Achteinhalb Jahre Haft gefordert Saleh A. soll IS-Anschlagsplan in Düsseldorf erfunden haben

Düsseldorf · Inzwischen ist auch die Bundesanwaltschaft überzeugt: Das geplante Massaker islamistischer Terroristen in der Düsseldorfer Altstadt ist erlogen gewesen. Dennoch soll der Erfinder der Geschichte für lange Zeit hinter Gitter.

Prozess wegen geplantem IS-Attentat in Düsseldorf beginnt
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Foto: dpa, mku axs

Den angeblichen IS-Anschlagsplan zu einem Blutbad in der Düsseldorfer Altstadt hat es nach Einschätzung der Bundesanwaltschaft nicht gegeben. Der „Anschlag ungeheuren Ausmaßes“ sei eine erfundene Geschichte des einzig verbliebenen Angeklagten gewesen, sagten die Vertreter der Bundesanwaltschaft am Montag im Hochsicherheitstrakt des Düsseldorfer Oberlandesgerichts. Mit Informationen über das angeblich geplante Massaker in der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt habe der Syrer sich für seine Informationen eine Belohnung, Aufenthaltsrecht und den Nachzug seiner Familie erhofft.

Dennoch forderten die Vertreter der Bundesanwaltschaft am Montag achteinhalb Jahre Haft für den Angeklagten. Er habe als IS-Terrorist im Bürgerkrieg in Syrien gekämpft, Kriegswaffen benutzt und einen Scharfschützen der syrischen Armee erschossen, begründeten sie ihren Antrag im Hochsicherheitstrakt des Oberlandesgerichts. Zwei weitere Mitangeklagte waren von ihm zu Unrecht belastet und vor Monaten freigesprochen worden, nachdem er sein Geständnis widerrufen hatte.

Schwester und Schwager beim IS

„Er wollte als V-Mann geführt werden, er hat sich verkalkuliert“. Dennoch habe er die Ermittler mit Wissen aus dem Inneren des IS lange in die Irre geführt. Schwester und Schwager des Syrers bekleideten beim sogenannten Islamischen Staat Führungspositionen. Er selbst sei aber als Marihuana rauchender, Alkohol trinkender und Discos besuchender Mann kein strenger Islamist gewesen.

Der Syrer, dessen Altersangaben variieren, war 2015 über die Balkan-Route nach Deutschland gekommen, er hatte in einem Heim in Kaarst bei Düsseldorf gewohnt und später auch in den Niederlanden einen Asylantrag gestellt.

„Er hat an vielen Stellen schlichtweg gelogen“, sagte auch sein Verteidiger. „Der Angeklagte hat von Anfang an gezockt und viele an der Nase herumgeführt.“ Von seiner Schwester habe er sich noch rasch eine Bombenbau-Anleitung auf sein Handy schicken lassen, um seine vermeintlichen Terrorabsichten zu untermauern.

Saleh A. habe gegen eine lupenreine Diktatur gekämpft und sei nicht ganz freiwillig beim IS gelandet. Er habe in Gefängnissen des Assad-Regimes und des IS gesessen, er müsste eigentlich längst tot sein. Seiner Begabung, glaubwürdige Geschichten aufzutischen, verdanke er vermutlich sein Leben, sagte sein Anwalt.

Terrorstory in Paris erzählt

Bevor er am 1. Februar 2016 auf einer Polizeiwache in Paris erschienen und seine Terrorstory erzählte, habe er bei Minusgraden obdachlos in Paris auf einer Baustelle die Nacht verbracht.

Inzwischen scheinen ihm die Behörden wieder zu vertrauen: Er habe Angaben zu 15 bis 20 mutmaßlichen Terroristen gemacht, sei in anderen Verfahren als Zeuge aufgetreten. Dies müsse beim Strafmaß honoriert werden. „Sein Leben wird dadurch nicht sicherer, unseres schon. Wir wüssten sonst nicht, wen wir vor uns haben.“ Er sollte deswegen „keine Strafe deutlich über fünf Jahre bekommen“, beantragten die Verteidiger. Nach fast einem Jahr Prozessdauer soll das Urteil an diesem Mittwoch verkündet werden.

Die erfundenen Anschlagspläne hatten damals für enormes Aufsehen und für Unruhe gesorgt: Angeblich hatte die IS-Führung in Rakka den Auftrag für einen verheerenden Terroranschlag in Düsseldorf erteilt. Zwei Selbstmordattentäter sollten sich demnach inmitten von Altstadtbesuchern in die Luft sprengen. Weitere Terroristen sollten an den Ausgängen der Altstadt mit Kalaschnikows möglichst viele flüchtende Menschen erschießen.

(dpa/heif/eler)
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