Interview mit Kriminalhauptkommissar "Gepäckdiebe gehen nicht nach Personen, sondern nach Flügen"

Noch im Jahr 2014 wurden am Flughafen Düsseldorf über 1500 Gepäckstücke gestohlen. Im vergangenen Jahr waren es nur noch 281. Wie hat die Polizei das geschafft - und wie können Flugreisende sich schützen? Wir haben nachgefragt.

Kriminalhauptkommissar Jürgen Thrien ist als Leiter des Kommissariats 34 für den Düsseldorfer Norden auch für die Verfolgung von Straftaten am Flughafen Düsseldorf zuständig.

2016 gab es 22 Prozent weniger Gepäckdiebstahl am Flughafen als 2015 — ein schöner Erfolg. Wie haben Sie das geschafft?

Jürgen Thrien Durch Kontinuität. Die Zahlen sind uns 2014 ein bisschen davongelaufen. Wir haben ein Konzept entwickelt, wie Ermittler und Fahnder zusammenarbeiten können und auch Videotechnik nutzen. Und wir hatten damit von Anfang an große Erfolge, besonders bei den Vollprofis unter den Gepäckdieben. 2015 hatten wir im ersten Halbjahr über 40 Festnahmen. Das hat sich natürlich auch bei denen rumgesprochen.

Wie haben die Diebe reagiert?

Thrien Wir haben Verdrängungen festgestellt nach Frankfurt und Zürich. Diese Leute bevorzugen Flughäfen, wo Geschäftsreisende unterwegs sind. Der Kölner Flughafen, wo viele Touristen unterwegs sind, interessiert die nicht.

Da ist der Düsseldorf Flughafen wahrscheinlich ideal, oder?

Thrien Genau. Gerade, wenn die ganzen Messen sind, wie die Medica zum Beispiel.

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Foto: RP-Grafik

Von 2014 auf 2015 haben Sie es geschafft, dass die Gepäckdiebstähle um mehr als 75 Prozent zurückgegangen sind. Was ist Ihre Bilanz für 2016?

Thrien Mich hat wirklich umgehauen, dass wir diese Tendenz fortsetzen konnten. Gegen 75 Prozent hören sich 22 Prozent zwar wenig an, aber wenn man sich die Polizeistatistik anguckt, werden solche Rückgangsraten sonst fast nirgendwo erreicht.

Haben Sie denn 2016 etwas anders gemacht als 2015?

Thrien Wir haben genau die gleichen Dinge weitergemacht. Wir haben das Konzept weitergeführt. Es gibt immer noch kleine Rädchen, an denen man drehen kann, aber im Großen und Ganzen funktioniert das. Das Wichtige ist: Der Fahndungsdruck muss ständig da sein.

Was für Täter sind denn am Flughafen unterwegs?

Thrien Wir haben einmal die Vollprofis. Das sind zu 99 Prozent Kosovo-Albaner, die kommen und gucken, und wenn die unsere Leute sehen, dann sind die gleich wieder weg. Wir haben natürlich auch ein paar gute Leute, die immer wieder da sind und auffallen. Die erkennt man wieder. Und dann gibt es die Nordafrikaner. Das sind oft dieselben Täter wie in der Altstadt. Wenn die sich dort auf die Füße treten, kommen sie auch manchmal zum Flughafen raus.

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Foto: dpa, Robert Schlesinger

Wie wichtig sind Zivilfahnder für Ihr Konzept?

Thrien Sie sind das A und O. Zivilfahnder, die viel Erfahrung mitbringen. Sie kommen vom Kriminalkommissariat 41. Sie arbeiten mit unseren Ermittlern zusammen — dank des Polizeipräsidenten, der hat das damals ermöglicht hat. Und sie haben ein Wahnsinns-Auge dafür, die Diebe zu erkennen. Da muss man speziell geschult sein.

Woran erkennt man denn Gepäckdiebe?

Thrien Das ist das Verhalten: Sie treten in der Gruppe auf, laufen ohne Gepäck ziellos durch den Flughafen. Wie die sich bewegen, wie die sich umschauen — da entwickelt man im Laufe der Jahre ein Gespür. Deswegen können wir auch nicht jeden als Fahnder einsetzen. Es hat sich bewährt, dass da Spezialisten im Einsatz sind.

Auf wen und was haben es die Täter besonders abgesehen?

Thrien Die Täter spionieren die Opfer lange Zeit aus. Und sie machen ihre Taten nicht an Personen, sondern an Flügen fest. Sie kommen gezielt, wenn Flüge aus Dubai oder aus Moskau landen, weil sie wissen: Da kommen Geschäftsleute, da kommen reiche Leute, da kommen Leute mit Trolleys voller Laptops, Kameras, Bargeld. Bei Flügen aus bestimmten Destinationen können wir schon am Gate sehen: Da stehen unsere alten Bekannten und warten.

Das ist praktisch, dann können Sie ja Ihre Dienstpläne auch nach den Flügen machen.

Thrien Ja klar, wir machen das auch an den Flügen fest. Und wir arbeiten täterorientiert, also sehr flexibel. Wenn die nur noch am Wochenende kommen, planen wir auch so den Dienst.

Was können Reisende tun, um sich gegen Gepäckdiebstahl zu schützen?

Thrien Man sollte auf jeden Fall Blickkontakt zum Gepäck haben. Wenn das nicht geht, die Hand an den Griff legen. Nicht die Sachen unbeaufsichtig stehen lassen. Es sind teilweise nur Sekunden, die diese Leute brauchen — und dann ist das Gepäck weg. Und worauf man achten sollte: Die Vollprofis arbeiten immer mit Ablenkern. Da hält einem plötzlich einer einen Stadtplan unter die Nase. Oder man wirft Kleingeld vor die Füße. Im nächsten Schritt nehmen die das Gepäck und sind ganz schnell weg. Manchmal arbeiten sie auch mit Blockern, die sich dann in den Weg stellen, sodass man sein Gepäck nicht mehr sehen kann.

Was ist wichtig, damit sich der Trend fortsetzt?

Thrien Der Fahndungsdruck ist das A und O. Wenn wir das nicht machen, gehen die Zahlen wieder hoch. Deswegen müssen wir da ständig am Ball bleiben.

(hpaw)
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