Großstadt-Trend Düsseldorf wie am Mittelmeer

Düsseldorf · Im nächsten Jahr soll endlich der Stadtstrand kommen. In vielen Städten gibt es ähnliche Einrichtungen. Forscher sehen einen Trend zur „Mediterranisierung“ in Großstädten.

 Das „Sonnendeck“ in Lörick bietet bereits Strand-Gefühl in der Großstadt. Solche Plätze liegen im Trend.

Das „Sonnendeck“ in Lörick bietet bereits Strand-Gefühl in der Großstadt. Solche Plätze liegen im Trend.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

In diesem Sommer wird es nichts mehr mit dem Stadtstrand – dafür gibt es endlich ein konkretes Datum: Am 1. März 2019 soll die Attraktion starten, die von den Grünen gefordert und einer Mehrheit des Stadtrats befürwortet wird. Drei Standorte sind noch im Rennen: Robert-Lehr-Ufer, Tonhallenufer und die Wiese vor dem Museum KIT. Dies teilte die Stadt auf Anfrage unserer Redaktion mit. Nun soll alles ganz schnell gehen: Bis 14. August können sich die Bewerber melden.

Die Idee eines künstlichen Strands in der Innenstadt stößt auf breite Zustimmung – nicht ohne Grund: Solche Einrichtungen liegen im Trend, von Paris bis Berlin. Der Kulturwissenschaftler Wolfgang Kaschuba sieht sie als Zeichen für einen Trend zur „Mediterranisierung“ der Großstädte. Trotz des kühleren Klimas werde der Stadtraum mit Stränden, Palmen oder Straßencafés gestaltet wie im Süden, meint er. Vor allem aber bedeutet der Begriff: Der öffentliche Raum wird immer mehr zum Treffpunkt – wie man es aus Mittelmeer-Ländern kennt.

Düsseldorf war mit dem Stadtstrand „Monkey’s Island“ Anfang der 00er-Jahre sogar ein Vorreiter der Bewegung. Inzwischen hat sich die „Mediterranisierung“ ausgebreitet – selbst wenn der neue Stadtstrand auf sich warten lässt. Nicht nur, dass es bereits Event-Strände gibt, vom Sonnendeck in Lörick bis zum Treibgut im Stahlwerk.

Standort-Ideen für einen Stadtstrand in Düsseldorf
6 Bilder

Standort-Ideen für einen Stadtstrand in Düsseldorf

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Foto: Laura Ihme

Auch die Grünanlagen werden immer mehr zum Urlaubsgebiet: Das Rheinufer und die Parks sind an warmen Wochenenden so voll wie Spaniens Strände in der Hochsaison, abends wird gegrillt und bis in die tiefe Nacht sitzengeblieben. Neue Veranstaltungen wie „Sport im Park“ oder „Parklife“ bespielen die Grünanlagen – mit Erfolg. Die Großstädter, denen meist ein Garten fehlt, zieht es ins Stadtgrün.

Auch „Parklife“ ist vom Mittelmeer erweckt, sagt Gründer Hamed Shahi. Er ließ sich von einer Veranstaltung in Barcelona inspirieren. Nun lädt er alle zwei Wochen in einen anderen Park. Es gibt einen DJ und Essensstände, die Besucher können es sich mit ihren Picknick-Decken gemütlich machen.

Eigentlich stehen aber weder Musik noch Speisen im Mittelpunkt, sondern das gemeinsame Zeitverbringen. „Wir bieten nichts an, was anstrengend ist“, lautet Shahis Konzept. Die Reihe wird gut angenommen, Hunderte Menschen bevölkern den jeweiligen Park, darunter viele Familien. Finanziert wird „Parklife“ durch Sponsoren, es gibt keinen Konsumzwang – für den Gründer ein wichtiger Punkt, weil es den Zeitgeist treffe. „Wir wollen weg von Kommerzialisierung, hin zur Authentizität“, sagt er. Letzte Woche gastierte „Parklife“ im Ostpark. Am 15. Juli ist der Hofgarten an der Reihe.

Ruhebedürfnis contra Lebendigkeit

Auch Reinhold Knopp, Professor für Stadt- und Kultursoziologie an der Hochschule Düsseldorf, beobachtet den Trend zu mehr Nutzung des öffentlichen Raums. Grundsätzlich sei das eine gute Entwicklung, meint er. „Die Stadt muss lebendig sein und darf nicht zum sterilen Ort werden.“ Knopp sieht aber auch Konfliktpunkte, mit denen sich die Stadtgesellschaft auseinandersetzen muss. Andererseits sei nämlich auch das Ruhebedürfnis gewachsen, viele Bürger schalteten bei Lärm schneller das Ordnungsamt ein als früher. Außerdem müsse eine Stadt gewährleisten, dass der öffentliche Raum für alle gesellschaftlichen Gruppen offen bleibt und nicht kommerzialisiert wird. „Wer seinen Champagner mit in den Park bringt, muss akzeptieren, dass andere dort auch Wasser trinken“, sagt Knopp.

Diese Debatte wird auch um den neuen Strand noch geführt werden: Soll er Eintritt kosten? Soll man baden können? Wie teuer werden die Getränke? Dabei will auch die Politik mitreden. Am 6. November entscheidet ein Ausschuss des Rats.

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