Düsseldorf Die Schuhmesse - ein Auslaufmodell

Düsseldorf · 61 Jahre nach der ersten "Großen Deutschen Schuhmusterschau" beginnt am Dienstag die letzte Auflage der Veranstaltung.

Die Schuhmesse GDS in Düsseldorf früher
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Die Schuhmesse GDS in Düsseldorf früher

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Foto: Messe Düsseldorf

Stöckelschuhe liebten die Damen auch damals schon, im Jahr 1956, als sich Mitte April ganze 124 Aussteller aus der Schuhbranche auf dem alten Messegelände am Ehrenhof zusammentaten. Sie organisierten die erste "Große Deutsche Schuhmusterschau" (GDS), die mehr als 1000 Kollektionen zeigte und rund 7000 Besucher anzog. Ein wesentlicher Grund für die Auswahl Düsseldorfs: Schon damals waren in der Region mehr Schuhhändler ansässig als an jedem anderen Ort.

Und ihre Branche wuchs. Beflügelt vom Wirtschaftswunder, war die Freude der Menschen an der Mode gewachsen, schick sollte es sein oder auch mit einem Touch von Rock'n Roll - der hatte erfolgreich seinen Weg nach Deutschland gefunden. So dürften die Hersteller manches Paar Queenie-Pumps im Gepäck gehabt haben, spitze Schuhe mit niedrigem Absatz in kräftigen Farben, die sich so wunderbar zum Petticoat tragen ließen. Und für die Herren die wiederentdeckten Two-Tone-Schuhe, bei denen Spitze und Ferse aus dunklerem Leder bestanden als der Rest. Der Name der "Musterschau" war Programm: Die ausgestellten Schuhe durften gemustert werden, gekauft und bestellt wurde damals noch nicht.

So begann eine wechselvolle Geschichte, die kommende Woche nach 61 Jahren endet. Vom 7. bis 9. Februar findet die letzte Ausgabe der GDS in der bekannten Form statt, danach wird es eine reduzierte neue Veranstaltung auf dem Böhler-Gelände an der Stadtgrenze zu Meerbusch geben. Es ist das Ende einer Entwicklung, die lange nur einen Weg gekannt hatte: aufwärts. Schon in den 70er-Jahren habe sich die immense Bedeutung Düsseldorfs für die Schuh-Branche gezeigt, sagt Claudia Schulz vom Deutschen Schuh-Institut. Hatten anfangs nur deutsche Hersteller ihre Kollektionen auf der zweimal im Jahr stattfindenden GDS gezeigt, kamen nun auch Stücke aus anderen Ländern dazu, hochwertige italienische Lederschuhe etwa, wie sie bei den Kunden gefragt waren. "In den 80er-Jahren war Düsseldorf das Schuh-Mekka schlechthin", sagt Schulz. Nicht nur die Schuh-Schau - inzwischen längst auf das neue Messe-Gelände in Stockum umgezogen - war ein Anlaufpunkt, auch vor den edlen Schuh-Geschäften der Stadt hätten die Mode-Interessierten damals in Gruppen gestanden, Fotos von den Schaufenstern gemacht.

Um die Jahrtausendwende erlebte die GDS ihre absolute Hochzeit. Im Jahr 2000 zeigten fast 2000 Aussteller aus 50 Ländern ihre Kollektionen, mehr als 50.000 Fachbesucher kamen - und mehr als 70 Prozent von ihnen reisten aus dem Ausland an: Internationaler war die Messe nie. Der Normal-Düsseldorfer bekam davon freilich wenig mit, wenn er nicht gerade ein von Messe-Besuchern frequentiertes Hotel oder Restaurant betrieb. Die Messe war stets eine Fach-Veranstaltung mit Zutritt nur für die Händler und Einkäufer, die dort die Kollektionen für künftige Saisons bestellten. Wer als Kunde wissen wollte, welche Farben demnächst bei Lackschuhen angesagt und welche Absatzhöhen gefragt sein würden, musste warten, bis das Schuhwerk seinen Weg in die Läden gefunden hatte.

Nach 2000 begann der Abstieg

Nach der Jahrtausendwende begannen die Probleme der Messe - in beinahe so vielfältiger Form wie die Pumps und Slipper, die dort zu sehen waren. Da waren die konkurrierenden italienischen Messen, allen voran die Micam in Mailand. Da waren die aufkommenden regionalen Ordercenter, die viele Händler nun anstelle der großen Messen ansteuerten. Da war 2012 das Ende der Modemesse CPD, das dokumentierte, dass moderne Styles und sterile Messehallen für viele nicht mehr zusammenpassten. Und es begann ein langer Streit um den richtigen Zeitpunkt. Die GDS müsse früher stattfinden, forderten viele - damit die Etats der Einkäufer nicht schon komplett verplant seien.

Einen letzten großen Rettungsversuch machte GDS-Chefin Kirstin Deutelmoser 2013 angesichts dramatisch sinkender Aussteller- und Besucherzahlen: Sie verlegte die Messe deutlich nach vorne (was in der Branche als richtiger Schritt gefeiert wurde), verpasste ihr ein moderneres Erscheinungsbild mit Erlebniswelten, Laufstegen, Shows. Zufrieden waren trotzdem nicht alle - nun war's einigen zu früh, viele Kollektionen waren noch nicht fertig. "Zum Zeitpunkt des Relaunch waren der frühe Termin und das damit verbundene Konzept konsequent", sagt Deutelmoser heute. Aber die Branche habe sich in einer nicht zu ahnenden Dynamik weiter verändert, und man habe nicht alle unterschiedlichen Interessen im ausreichenden Maße bündeln können. So sanken die Besucherzahlen weiter, zuletzt waren es gerade einmal 12.500.

Dass wenige Wochen vor der anstehenden GDS gleich verkündet wurde, dass es die letzte sein wird, kam für viele trotzdem plötzlich. Die Mode-Welt der Landeshauptstadt verliert nach der CPD wieder eine große Traditionsveranstaltung. Nicht mit großem Tamtam. Eher, Entschuldigung: auf leisen Sohlen.

(RP)
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