Giftschlangen Gegengift aus dem Aquazoo

Düsseldorf · Zwei Arten von Giftschlangen leben im Aquazoo. Deshalb lagert dort auch das entsprechende Gegengift. Bei Bissunfällen kommt das Serum nicht nur in Düsseldorf zum Einsatz – zuletzt brachte ein Hubschrauber die lebensrettenden Ampullen ins Siegerland.

 Markus Juschka vom Aquazoo mit der Ampulle - verabreichen darf das Gegengift allerdings nur ein Arzt.

Markus Juschka vom Aquazoo mit der Ampulle - verabreichen darf das Gegengift allerdings nur ein Arzt.

Foto: RP, Werner Gabriel

Zwei Arten von Giftschlangen leben im Aquazoo. Deshalb lagert dort auch das entsprechende Gegengift. Bei Bissunfällen kommt das Serum nicht nur in Düsseldorf zum Einsatz — zuletzt brachte ein Hubschrauber die lebensrettenden Ampullen ins Siegerland.

Giftschlangen: Gegengift aus dem Aquazoo
Foto: RP, Werner Gabriel

Nach dem Hilferuf kommt der Hubschrauber. Mit Getöse landet der Helikopter auf dem Parkplatz vor dem Aquazoo, Helfer steigen aus, nehmen eine hellblaue Kühlbox in Empfang und verabschieden sich schnell wieder. Zeit ist kostbar und möglicherweise lebensrettend.

In einem Krankenhaus in Siegen liegt ein Mann, der beim Füttern von seiner Klapperschlange in den Zeige- und Mittelfinger gebissen wurde. Das Gift ist im Blut und das heilende Serum noch in Düsseldorf. Der Helikopter hebt ab, bringt die Ampullen ins Siegerland.

Die Rettungsaktion Mitte Juni war für die Mitarbeiter des Düsseldorfer Aquazoos bereits die dritte in diesem Jahr. "Da wir Giftschlangen haben, sind wir auch verpflichtet, das entsprechende Gegengift bei uns zu lagern", sagt Markus Juschka, 42 Jahre alt, technischer Assistent im Wasserrevier und damit für die Reptilienabteilung zuständig.

Über die Vorräte führt aber nicht nur der Zoo Buch, sondern auch eine zentrale Meldestelle in München. An die Toxikologische Abteilung der Technischen Universität wenden sich daher die Krankenhäuser bundesweit, wenn nach einem Bissunfall ein Gegengift benötigt wird.

Die Experten wissen, wo in Deutschland welche Mengen lagern. "Wenn uns ein Notruf ereilt, müssen wir unser Serum zur Verfügung stellen — nachts händigt die Aufsicht die Ampullen aus", sagt Juschka. Je nach Wegstrecke holt es ein Zivildienstleistender ab, ein Krankenwagen — und manchmal kommt eben auch der Hubschrauber.

Zurzeit wohnen eine männliche Monokel-Kobra und ein Hornviper-Pärchen im Düsseldorfer Aquazoo. Bis vor kurzem machte eine Klapperschlange aus dem Giftschlangen-Trio ein Quartett. Das Tier wurde inzwischen allerdings abgegeben. Da das Gegengift jedoch noch in kleinen Ampullen im Kühlschrank des Zoos im Stadtteil Stockum lagerte, konnte es das Siegener Krankenhaus anfordern.

Mehr als 3000 Schlangenarten gibt es weltweit, etwa zehn Prozent davon sind giftig — die mit der höchsten Konzentration sind die Inland Taipane, die im australischen Outback auf Jagd gehen ("die können kein Risiko eingehen, müssen in der Einöde jedes Tier erwischen"). Doch für fast alle gibt es ein Gegengift. In der Regel wird das Serum unter Mithilfe von Pferden gewonnen. Den Tieren wird das Schlangengift gespritzt, so dass sie Antikörper bilden. Anschließend wird Blut abgenommen und die Antikörper werden für den nächsten Bissunfall herausgefiltert.

Meistens beißen die Schlangen ihre Halter. "Häufig werden giftige Klapperschlangen gehalten", sagt Juschka. "Wir haben aber auch immer wieder Unfälle in der freien Natur." Beispielsweise wenn Spaziergänger auf Abwegen eine Kreuzotter im Gebüsch überraschen. "Im Aquazoo selbst haben wir das Gegengift zum Glück noch nie gebraucht." Zwei Mal im Jahr werden die Mitarbeiter, die Kontakt mit Hornvipern und der Kobra haben, geschult. Außerdem wechseln die Betreuer regelmäßig, was zu einer erhöhten Wachsamkeit führt.

Fünf Ampullen á zehn Milliliter pro Serum hat der Zoo vorrätig. Weißes Pulver, das vom Arzt im Bedarfsfall mit Wasser angerührt wird. Bestellt wird das Gegengift in der Apotheke, aus Thailand wird es schließlich in die Landeshauptstadt geliefert — was die Haltung der drei Schlangen zu einem kostspieligen Unterfangen macht. Quarantänebestimmungen müssen eingehalten, die Kühlkette darf auf dem Transportweg nie unterbrochen werden. Rund 800 Euro hat der Aquazoo zuletzt für die Lieferung des Kobra-Gegengifts bezahlt. Juschka: "Vor Ort gibt's die gleiche Menge für 15 Euro."

(RP)
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