Soziale Einrichtungen Freiwillige sollen Zivis ersetzen

Düsseldorf · Mit der Aussetzung der Wehrpflicht endet auch der verpflichtende Zivildienst. In vielen Einrichtungen spielen die Zivis eine tragende Rolle. Stadt und Wohlfahrtsverbände wollen in Schulen und Jobcentern um Freiwillige werben.

 Die Zivildienstleistenden Gabor Bodolay (l.) und Christian Meinhardt (r.) sind Zivildienstleistende an der LVR-Schule am Volksgarten, Janette Stanczak (Mitte) leistet an der Förderschule ein Freiwilliges Soziales Jahr.

Die Zivildienstleistenden Gabor Bodolay (l.) und Christian Meinhardt (r.) sind Zivildienstleistende an der LVR-Schule am Volksgarten, Janette Stanczak (Mitte) leistet an der Förderschule ein Freiwilliges Soziales Jahr.

Foto: RP, Thomas Bußkamp

Langsam hebt Christian Meinhardt (20) die zwölfjährige Senepa aus dem Rollstuhl und setzt sie auf eines der schuleigenen Dreiräder. Das Mädchen umarmt ihn fest und lacht laut. "Das ist es, was ich meine, wenn ich sage: Das kriegt man zurück. Dieses Lachen", sagt Meinhardt. Er ist einer von zwölf Zivildienstleistenden an der LVR-Schule am Volksgarten.

Die Schule mit dem Förderschwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung gehört zu den Einrichtungen in der Stadt, die auf die Mitarbeit von Zivis angewiesen sind. "Die jungen Leute sind für uns Pädagogen unabdingbar", sagt Schulleiterin Anke Abbenhaus. "Ohne sie müssten wir etwa dann, wenn ein Kind gepflegt werden muss, die Klasse verlassen und unsere Aufsicht vernachlässigen."

Stadt will um Freiwillige werben

Die Förderschule ist nicht die einzige Einrichtung, die auf das Ende der Zivildienstpflicht reagieren muss. "In Düsseldorf gibt es rund 470 Zivi-Plätze, hauptsächlich bei den Wohlfahrtsverbänden, in Pflegeeinrichtungen und bei der Betreuung von Behinderten", sagt Roland Buschhausen, Leiter des Amtes für soziale Sicherung und Integration. "Stadt und Wohlfahrtsverbände arbeiten aber sehr eng zusammen und wir wissen, dass wir uns in dieser Frage bewegen müssen. Die Stadt wird unter anderem in Schulen und Jobcentern auf potenzielle Freiwillige zugehen."

Auch bei den Wohlfahrtsverbänden hofft man angesichts des bevorstehenden Umbruchs darauf, dass sich möglichst viele junge Menschen für ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) entscheiden. "Wir werden in den Schulen dafür werben. Die Möglichkeit, ein FSJ zu leisten, ist derzeit aber noch nicht sehr bekannt", so der Sprecher der Liga Wohlfahrt Thorsten Nolting. "Deshalb bin ich nur teilweise optimistisch, dass wir in gleichem Maße Freiwillige finden werden wie bisher Zivildienstleistende." Die hauptamtlichen Kräfte bei den Wohlfahrtsverbänden wären laut Nolting aber auch in einem solchen Fall in der Lage, ihre Aufgaben zu erfüllen. "Es ist nicht so, dass ohne die Zivis alles zusammenbricht. Wir müssten dann aber kreativ werden."

Beim Werben für das FSJ wird es nach Angaben von Diakoniepfarrer Nolting nicht allein darum gehen, auf die Bedürfnisse der Menschen und Kinder hinzuweisen, denen die bisher von Zivis verrichtete Arbeit zugutekommt. Vielmehr werde die Liga Wohlfahrt auch die Chancen eines FSJ und die Bedeutung für die Charakterbildung und das soziale Bewusstsein junger Menschen betonen. "Es ist eine Gelegenheit, vor der Ausbildung oder dem Studium ein Jahr lang im wirklichen Leben Erfahrung zu sammeln. In diesem Jahr entsteht ein Bewusstsein dafür, was Gesellschaft überhaupt ist", so Nolting.

Christian Meinhardt jedenfalls muss diese Lektion nicht mehr lernen. Für ihn ist der Zivildienst an der LVR-Schule mehr als eine ungeliebte Pflichtveranstaltung. "Ich möchte hier weitermachen und mich zum Heilerziehungspfleger ausbilden lassen."

(RP)
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