Serie So Wohnt Düsseldorf Gemüse ernten mitten in der Stadt

Düsseldorf · In einem Hinterhof in Oberkassel gedeihen Blumenkohl und Beeren. Die Besitzerin lädt bald zum "Tag der offenen Gartenpforte" ein.

 Lebt im Sommer von der Hand in den Mund: Ilse Blütehorn in ihrem Oberkasseler Nutzgarten, in dem sie auch jede Menge Gemüse erntet.

Lebt im Sommer von der Hand in den Mund: Ilse Blütehorn in ihrem Oberkasseler Nutzgarten, in dem sie auch jede Menge Gemüse erntet.

Foto: Hans-Juergen Bauer

Sie stammt aus einer Familie, in der Gärtnern zum Lebensgefühl gehört. Über Generationen wurde im Rhythmus der Jahreszeiten gesät, gepflanzt, gegossen, geerntet. So viel Grün färbt ab. Was tun, wenn man mitten in der Großstadt Wurzeln schlägt? Man sucht sich einen Garten, "zu dem netterweise auch eine Wohnung gehört", pflanzt Gemüse, Kräuter, Beeren und erntet das Gefühl: Alles ist ein bisschen wie früher. Der Trend von New York bis Berlin tauft dieses Gefühl "urban gardening". Was Ilse Blütehorn (eine Frau mit diesem Namen muss zwei grüne Daumen besitzen!) darunter versteht, zeigt sie am "Tag der offenen Gartenpforte".

 Das Insektenhotel wartet noch auf erste Besucher.

Das Insektenhotel wartet noch auf erste Besucher.

Foto: Hans-Juergen Bauer

Hmmh, riecht das lecker! Ilse Blütehorn zupft ein unscheinbares Blättchen ab und startet ihr grünes Quiz: "Na, was ist das wohl?" Riecht ein bisschen scharf, schmeckt würzig. Richtig: Senfkraut. "Schmeckt toll im Salat", meint die Kennerin. Und beginnt einen Rundgang durch ihren relativ kleinen, aber äußert ergiebigen Garten. Der Eisbergsalat entfaltet seine Blätter in einem Hochbeet in der Nachbarschaft von Blumenkohl und Basilikum, Minze und Minigurken. Im Frühling blühten hier mehr als 200 Tulpen, Narzissen, Hyazinthen - ein riesiger Blumenstrauß. Auch rund um den großen Gartentisch gedeiht, was viele gerne von der Hand in den Mund schieben: Tomaten etwa, Feigen, Brombeeren, Himbeeren und Erdbeeren. Und über allem liegt der Duft von Lavendel - das mögen auch die Hummeln.

 Hübscher Anblick: Salat, Kräuter und auch Blumenkohl wachsen vereint im Hochbeet heran.

Hübscher Anblick: Salat, Kräuter und auch Blumenkohl wachsen vereint im Hochbeet heran.

Foto: Hans-Juergen Bauer

2001 entdeckte die Anwältin für Familienrecht diese Gartenwohnung an der Dominikaner Straße in Oberkassel: 107 Quadratmeter im Souterrain, die Fenster der beiden Schlafzimmer zur Straßenseite liegen unter dem Niveau des Bürgersteigs, aber nach hinten raus öffnet sich ein großer Wohnraum mit offener Küche und viel Glas zu einer grünen Oase. Wenn die Sonne untergeht, wird die Wohnung von goldenem Licht illuminiert.

Am nächsten Wochenende zeigt Ilse Blütehorn ihren Freiluftplatz, wo sie in warmen Sommernächten auch gern schläft, beim "Tag der Offenen Gartenpforte" zum ersten Mal. Die Botschaft: "Man kann auch in einem kleinen Stadtgarten zum Gemüsebauern werden." Allein mit einer Zucchini-Pflanze ließen sich fünf Quadratmeter Boden bepflanzen - samt reicher Ernte. Nur eine Süßkartoffelpflanze habe im letzten Sommer vier Kilo Ertrag gebracht. Von ihrem Sauerampfer kocht sie eine Suppe, der Waldmeister landet in der Bowle, die (gefüllten) Inka-Gurken im Backofen. Alles gedeiht prächtig, vielleicht auch wegen des Düngers, auf den sie schwört, der ist bio und stammt aus Schafswolle.

Rasen findet man in diesem gepflasterten Hof mit seinen vielen Beeten allerdings nicht. Wohl aber das große vierblättrige Kleeblatt. Das ist zuständig fürs Glück. Etwas, was den Klienten der Scheidungsanwältin in der Regel abhandengekommen ist. Vielleicht lädt sie die deshalb zum Gespräch manchmal in ihren Garten ein, "hier zu sein, wirkt beruhigend, gerade in Lebenskrisen". Ihre Gäste wundern sich dann über eine Betontreppe, die zum zweiten Teil der Grün-Oase führt, die liegt auf dem Dach der Tiefgarage des Mehrfamilienhauses. Dort oben frühstückt Ilse Blütehorn manchmal, von der Morgensonne gewärmt und dem Himmel noch ein Stückchen näher. Ein zweifacher Garten, findet sie, verdoppelt das Glück.

(RP)
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