Forschung in Düsseldorf Die Haut als Wunderwerk der Natur

Düsseldorf · Das Leibniz-Institut für Umweltmedizinische Forschung in Düsseldorf untersucht Methoden, um Neurodermitis und Hautkrebs besser zu behandeln.

Jean Krutmann, wissenschaftlicher Leiter des IUF-Leibniz-Institut für umweltmedizinische Forschung in Düsseldorf. In einem Forschungsprojekt untersucht er Rezeptoren, die das Immunsystem der Haut beeinflussen.

Jean Krutmann, wissenschaftlicher Leiter des IUF-Leibniz-Institut für umweltmedizinische Forschung in Düsseldorf. In einem Forschungsprojekt untersucht er Rezeptoren, die das Immunsystem der Haut beeinflussen.

Foto: Anne Orthen (orth)

Die menschliche Haut ist ein Wunderwerk der Natur. Ein einziger Quadratzentimeter dieser Körperhülle besteht aus etwa 600.000 Zellen. Und in nahezu allen Hautzellen finden sich Rezeptoren, also Empfänger, die Signale aus der Umwelt – wie UV-Strahlen des Sonnenlichts, Umweltchemikalien und Schwebstaub – aufnehmen und weiterleiten. Wie sich diese Signalübertragung in Zellen nutzen ließe zur Vorbeugung und Behandlung von Erkrankungen wie Neurodermitis und Hautkrebs, das wird in den nächsten Jahren von neun verschiedenen Forschungsgruppen aus ganz Deutschland intensiv untersucht. Eine zentrale Rolle spielt dabei das IUF-Leibniz-Institut für umweltmedizinische Forschung in Düsseldorf.

„Wir wissen, dass ein bestimmter Rezeptor, der sogenannte AHR-Rezeptor, das Immunsystem der Haut beeinflusst und somit eine wichtige Funktion für die Hautgesundheit hat“, sagt Jean Krutmann, wissenschaftlicher Leiter des Instituts. Das Vertrackte: Offenbar hat die Aktivierung dieses Rezeptors manchmal eine positive, manchmal aber auch eine negative Wirkung auf die Haut – was die Wissenschaftler an den römischen Gott Janus mit seinen zwei Gesichtern erinnert. „Wir gehen davon aus, dass die unterschiedliche Wirkung davon abhängt, ob die Haut gesund oder durch Entzündungen oder Umwelteinflüsse vorgeschädigt ist“, erläutert Krutmann den Ansatz des Forschungsprojekts.

Dazu lohnt sich ein genauer Blick auf die menschliche Haut: Diese Schnittstelle zur Außenwelt ist das größte und schwerste Organ des Körpers, sie wiegt bis zu 20 Kilogramm und hat ein ganzes Aufgabenspektrum zu bewältigen. Sie ist wind- und wasserfest, atmungsaktiv, selbstheilend und temperaturregulierend. Sie hat eine Barrierefunktion und verhindert, dass Schmutz und Mikroben in den Körper eindringen. Über die Haut nimmt der Mensch seine Umwelt, also Kälte und Wärme, Berührung und Schmerz, wahr, zugleich drückt er über sie Gefühlsregungen aus: Sie wird rot vor Zorn und blass vor Schreck. Und die Haut ist eine unermüdliche Arbeiterin: Pro Minute werden etwa 40.000 neue Hautzellen produziert, darunter Sinnes- und Pigmentzellen, außerdem Talg- und Schweißdrüsen.

Dieses Hochleistungsorgan ist allerdings auch störanfällig, wozu vor allem Umwelteinflüsse wie Feinstaubbelastung und intensive UV-Strahlung beitragen. „Wir konnten in Studien nachweisen, dass etwa 80 Prozent aller Hautveränderungen durch äußere Einflüsse bedingt sind“, so Krutmann. Bei der Entstehung vieler Hautkrankheiten wie Neurodermitis, der Autoimmunerkrankung Lupus Erythematodes, weißem und schwarzem Hautkrebs, aber auch bei Hautreaktionen auf Arzneimittel spielt der im Fokus stehende Rezeptor eine wesentliche Rolle.

So hat das Team des Düsseldorfer Instituts herausgefunden, dass diese Andockstellen durch intensive Sonnenstrahlen aktiviert werden und wiederum Gene beeinflussen, die die Hautalterung und das Entstehen von Krebserkrankungen begünstigen. Was zu der Frage führte: Kann man Hautkrebs verhindern, wenn man diese Rezeptoren blockiert? Andererseits aber sei Blockade wohl nicht immer der richtige Weg, denn es scheint so zu sein, dass diese Rezeptoren die Barriere der Haut auch verbessern können. Da wäre es dann sinnvoll, sie eher zu stimulieren, als zu blockieren, so die Annahme der Wissenschaftler. Außerdem: Rezeptoren werden auch gebraucht für eine gesunde Haut – „das Ganze ist ein hochkomplexes Thema“, so Krutmann.

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft hat für die kommenden vier Jahre fünf Millionen Euro an Fördermitteln für das Verbundprojekt bewilligt, eine Verlängerung um weitere vier Jahre ist möglich. Beteiligt daran sind außer dem IUF die Universitäten in Düsseldorf, Bonn, Magdeburg und Oldenburg. Dabei werden ganz unterschiedliche Untersuchungsmethoden zum Einsatz kommen: Patientenproben, Haut- und Mausmodelle. Schließlich sollen alle Ergebnisse auf einer Datenbank zusammengefügt und ausgewertet werden. Mit dem übergeordneten Ziel: Strategien zu entwickeln, um weitverbreitete Hautkrankheiten vorbeugen und besser therapieren zu können. Also auch um möglicherweise einen Ansatz zu finden, den gefürchteten schwarzen Hautkrebs wirkungsvoll zu bekämpfen.

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