufers inklusive des Burgplatzes zwischen Rheinknie- und Oberkasseler Brücke, nach der Untertunnelung des Ufers. Bis zu dessen Eröffnung 1993 und der Eröffnung der neuen Promenade 1 995 war der Rhein von Düsseldorf abgeschnitten, getrennt durch eine stark befahrene Schnellstraße. Bis zu 60.000 Autos fuhren dort laut "Düsseldorf Atlas" täglich entlang.
Und der Burgplatz? War bis in die 80er Jahre hinein nur ein Parkplatz auf einer riesigen Fläche, bis Ende der 70er Jahre fuhr dort die Straßenbahn. Der Platz war ein reiner Funktionsplatz ohne Charme. Fritschis Idee, den Platz mit der 50 Meter breiten Freitreppe zum Unteren Rheinwerft zum Rhein hin zu öffnen, machte aus dem Platz das, was er heute ist, schuf die Voraussetzung für den (politisch gewollten) Platz mit Aufenthaltsqualität, für seine Bürger und für Veranstaltungen.
Einen Zweck hatte der Burgplatz indes schon immer in Düsseldorf: Zunächst stand hier die Burg des Grafen von Berg, Düsseldorfs Stadtgründer. Im 16. Jahrhundert wurde dann das Residenzschloss erbaut, das dort bis zu einem Brand 1872 stand. Überbleibsel aus dieser Zeit ist der alte Schlossturm, in dem heute das Schifffahrt-Museum beheimatet ist.
1876 befuhren die ersten Straßenbahnen der Stadt den Burgplatz, im Zentrum Düsseldorfs gelegen, war er ein Marktplatz, in den anliegenden Häusern gab es später viele Geschäfte. Im Zweiten Weltkrieg wurden Platz und Häuser schließlich stark beschädigt - der Schlossturm indes überstand auch das, so wie bis heute jede Umgestaltung des Burgplatzes. Er ist das Erkennungsmerkmal, egal welches Gesicht der Platz im Laufe der Jahrhunderte angenommen hat.
Sein aktuelles Erscheinungsbild wird der Burgplatz aber wohl nicht so schnell ablegen. Es bleibt allerdings die Frage, ob es inzwischen zu viel des Guten ist. Ärger gab es darum schon genug, die Drogen- und Alkoholszene zog und zieht es immer wieder auf den Platz, 2008 wurde sogar über ein Alkoholverbot diskutiert, das dann letztlich nie kam. Häufig gerieten auch die Silvesterfeiern auf dem Platz außer Kontrolle, zuletzt beim Jahreswechsel 2015/16, als es wie in Köln sexuelle Übergriffe auf Frauen gab.
In der Folge hat die Stadt ein Feuerwerksverbot aufgestellt, vor der Feier werden zudem Lichtmasten aufgestellt. Seither ist es ruhiger geworden. Und auch die Wirte am Platz waren längst nicht immer glücklich mit den Festen dort: Beim 70. NRW-Geburtstag mussten sie ihre Terrassen zurückbauen. "Aber ich denke, das kommt nicht noch einmal vor", sagt Kerstin Rapp-Schwan, Betreiberin des "Schwan" am Burgplatz. Sie befürwortet Veranstaltungen am Platz. Auch die Politik wird wohl im Ordnungs- und Verkehrsausschuss in zwei Wochen Volleyball und Fußball abnicken. Ob und wann es zu viel Rummel ist, ist weiter eine schwierige Frage.