Laudatorin Charlotte Knobloch: Friede Springer in Düsseldorf geehrt

Düsseldorf · Gestern Abend hat die Jüdische Gemeinde in Düsseldorf der 71-jährigen Verlegerin die Josef-Neuberger-Medaille verliehen. Laudatorin Charlotte Knobloch nannte sie "einen Leuchtturm unserer Zeit, eine moderne Heldin".

Sie ist keine Frau großer Gesten: Wirbel und Aufsehen um ihre Person sind Friede Springer sichtlich unangenehm. Die Verlegerin strahlt Bescheidenheit aus — selbstverständlich reiht sich die 71-Jährige wie alle anderen Gäste in die Schlange vor der Garderobe ein und wartet geduldig.

Noch wenige Minuten vor der großen Preisverleihung in der Düsseldorfer Synagoge schüttelt die Unternehmerin freundlich Hände. Und so war es nur konsequent, dass Friede Springer selber keine Worte verlor, als die Jüdische Gemeinde in Düsseldorf ihr gestern Abend die Josef-Neuberger-Medaille verlieh. Worte waren ohnehin nicht nötig — die tiefe Rührung über diese Würdigung war der Hauptaktionärin der Axel Springer AG deutlich ins Gesicht geschrieben.

Jedes Jahr, seit 1991, ehrt die Jüdische Gemeinde im Rahmen ihres Jahresempfangs eine Person des nichtjüdischen öffentlichen Lebens, die sich um die jüdische Gemeinschaft verdient gemacht hat. Benannt ist die Auszeichnung nach Josef Neuberger, dem ehemaligen nordrhein-westfälischen Justizminister.

Neuberger war zudem Vorstandsvorsitzender der Jüdischen Gemeinde in Düsseldorf. Bereits im vergangenen Jahr hatte sie eine Person aus der Medienlandschaft ausgezeichnet — die Medaille ging an den Mitherausgeber der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", Frank Schirrmacher.

Charlotte Knobloch, ehemalige Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, sagte zu Beginn ihrer Laudatio: Die "hervorragende Persönlichkeit" und die "enorme Schaffenskraft" Friede Springers ließen sie in "Ehrfurcht verharren". Ihr Einsatz für den Dialog zwischen Juden und Nichtjuden sei beispiellos und zeitlos. Die Auszeichnung mit der Josef-Neuberger-Medaille unterstreiche dies einmal mehr. Souverän und selbstbewusst sei sie stets dem Vorbild ihres Mannes Axel Springer gefolgt.

Bis zu seinem Tod 1985 hatte sich der Verleger stets für die Versöhnung zwischen Deutschland und Israel starkgemacht. Seine Überzeugung findet sich bis heute in den Unternehmensgrundsätzen der Axel Springer AG wieder. Als Freundin "in guten wie in schlechten Zeiten" führe Friede Springer diesen Dialog fort, betonte Knobloch. Die Verlegerin unterstütze mit ihrer Stiftung zudem Forschungs-, Kultur- und Bildungsprojekte in Israel durch großzügige Spenden.

Über den wachsenden Zulauf für rechtsextreme Parteien und Organisationen in ganz Europa äußerte sich Knobloch besorgt. "Antisemitismus hat vielerorts wieder sehr bedrohliche Ausmaße angenommen", sagte sie. Auch in Deutschland gebe es Intoleranz und Ausgrenzung. Besonders deutlich sei dies im vergangenen Jahr bei der Debatte über die Beschneidung geworden. Die öffentliche Diskussion sei von Arroganz, Missgunst und Respektlosigkeit geprägt gewesen. "Wir mussten erleben, wie schnell und ungezügelt der in der breiten Mitte der Gesellschaft fest verankerte Antisemitismus manifest werden kann."

Auch anti-israelische Tendenzen nähmen in ganz Europa besorgniserregende Ausmaße an, beklagte Knobloch. Bundeskanzlerin Angela Merkel habe glücklicherweise für die deutsche Politik eine klare Linie der Solidarität und der Wertegemeinschaft mit Israel vorgegeben. In diesem Zusammenhang nannte die ehemalige Präsidentin des Zentralrats der Juden Friede Springer "eine entschlossene Mitstreiterin an der Seite der jüdischen Gemeinschaft". Die 71-Jährige könne nicht schweigen, wenn Antisemitismus seine hässliche Fratze zeige, und sie habe Axel Springers Lebenswerk Bestand verliehen, indem sie ihr eigenes Lebenswerk als Schutzschild darüber ausgebreitet habe. "Sie sind wahrlich fabelhaft. Ein Leuchtturm unserer Zeit, eine moderne Heldin — als Mensch. Ich darf mich vor Ihnen verneigen", sagte Knobloch zum Abschluss ihrer Laudatio.

Für Friede Springer war es nicht die erste Auszeichnung. 2000 erhielt die Verlegerwitwe den Leo-Baeck-Preis, die höchste Auszeichnung des Zentralrats der Juden. Zwei Jahre später wurde sie mit dem Ehrendoktor der israelischen Ben-Gurion-Universität ausgezeichnet, im vergangenen Jahr wurde ihr die Moses-Mendelssohn-Medaille verliehen.

Weitere Gäste bei der Preisverleihung waren Springer-Vorstandsvorsitzender Mathias Döpfner, WDR-Intendant Tom Buhrow und Romani Rose, Vorsitzender des Zentralrats der Sinti und Roma.

(RP)
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