Führungen durch die Stadt Die Kunst an Mauern und Wänden entdecken

Düsseldorf · Der Galerist Klaus Rosskothen veranstaltet jeden Samstag einen Urban Art Walk. Es geht um die Kunst aus Sprühdosen auf Mauern, Stromkästen und Hausfassaden.

 Dieses Wandbild zeigt zwei Liebende am Fürstenplatz. Wobei: Der Mann blickt nach unten.

Dieses Wandbild zeigt zwei Liebende am Fürstenplatz. Wobei: Der Mann blickt nach unten.

Foto: Holger Lodahl

Gut drei Meter breit ist es und zwei Meter hoch – daher eigentlich auch nicht zu übersehen. Dennoch bleibt das Bild von vielen Passanten auf dem Fürstenplatz in Friedrichstadt unbeachtet. Aber Klaus Rosskothen richtet die Aufmerksamkeit auf das Motiv. „Geschaffen wurde das Bild vom österreichisch-französische Künstlerpaar Jana und Js. Das Bild zeigt im Vordergrund ein Liebespaar und im Hintergrund Häuser, die so eng beieinander stehen, dass sie wie Waben eines Bienenstocks wirken.“ Klaus Rosskothen kennt sich gut aus mit den zahlreichen Bildern, die in Düsseldorf auf Mauern, Stromkästen und Hausfassaden zu sehen sind. Er ist Inhaber der Galerie Pretty Portal, mit der er sich spezialisiert hat auf diese Art von Kunst im öffentlichen Raum. „Street Art“ wird sie genannt oder auch „Urban Art“ – und Rosskothen zeigt viele dieser Bilder in den Straßen Düsseldorfs bei einem Urban-Art-Walk.

Gut zwei Stunden führt der Kunstkenner die Rundgangsteilnehmer durch die Stadt. Start ist immer an Unterführung an der Ecke Ellerstraße/Willi-Becker-Allee. Der Platz kann kaum unbehaglicher sein, denn während oben die Züge fahren, hupen unten die Autos, es klingeln die Radler. Aber auf den rauen Wänden ist Kunst zu sehen. Im Jahr 2011 trafen sich gut 40 Künstler, um die schmucklosen Wände mit ihren Motiven zu besprühen. „Irgendwie“, so erklärt Klaus Rosskothen, „fühlte sich niemand auf die Schnelle verantwortlich, die nicht genehmigte Aktion zu stoppen.“ So sind die Bilder bis heute zu sehen, werden zuweilen verändert, andere verblassen. Die Motive zeigen Stadtansichten, Slogans und Affen in vielen Größen. Verknüpft seien die Bilder mit Fragen wie „Wem gehört die Stadt?“ und „Gibt es genug Raum für die Menschen?“

 An der Einfahrt zum ehemaligen Boui Boui Bilk ist noch dieses Roboterbild zu sehen, das zeigt Klaus Rosskothen in der Führung.

An der Einfahrt zum ehemaligen Boui Boui Bilk ist noch dieses Roboterbild zu sehen, das zeigt Klaus Rosskothen in der Führung.

Foto: Holger Lodahl

Solche kritischen Fragen seien für Urban Art typisch, sagt Klaus Rosskothen. Einige Meter weiter an der Helmholtzstraße gibt es weitere Beispiele. Zwölf große Bilder sind dort nebeneinander zu sehen, alle seien im Jahr 2015 entstanden – alle enthielten hintergründige Fragen. So wie jenes von Künstler Oliver Räke, der für sein Motiv einen Udo-Jürgens-Schlager „Lieb Vaterland“ verwendet hat und die Kritik des Sängers an der deutschen Nationalhymne aufgriff.

 Diese Geisterbilder sind an vielen Stellen Düsseldorfs zu sehen.

Diese Geisterbilder sind an vielen Stellen Düsseldorfs zu sehen.

Foto: Holger Lodahl

„Wer mit offenem Blick durch die Stadt geht, wird immer wieder neue, alte, große und kleine Urban-Art-Kunst sehen“, sagt Klaus Rosskothen. So wie die Gespensterbilder. Oft nur wenige Zentimeter groß blicken sie von Straßenschildern oder Laternenmasten herab, als wollten sie sagen: Wir tun Euch nichts, aber achtet auf die Überwachungskameras. Auf einem Stromverteilerkasten an der Corneliusstraße ist das Bild eines Mannes zu sehen, der sich zu Business-Anzug und Hemd statt einer Krawatte einen Strick bindet. „Es geht den Künstlern oft nur darum, den Passanten einen Spiegel vorzuhalten, damit sie ihr eigenes Leben hinterfragen“, sagt Klaus Rosskothen. Der Wohnraum zu knapp und zu teuer; moderne Technik als Freude oder Feind für den Menschen, der Arbeitsplatz als Ort zur Unterdrückung – meist könne jeder Bürger in der Kunst des öffentlichen Raumes etwas Hintergründiges, etwas Kritisches entdecken.

 Auf diesem Bild bindet sich ein Geschäftsmann einen Strick um den Hals statt eine Krawatte.

Auf diesem Bild bindet sich ein Geschäftsmann einen Strick um den Hals statt eine Krawatte.

Foto: Holger Lodahl
 Vom  Künstler Ardif stammt diese Zeichnung an einer Hauswand der Brunnenstraße.

Vom  Künstler Ardif stammt diese Zeichnung an einer Hauswand der Brunnenstraße.

Foto: Holger Lodahl

Das ist auch auf dem großen Bild auf dem Fürstenplatz so: Das Liebespaar bildet nur beim flüchtigen Hinsehen eine romantische Einheit. Während die Frau nämlich ihrem Freund in die Augen zu blicken versucht, schaut er herab. Was er dort unten sieht, bleibt ungewiss. Einer der zwölf Teilnehmer bei diesem Urban-Art-Walk macht mit seinem Handy ein Foto von dem Bild und kommt auf eine Idee: „Vielleicht schaut der Mann nach unten, um auf seinem Mobiltelefon seine Mails zu checken.“

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